Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0226
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

recht sei und was wir ihm zu gefallen tun und lassen
sollen. Die solt ihr fleißig lernen, das ihrs nicht allein
sprechen könt, sondern auch, das ihrs fein versteht,
wie sie Gott der Herr gemaint hat, auf das, wann
man euch darumb fraget, das ihr kont antwort ge-
ben und eure kindlein zu seiner zeit auch also leren,
wie man itzo euch leret; dann es ist ein große schand
vor Gott und der welt, wann ein christ nicht waist,
was der christen ler ist, so doch ein jeder christ schul-
dig ist, sein ler zu bekennen, wann er darum an-
gesucht wird, und seine kinder und nachkommen die-
selben zu leren und fleißig darin auf zu ziehen.
Was bis hierher geschrieben ist, das sol zu einer
jeden predig (so lang man von den zehen gepoten
predigt) vorher gelesen werden. Darnach sol vol-
gen die erst, ander oder drittpredig etc. je auf ein-
mal nur aine, wie sie nach ein ander geordent sein.
Die erst predig.
Auslegung des ersten gepots.
Wolan, meine liebe kindlein, auf das ir ja die zehen
gepot recht und wol verstehn lernet, so solt ir zum
aller ersten wissen, das die zehen gepot auf zwo staine
tafeln geschriben gewest sein. Darumb sein sie auch
in zwei tail getailt. An der einen tafeln sein die ersten
drei gepot geschriben gewest. Die betreffen Gott den
Herrn und leren uns, wie wir uns gegen Gott unserm
Herrn halten sollen im herzen, in worten und in wer-
ken. An der andern tafeln sein die andern siben ge-
bot geschriben gewest. Die betreffen den menschen
und leren uns, wie wir uns gegen der obrigkeit und
allen menschen halten sollen, das wir nicht ungehor-
sam seien, auch niemand kein schaden tun weder an
seinem leben noch an seinem gemahel noch an sei-
nem gut noch an seinen ehren noch an allem, das
er hat. Nun wöllen wir jetzo das erst gepot für uns
nemen, und sein auslegung hören, wie man es ver-
stehn sol. Das lautet also:
Ich bin der Herr dein Got. Du solt nicht andere
gotter neben mir haben!
Und dis gepot, meine liebe kindlein, leret uns, wie
unser herz gegen Got stehn sol. Nemlich also, das
wir den Herrn, der himel und erden und alles, was
darin ist, erschaffen hat, allein für unsern Got in un-

serm herzen halten, das ist: wir sollen ihn uber alle
ding förchten; dann er straft die bösen, und sollen
ihm von herzen vertrauen, dann er ist warhaftig und
getreu und helt gewißlich alles, was er redt und zu-
sagt. Wir sollen ihn auch von ganzem herzen lieb-
haben; dann alles guts kompt von üim, und wir
habens doch nicht verdient, sonder er gibts aus lau-
ter gunst und gnaden.
Dargegen sollen wir sonst kein creatur in unserm
herzen für ein Gott halten, das ist: Wir sollen kein
ander ding, weder im himel noch auf erden so ser
förchten, als Got unsern Herrn. Wir sollen auch kei-
ner creatur also hoch vertrauen als Got, unserm Her-
ren. Noch vil weniger sollen wir die creatur so herz-
lich lieb haben als Got unsern Herrn. Dann wann
wir irgen ein creatur im himel oder auf erden also
förchteten oder ir also vertraueten oder sie also lieb
hetten, so hielten wirs für unsern Got und macheten
also ein andern frembden, falschen abgott daraus.
Das were dann ein große, greuliche und erschrock-
liche sund wider das erst gepot Gottis, die der Herr,
der der recht, war Gott ist, on zweifel nicht un-
gestraft hes. Dann er spricht (Esa. 42 [8]): Ich bin
der Herr. Das ist mein name. Mein ehr wil ich keinern
andern geben. Das ist: Er wil nicht leiden, das man
etwas anders für ein Got halt oder demselbigen göt-
liche ehr erzaig weder im herzen noch in worten noch
in werken.
Nun möcht ir kindlem also gedenken: Wie kön-
nen wir andere götter neben dem Herrn haben ? Ist
doch sonst kein Got mer uberal dann nur allein der
ainig Got und Herr, der himel und erd erschaffen
hat. Antwort: Ja, freilich ist sonst kein ander Gott
dann nur der Herr allein. Das glaubt nur festiglich,
meine liebe kindlein, und zweifelt nicht daran. Aber
nichts dester minder halten je zu zeiten die unver-
stendigen, ungotsförchtigen leut etwas für einen
Gott, das doch an ihm selbs kein Gott ist noch sein
kan, wie wol sie solchen ihren irtumb selbs nicht ver-
stehn noch merken können. Dann gleich wie man oft
ein menschen für from helt, der doch nicht from ist,
oder für reich, der doch nicht reich ist, oder für edel,
der doch nicht edel ist, also helt man auch oft ein
ding für ein Got, das doch nicht Got ist, und das-
selbig geht also zu.
Zum ersten, wann ein mensch etwas anders dann

208
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften