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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0177
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III 4 a Kirchenordnung 1533

Dargegen aber begert auch der Heilig Gaist den
neuen menschen zu schrecken, das er die oberhand
wider das flaisch behalt und zuneme. Darin sollen
wir ime auch helfen und also nach dem Gaist und
nicht nach dem flaisch wandeln. Und wann wir so
ferne kummen, so steet es recht umb uns und ist
unser beruf und erwelung, durch soliche gute werk
fest gemacht, wie Petrus vermanet [2. Petr. 1, 10],
und nichts verdamlichs mer an uns. Doch das wir
nicht auf soliche unsere gerechtigkeit und gute werk
vertrauen und mit Gott dardurch wolten versönet
werden, sunder das wir besteen auf der gerechtig-
keit Christi, die uns geschenkt ist; dann Paulus zu
den Römern am 8. [1] spricht, es sei wol nichts ver-
damlichs an denen, die nach dem Gaist und nicht
nach dem flaisch wandeln, doch also, das sie in Jesu
Christo seien, das ist: vergebung der sünde und
ewige gerechtigkeit von ime durch den glauben emp-
fahen; sunst, wann sie auf ire gute werk wolten
trauen, so were der glaub schon aus und der Gaist
dahin.
Und das ist nun das wunderbarlich werk des
Herrn Jesu Christi, unsers mitlers, das er durch sein
heiligs evangelion, so er predigen läßt, bei uns aus-
richten, nemlich das er uns vergebung der sünde und
sein ewige gerechtigkeit schenkt, uns damit zufriden
stellt und rechtfertig macht, darnach in uns wonet
und nach dem bilde seiner unaussprechlichen herr-
ligkeit neu gebirt, in uns herschet und regiret und
durch seinen Heiligen Gaist seinen götlichen willen
wirkt und volbringt, von tag zu tag, je lenger je
mere, bis wir zuletzt im gleich werden und ewiglich
mit ime leben und herschen.
Wann wir aber vom evangelio reden, so versteen
wir auch damit die tauf, das binden und lösen der
schlüssel und das abentmal des Herrn; dann es sein
nichts anders dann kreftige, lebendige, tätliche, sicht-
liche und empfindliche predig des evangelions, uns
zu sunderm trost und sterkung von dem Herrn Chri-
sto eingesetzt, das wir nicht allein glauben, das war
sei, was man von im predigt, sunder auch, das es
unser sei und wirs haben; dann wer getauft wird,
dem wird baide mit worten und werken angezaigt,
das er für sein selbs aigne person eingeleibt werde
in Christum, in dem er vergebung der sünde und
ein ewige gerechtigkeit hab.

Desgleichen wer durch offentliche sünd in bann
getan oder durch haimliche sünde in zweifel und un-
glauben (ob er noch ein gnedigen Gott habe oder
nicht) gefallen were, wie dann gewißlich geschicht
durch alle die sünde, von denen Paulus sagt Gala.
am 5. [21]: Ich habs zuvor gesagt und sage es noch
zuvor, das die solichs tun, werden das reich Gottes
nicht erben. Demselben wird in der absolution oder
im auflösen auch baide, mit worten und werken ge-
predigt, das ime für sein selbs aigne person die sünd
vergeben werde.
Also auch im abentmal wird denen, die in Christo
sein und leben, mit worten und werken gepredigt,
wie lieb sie Christus hab und wie freundlich er sich
zu inen halt, wie er ir speis und trank zum aufwach-
sen des himlischen, neuen menschen sein will und
sie also auferziehen, bis sie ihm gleich werden, und
da sihet auch ein jeglicher, das Christus mit ime für
sein selbs aigne person handelt, wann im der leib
und das blut Christi in sein mund geben und ge-
gossen wird.
Soliche sicherheit ist aus der gemainen predig
nicht so geweltig zu schöpfen. Darumb soll man die
stück dem volk fleißig erklären und ine dieselbigen
lieblich machen, wie dann im catechismo kürzlich
angezaigt wirdet.
Und das ist der pund, die leer und die kraft des
neuen testaments, so Gott mit uns aufgericht hat,
durch den mitler Jesum Christum, unsern Herrn,
welches im alten testament durch figur und haim-
liche deutung fein abgebildet ist, sunderlich Exodi
am 24. [1-8]. Da Moses dem volk das gesetz für-
hielte und sie dasselbig einhelliglich annamen, rich-
tet er das alt testament auf, ließ opfer tun, nam das
blut darvon, sprengets halb auf den altar, mit dem
andern sprenget er das volk und sprach: Das ist das
blut des punds, den der Herr mit euch macht.
Also hat auch Christus, ein neu testament auf-
zurichten, sich selbs geopfert, sein blut erstlich für
Gott ausgossen zu versönung am kreuz, darnach
auch uns damit besprengt durch die predig und das
gehaimnus seines heiligen abentmals, wie Petrus an-
zaigt, 1. Petri. 1 [2], und spricht, wir seien erwelet
zum gehorsam und zur besprengung des bluts Jesu
Christi. Darumb nennet der Herr selbs sein blut ein
blut des neuen testaments, das für uns zur ver-

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