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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0230
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

ist, meine liebe kindlein, ein solche große sund, das
Gott der Herr im alten testament gepoten hat, wann
es ein mensch tu, so sol man ihn erwürgen und, wans
ein ganze stat tu, so sol mans zerstörn, verbrennen
und alles umbbringen, was darinnen ist (Deut. 13
[13-19]). Darumb sollen wir uns auch vleißig vor
diser sund hüten. Es wirt uns sonst Got gewißlich
an leib und seel hertiglich strafen.
Zum andern nennet man Gottis namen unnütz-
lich und vergeblich, wann man bei seinem namen
unrecht und falsch schwert, es sei gleich vor gericht
oder in täglichen gescheften, auch wann die obrig-
keit unnötige und leichtfertige aid aufleget, der man
wol geraten könt. Darumb solt ir euch fleißig dar-
vor hüten und für euch selbs aus böser gewonheit
nicht schweren, sonder ihr solt tun, wie uns der Herr
Christus leret. Dann er spricht (Matth. 5 [37]): Euer
red sei ja ja, nain nain. Wann ir aber je schweren
müst, das euchs die obrigkeit auflegt, so schwert
nicht unrecht, sonder sagt die warheit und halt treu-
lich, was ir zugesagt und geschworen habt.
Und ob ir ins regiment kompt, wann ir alt werd, so
gebt nicht ursach, das man leichtfertige und unnötige
aid schweren muß. Dann was man mit unnötigem
aid schweren sundiget, das sundiget die obrigkeit,
die es aufleget, und nicht die untertanen, die aus not
müssen gehorsam sein umb des gewissens willen
(Rom. 13 [5]).
Zum dritten nennet man den namen Gottis un-
nützlich und vergeblich, wann man darmit fluchet,
welchs laster zu diser zeit ser uberhand hat genom-
men, also das jetzo nicht allein die menner und jun-
gen gesellen, sonder auch die weiber und junkfrauen,
ja auch die jungen kinder aufs aller greulichst flu-
chen. Nicht allein, wann sie zürnen, sonder auch
wann sie guter ding sein, so fluchen sie on alle not,
gleich als were es ein tugent und wolstand, so es doch
ein solche große sund vor Gott und ein solche schand
vor der welt ist, das es niemand genug sagen kan.
Dann der heilig Paulus spricht (Philip. 2. [10]): Es
biegen sich im namen des Herrn alle knie, die hime-
lischen, irdischen und hellischen, das ist; es ehren
nicht allein die engel und die menschen unsern Herrn

und Gott Jesum Christum. Sonder auch die teufel
in der helle erschrecken ab seinem namen und müs-
sen ihm ehr erpieten und sich gegen ihm naigen,
wann sie ihn hören nennen.
So bedenkt nun, meine liebe kindlein, ob nicht die
leut, die so greulich fluchen, erger und verstockter
seien dann der Teufel selbs, dieweil sie dem namen
Gottis kain ehr tun, nicht davor erschrecken, ihre
knie nicht biegen, sonder fluchen bei Gottis namen,
bei seinem leiden, bei seiner marter, bei seinen wun-
den, bei seiner kraft und ander große greuliche fluch,
die ein christ. auch nit nennen sol, und wünschen
darzu ihrem nechsten in solchem fluchen alles un-
glück, das sie erdenken können, so sie doch den
nechsten solten lieb haben als sich selbs. Darzu ist
das auch uberaus unchristlich, das der nam Gottis
sol zum fluchen mißbraucht werden, so man doch
allein darmit segenen und je einer dem andern alles
guts darmit wünschen sol.
Darumb solt ir nicht zweifeln, wann ihr also ein
menschen höret fluchen und den namen Gottis so
lesterlich mißbrauchen, er ist im selben fal blinder
und erger dann der Teufel selbs; dann der Teufel
förcht sich vor dem namen Gottis und naiget sich
und thar1 selbs nicht also toben und fluchen mit
dem namen Gottis. Darumb hat auch David von
solchen leuten recht und wol gesagt (Psal. 5. [10]:
Ihr schlund ist ein offens grab. Dann gleich wie der
totenstank aus einem offnen grab zeugnus gibt, das
ein stinkends as darinnen ligt, also geben die greu-
lichen flüch, die aus des menschen rachen gehn, auch
zeugnus, das ein tote, gotlose seel darinnen steckt.
Darumb, meine liebe kindlein, hütet auch mit
allem fleis, das ir nicht fluchen lernet und gewonet.
Ja, wann ir ander leut hört fluchen, so fliehet dar-
von und denkt: Ich möcht des fluchens auch ge-
wonen, wann ich zuhöret; so wer ich dann auch
erger dann der Teufel.
Zum vierten nennet man Gottis namen unnutz-
lich und vergeblich, wann man unnutze, leichtfertige,
lecherhche fabel und merlin von Got und von göt-
lichen dingen schwatzet und die wort Gottis darzu
mißbraucht und ein lecherlichen scherz und gespot

1 von thurren =wagen (Schmeller 1,620. — Grimm
2,1743 f.

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