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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0243
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III 4 b Kinderpredigten 1533

so konten die eheleut nicht kinder mit einander zeu-
gen. Darumb solt ihr merken, das es ein großer unter-
schaid ist zwischen dem ehelichen leben und dem
buben leben. Das ehelichen leben ist nicht sund;
dann Gott hats geordnet und gefelt ihm wol. Aber
das huren- und bubenleben ist sund. Gott hats ver-
poten und gefelt ihm ubel. Darzu hat er den ehe-
lichen stand bevolhen, er soll die welt meren. Dem
unzüchtigen bubenleben aber hat ers nicht bevolhen,
sondern verpoten. Die ehelichen kindlein gefallen
Gott wol und segnet sie. Aber die unehelichen kind-
lein haben wenig glücks und segens von Gott und
sein auch vor der welt gemainlich zu allerlei ehr-
lichen stenden untüchtig.
Darumb ist gar vil am ehelichen stand gelegen als
aus dem alle fromme erbare, weise, gelerte und herr-
liche leut müssen herkommen und, wo man den ehe-
lichen stand fein helt, da werden die kinder wol ge-
zogen und wechst ein feine, geschickte junge welt
hernach. Wa aber das hurenleben uberhand nimbt,
da geht es ubel zu, sehen, hören und lernen die kin-
der nichts guts, wechst ein böses, unartigs und un-
geschlachts volk auf, das in allen sunden und lastern
lebt. So kombt dann Got und straft mit teurung,
krieg und sterben, bis ers alles umbkeret.
Auch solt ihr das wol merken, das der Herr spricht:
Erfüllet die erden und bringt sie unter euch; dann
vil leut komen darumb nicht in ehelichen stand, das
sie sorgen, sie konnen sich nicht erneren. Darumb
zeigt Gott der Herr hie an, das er die eheleut erneren
und reichlich versorgen wil, wann sie ihm nur trauen
und arbaiten. Dann er spricht: Bringt die erden unter
euch, das ist: Was gutes auf dem erdboden ist und
wechst, allerlei tier, visch, vögel und frücht, die hab
ich umb euern willen geschaffen und euch geben.
Arbeitet nur darnach, das ihrs redlich und aufrichtig
gewint und in eurn gewalt bringt! Und das saget
Got den eheleuten. Die sollen den erdboden unter
sich bringen. Aber hurn und buben sollen nichts
haben, wie mans auch fein sicht, das sie gemainlich
verderben, wie reich sie sein.
Und zu solchem ehelichen feinen leben sein alle
menschen, die zu ihrem alter komen, beschaffen und
geordent. Darumb solt ihr, meine liebe kindlein,
nicht gedenken, das es in eurm freien willen stehe,
ob ihr ehelich wolt werden oder nit. Und das sag ich

darumb, das ir dester fleißiger und bei zeit lernet,
wie ihr euch ehrlich erneren, wol haushalten und
euere kindlein fein auferziehen wolt. Dann Gott hats
gepoten, das wir alle ehelich werden sollen. Aus-
genommen dreierlei leut. Die hat der Herr Christus
im evangelio ausgezogen, das sie nicht dürfen ehe-
lich werden. (Matt. 19 [12]): Die ersten sein die, die
da von muterleib her zum ehelichen leben untüchtig
sein. Die andern sein die, die da vom menschen ver-
schnitten oder sonst durch krankheit verderbt sein.
Die dritten sein die, den Got der Herr aus sonderer
gnaden verlihen hat, das sie rain und keusch mögen
leben, auf das sie dem reich Gottis und dem heiligen
evangelio dester fleißiger mögen dienen und aus-
warten. Und wer diese hohe gab von Gott hat, der
sol Got danken und mag des ehelichen stands wol
müßig gehn. Dann Christus der Herr vermanet uns
darzu und spricht: Es ist nicht einem jeden gegeben;
wers ergreifen kan, der ergreife es!
Den andern allen ist gepoten, das sie sollen ehe-
lich werden; dann Gott spricht (Gen. 2. [28]): Seit
fruchtbar und meret euch! Und der heilig Paulus
saget (1. Co. 7. [9]): Wer sich nicht enthelt, der sol
heiraten; dann es sei besser heiraten dann prinnen.
Und abermals spricht er (1. Kor. 7, 2): Umb der
hurerei willen hab ein jedlicher sein eigen weib und
ein jedliche iren eigen man.
Dieweil dann der ehelich stand ein solcher feiner
stand ist und so vil dran gelegen, auf das je die
leut gern ehelich werden und feine, fromme kinder
auferziehen, damit es alles ordenlich und wol zugehe,
so hat Got der Herr das gebot geben: Du solt nicht
ehebrechen.
Und damit wirs je recht verstehn, wie es Got der
Herr gemaint hab und auch fleißig und treulich hal-
ten, so hat es unser lieber Herr im evangelio selbs
fein ausgelegt und spricht also (Mat. 5. [27 f.]): Ihr
habt gehört, das zu den alten gesagt ist: Du solt
nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer ein weib
ansihet, ihr zu begern, der hat schon mit ihr die ehe
gebrochen in seinem herzen.
Das ist nun gut und leicht zu verstehn aus der
auslegung des vorigen gepots; dann Christus unser
Herr leret uns da, das es nicht genug sei, wann man
schon den ehebruch vermeidet im eußerlichen werk,
sonder man sol auch alle unzüchtige, schandbare

15 Sehling, Bd. XI, Franken

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