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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0245
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III 4 b Kinderpredigten 1533

umb spricht Christus der Herr eben von dem ehe-
bruch (Mat. 6. [5, 29]): Ergert dich dein rechts aug,
so reiße es aus; dann es ist dir besser, das eins deiner
glider verderb, dann der ganze leib in die hell ge-
worfen werd. Das ist: Wann dir dein rechtes aug ur-
sach wolt geben zum ehebruch oder zu andern sun-
den, so wer dir nutzer, du hettest es nicht. Wie vil
mer, wann dir essen und trinken, tanzen und spazirn
ursach gibt zu sunden, solt du es von dir werfen und
unterwegen lassen, auf das du nicht werdest in die
helle geworfen.
Zum letsten solt ihr nicht allein für euch selbs
züchtig und keusch sein, sonder auch keinem andern
menschen zur unkeuscheit ursach geben, nicht dar-
zu raten oder helfen, nicht hausen oder herbergen,
sonder allen fleis ankeren, so vil mit Gott immer
müglich ist, das jederman from, züchtig und keusch
bleib, auf das der ehelich stand, der Gott so wol ge-
felt und der ganzen welt so vil daran gelegen ist,
recht gehalten werd.
Also solt ihr nun dis gepot verstehn, daß ir alle
hurerei und ehebrecherei meidet in werken, worten
und gedanken und alle ursach, die darzu beweget,
fürkommet1 bei euch und andern leuten, auf das wir
alle ein feins, rains züchtigs, keusch leben füren, da-
mit der ehelich stand unzerrüt bleibe und die welt
mit feinen, frommen, wolgezogenen kindern erfüllet
werd zu der ehr Gottis und zu nutz dem nechsten.
Dann das ist die mainung und der recht verstand
dises sechsten gepots, das man Gott den Herrn uber
alle ding sol förchten und lieben, das wir umb seinen
willen keusch und züchtig leben in worten, werken
und gedanken, und ein jedlicher sein gemahel lieben
und ehren.
Darumb meine liebe kindlein, merkts mit fleis und
wann man euch fraget:
Wie verstestu das sechst gepot ?
so solt ihr also antworten:
Wir sollen Gott den Herrn uber alle ding förchten
und lieben, das wir umb seinen willen keusch und
züchtig leben in worten, werken und gedanken und
ein jedlicher sein gemahel lieben und ehren.

1 = verhüten (Schmeller 1,1248).

Die sibend predig.
Auslegung des sibenden gepots.
Nun habt ihr am nechsten gehört, wie ihr das
sechst gepot verstehn solt, darin wir lernen, wie wir
uns gegen unsers nechsten ehegemahel sollen hal-
ten, das wir weder mit werken, worten oder gedan-
ken die ehe brechen oder hurerei treiben, sonder
jedermans zucht und keuscheit helfen bewaren.
Nun ist aber dem menschen von nöten, wann sein
leib und leben versichert und sein ehelicher stand
verwaret ist, das er auch zeitliche güter hab, dar-
mit er sich, sein weib und kind und das ganz haus-
gesind ernere. Darumb volget hernach das sibend
gepot. Das lautet also:
Du solt nicht stelen.
Das leret nun fein, wei wir uns gegen unsers nech-
sten hab und gut und all seiner narung sollenhalten,
das wir ihm nicht mit unrecht etwas entzihen, ver-
derben oder verwarlosen, sonder mit allem fleis be-
hüten, verwaren und meren helfen, wie wir begern,
das ander leut uns auch tun sollen.
Und das solt ir kindlein mit fleis merken und wol
in das herz bilden, das das wörtlein stelen, baide vor
Got nach der heiligen schrift und vor der welt nach
den kaiserlichen rechten, heist nicht allein, wann
man dem nechsten sein gut heimlich und verborgen
hintregt, sonder auch, wann mans mit gewalt raubet
oder mit listen und unrecht zu sich zeucht und
praucht on sein wissen oder willen, wann die sach
gleich ein guten schein hat. Und damit ihrs dester
bas verstehet, meine liebe kindlein, so höret und ver-
nemet desselben etlich exempel von allerlei stenden
in der welt, und zum ersten von der obrigkeit.
Gott der Herr hat gepoten, wir sollen der obrig-
keit rent, zins, zol und steur geben, das sie die bösen
strafen und die frommen beschützen. Wann nun die
obrigkeit die untertanen zu hart beschweren, mer
fordern, dann sie zur rechten not zu schützen und
zu schirmen bedörfen, und also die leut verderben,
die sie solten vor dem verderben behüten, so ist das-
selbig nit allein ein tyrannei, sonder auch ein rechter

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