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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0183
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III 4a Kirchenordnung 1533

Ich halts darfür, das diser zeit leiden der herrligkeit
nicht wert sei, die an uns soll offenbart werden.
Dieweil dann das kreuz und leiden von Gott uber
uns verordent ist und der Satan sambt allen bösen
menschen one sundere verhengnus Gottes nicht ein
har von unserm haubt mögen verderben, so sollen
sie die leut aufs fleißigst dahin weisen, das sie im
trübsal nicht auf des Satans oder der menschen bos-
heit wöllen sehen, damit sie nicht zur ungedult und
rach geraizt werden, sunder allein auf den gnedigen
und guten willen Gottes, das ers so treulich gegen
uns maint und uns darmit züchtiget und leret, das
wir unser sünde und gebrechligkeit erkennen, puß
tun und in Christo widerumb gnad erlangen, sünde
meiden, seine güte und unsern glauben und liebe
brüfen, dises lebens müd und des künftigen begirig
werden, unsern alten Adam zemen und abtöten,
Christo gleich werden und also die ewigen herrlig-
keit empfahen. Dann wann sie das thun, so werden
sie nicht in ungedult und abgötterei fallen, wie sunst
vil geschicht, sunder gedultig sein und das joch des
Herrn auf sich nemen und also ruhe finden für ire
seelen, Math. 11 [29].
Dann wir haben doch gar ein hohen und treffen-
lichen trost an dem wort Pauli, das er spricht 1. Co-
rinth. 10 [13]: Gott ist getreu, das er euch nicht lest
versuchen uber euer vermögen, sunder macht das
die versuchung so ein ende gewinne, das irs könt er-
tragen. Wir haben auch hilf und rat, uns von Gott
verordent in allerlei leiden, nemlich wider den Satan
das wort Gottes, wider böse, mutwillige, frefle men-
schen die weltlichen oberkeit, wflder krankheit und
gebrechen des leibs die natürlichen ärznei und wider
sie alle in gemain ein christenlich, ernstlich gebet.
Darumb ist es nicht not, hilf und rat bei dem Teufel
oder teufelskünstnern oder sunst in ander unchristen-
lich wege zu suchen, sunder mögen und sollen uns
der obgemelten hilf nach Gottes wort gebrauchen
mit gutem gewissen und, wes sie uns nicht aushelfen,
sollen wir mit gedult leiden.
a
Vom christlichen gebete.
Es ist auch seer vil gelegen an dem christlichen
gebete, wie vor angezaigt ist; dann wir dardurch
a 1591 : +Das siebende capitul.

alles, so wir von Gott durch den glauben gewarten,
suchen und empfahen müssen, und ist doch so gar
gefallen und erloschen, das schier niemant mer recht
christenlich betet. Aber im anfang der christenheit
war es so stark und brünstig, das vil wunderwerk
dardurch geschahen, wie man des vil exempel hat,
und geschehe gewißlich noch, wann man mit rech-
tem ernst und glauben einhellig betet. Darumb auf
das es wiederumb angerichtet werd, sollen die pre-
diger und kirchendiener die leut fleißig darzu ver-
manen und auf dise weise davon unterrichten.
Zum ersten. Dieweil schwerlich jemand recht war-
haftig und von herzen betet, es treibe in dann die
anligende not, so sollen sie sich sunderlich befleißen,
das sie den leuten die not für augen stellen, dardurch
sie zu beten getrieben werden.
Es ist aber zweierlei not und färligkeit, nemlich
die offenbaren und die haimlichen. Die offenbaren
kent jederman selbs wol als krankheit, armut, ver-
folgung, schand, feindschaft, krieg, pestilenz, teu-
rung, secten, ketzereien und, was mer zeitlicher und
gaistlicher gebrechen ist etc. Aber es bewigts nicht
jederman so hoch, als wol von nöten were, das ist:
man nimbt nicht zu herzen, das man Gott den Herrn
ernstlich darfür bete. Darumb sollen sie die leut
unterrichten, wfle soliche übel aus Gottes zorn über
der welt sünde geschickt werden, auf das sie nicht
allein die gefar, sunder auch Gottes zorn darin an-
sehen, desgleichen, was für schaden, leib und seel
und den guten sitten daraus entstehen, auf das die
leut bewegt werden, Gott herzlich darfür zu bitten.
Die haimlichen gefar sein die verborgen strick,
die uns der Satan alle augenblick nachtregt und legt,
das er uns an leib und seel, eer und gut verderbe.
Und gewißlich, wo uns Gott aus seiner grundlosen
barmherzigkeit und liebe durch seine heilige engel
nicht behütet, könten wir nicht ein stund vor seinen
giftigen anschlegen besteen. Dann hie würde er einen
mit giftigem luft anblasen, das er stürbe, dort ein
in sünde werfen, das er verzweifelte, hie mort und
blutvergießen, dort offenliche ergernus, da ungewit-
ter, dort krieg, da ketzerei, dort abgötterei anrich-
ten, hie falsche erscheinung machen, als were er ein
guter gaist, dort erschröckliche erscheinung, darvon

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