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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0185
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III 4 a Kirchenordnung 1533

schicht, so folget: wer da zweifelt, ob Gott sein ge-
bet erhöre, der zweifelt auch, ob Gott warhaftig sei
und halte, was er zusag. Wie kann aber ein creatur
Gott ein größere schand zuziehen, dann wann sie
ine für unwarhaftig helt ? Darumb erlangt auch
solichs zweifelichs gepet nichts, wie Jacobus 1 [6ff.]
sagt: Wer da zweifelt, der ist gleich wie des meeres
wage, die vom winde getrieben und gewebet würdet.
Solicher mensch gedenk nicht, das er etwas vom
Herrn empfahen werde! Ein zweifeler, was er an-
fahet, so ist er doch nicht zufriden. Doch sollen sie
seuberlich mit den schwachglaubigen faren und sie
trösten, das sie Christus wol ein zeitlang gedulden
könne, wie er auch seine jüngern duldet, denen er
nach seiner auferstehung den unglauben noch auf-
rücket, wann sie nur darfür bitten und sprechen wie
die jünger: Herr, mere uns den glauben [Luk 17, 5]!
Zum dritten sollen sie den leuten anzaigen, das
uns auch gepoten ist, von Gott dem Herren all unser
notturft zu bitten; dann Christus spricht: Bittet so
werdet ir empfahen! Mat. am 7. [7]; Luce am 11. [9],
und aber: Bittet, so werdet ir nemen, das euer freud
volkummen sei, Johan. am 16. [24], Auch zaigt er
durch ein gleichnus, Luce am 18. [1-8], das man all-
zeit beten und nicht laß werden soile. Desgleichen
dringt uns auch das gepot: Du solt den namen des
Herrn deines Gottes nicht vergeblich füren [Ex.
20, 7]. Dann wer seinen namen nit vergebenlich
füren will, der soll ine bekennen, anrufen und loben,
wie er spricht am 50. Psalm. [15]: Ruf mich an zur
zeit der not, so wil ich dich erretten! Darumb, gleich
wie der sündigt, der vater und mutter uneert, stilt
oder leugt wider Gottes gepot, also sündigen auch
die schwerlich, die Got nicht anrufen in nöten, nicht
von ime bitten, was sie bedörfen, es sei zeitlich oder
ewigs; dann sie tun auch wider Gottes gepot.
Auf das aber soliche sünde dester leichtlicher ver-
mitten1 werde, so ists christlich und gut, das man
die jungen kinder fleißig zu beten gewene und inen
form, maß und ordnung darinnen fürgebe, wann,
wo, wie oft und warumb sie bitten sollen, nicht das
man gesetz daraus mache und die gewissen darmit
verstricke, sunder sie mit guten worten und kindi-
scher belonung darzu raize. Dann was man also von

1 = vermieden (Schmeller 1,1570).

jugend auf gewonet, das haftet gar hart, es sei gut
oder bös. Herwiderumb wann man eins dings un-
gewonet ist und bleibt bis ins alter, so bringt mans
schwerlich erst in brauch, wann es schon gut ist, und
wir selbs wolten, das wirs nicht unterließen, wiewol
denen, die Gottes gepot recht vor augen haben,
nichts zu spat noch zu schwer ist. Darumb sollen sie
die eltern vermanen und selbs auch darob sein, das
die kinder zu christenlichem gebet gezogen und ge-
wenet werden, sunderlich aber, wann sie sich nie-
derlegen, aufsteen, zu tisch und vom tische geen und
wann sie in der kirchen sein die zeit, daran sie nicht
predig hören. Es were auch sunderlich gut, dann
man den kindern fleißig einbildet, das sie, wann sie
allein weren, beteten oder sunst etwas christliches
bedechten; dann es ist unseglich, was manicherlei
sünd und übel verhüt würde, wann das müßig geen
und die ungezembten, freien, fliegenden gedanken
der leut, die allein sein, eingezogen würden. Dann
soliche kinderübung und -ordnung hat Moses auch
für gut angesehen, Deutero. am 6 [6f.], da er spricht:
Dise wort solt du zu herzen nemen und davon reden,
wenn du in deinem haus sitzest oder auf dem weg
geest, wann du dich niederlegst oder aufsteest etc.
Darmit sich aber niemand beschwern oder ent-
schuldigen möcht, er hette nicht zeit oder könnts
nicht lernen, wie er beten solt, so hat uns Christus
nicht allein angezaigt, das wir nicht vil wort dörfen
machen, wann wir wöllen beten, sunder auch ein
feine, kurze leichte weis und form angezaigt zu
beten, nemlich das heilig Vater unser, darinnen alles
reichlich begriffen und verfast ist, was wir bitten
sollen, wann mans nur recht versteen2 lernet. Wie
es aber verstanden und betracht sol werden, mögen
sie, wo sie nicht pessers wissen, aus dem catechismo
unterrichten.
Zum vierten sollen sie auch die mißbreuch und
aberglauben, so mit dem gebet eingerissen, fleißig
anzaigen und mit aller beschaidenheit ausreuten. Es
sein aber viererlei große mißbreuch bishere im ge-
bet erfunden.
Der erst ist, wann die wort des gebets nicht christ-
lich, sunder dem wort Gottes entgegen sein, als wann
man vergebung der sünde bitt umb der heiligen ver-
2 In der Vorlage als Druckfehler: versteet.

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