Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0225
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
III 4b Kinderpredigten 1533

Nun weiß ich wol, meine liebe kindlein, das ir gern
gute tag hett und gern feine leut würdet. Darumb
solt ir dem propheten David volgen und mit allen
fleiß, weil ihr noch jung seit, die forcht des Herrn ler-
nen. Dann was man in die jugent nicht lernt, das
lernt man im alter noch schwerlicher. Darumb spricht
auch der prophet David: Kompt her, ir kindlein, das
die kindlein geschickter sind zum lernen dann die
alten.
So lernt nun mit allem fleiß die forcht des Herrn,
meine liebe kindlein, so werd ir feine leut werden
und gute tag uberkomen! Dann gute tag komen
nicht von gewalt oder reichtum, sonder von die
forcht des Herrn. Wer aber den Herren förchtet als
ein allmechtigen Gott und Herren, der den fromen
alles guts tut und die pösen ernstlich straft, der wirt
sich gewißlich mit allem fleiß hüten, das er nichts
wider sein göttlichen willen tue, sonder wirt from sein
und die gebot Gottis fleißig halten, so vil ihm immer
müglich ist. Das werden dann feine geschickte leut,
die andern leuten auch nutz sein und vil guts tun
können, wie David spricht (Psal. 111 [10]: Der an-
fang aller weishait, ist die forcht des Herren...
Wann ir nun Gott förchtet und wolt gern from sein
und tun, was ihm wol gefelt, so lernet die heiligen
zehen gepot, die Got der Herr selbs durch Mosen von
himel herab hat geben und uns darin gelert, was ihm
wol oder ubel gefall, das ist, was recht oder unrecht
sei, so habt ir warlich den anfang aller weishait. Dann
gedenkt doch mit fleiß, meine liebe kindlein, ob nicht
das ein große weishait sei, wann die jungen kindlein
fein wissen, was recht oder unrecht ist, was man tun
oder lassen soll. Es ist je ein große weisheit, welche
wol auch vil alte leut nicht wissen. Nun lernet man
aber solchs in den zehen gepoten und ist dannoch
nur der anfang die weishait. Dann im heiligen christ-
lichen glauben lernt man noch größere und höhere
weishait, welche kein unglaubiger nie gefunden oder
begriffen hat, sondern Gott gibts allein vom himel
herab denen, die ihn förchten und seinem heiligen
wort glauben.
Darumb lernet jtzo mit fleiß den anfang der weis-
heit, das ist die heiligen zehen gepot, und sprecht
mir dieselbigen fein gemach und haimlich nach, auf
das irs merken und dahaim auch fein nachsagen
könnet.

Volgen die zehen gepot, wie die alweg den kindern
vorgesagt und von ihn haimlich nach gesprochen
sollen werden.
Das sein die heiligen zehen gebot Gottis Herrn.
Das erst.
Ich bin der Herr, dein Gott. Du solt nicht an-
dere gotter neben mir haben.
Das ander.
Du solt den namen des Herrn, deines Gottis,
nicht vergeblich fürn; denn der Herr wird den
nicht unschuldig halten, der seinen namen ver-
geblich füret.
Das dritt.
Gedenk des sabbats, das du ihn heiligst!
Das viert.
Du solt dein vater und dein muter eren, auf das
du lang lebest im land, das dir der Herr dein Got
geben wirt.
Das fünft.
Du solt nicht toten.
Das sechst.
Du solt nicht eheprechen.
Das sibent.
Du solt nicht stelen.
Das achtet.
Du solt kein falsch zeugnus geben wider deinen
nechsten.
Das neunt.
Du solt dich nicht lassen gelusten deines nech-
sten haus.
Das zehent.
Du solt dich nicht lassen gelusten deines nech-
sten weibs noch seines knechts noch seiner magd
noch seines ochsen noch seines esels noch alles,
was dein nechster hat.
Das sein nun, meine liebe kindlein, die heiligen
zehen gepot Gottis Herrn, darin er seinen göttlichen
willen eröffnet und uns gelert hat, was recht und un-

207
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften