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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0248
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

er sich nicht allain darvon erneren kan, weil er ar-
baiten mag, sonder auch, wann er alt und krank wor-
den ist, dannoch nicht pettlen dörf. Das zaiget Sa-
lomon in Sprüchen am fünften capitel [9 f.] an, da er
saget: Du solt dein ehr (das ist: dein kunst und ge-
schickligkeit oder dein arbait, darmit dich dein Got
begabt hat, daß man dich darumb ehrlich helt) die
soltu kainen andern geben (das ist: du solt dirs und
deinen kindern, die dir Gott bevolhen hat, nutz ma-
chen) und dein jar (das ist: deine junge tag, darin
du nutz schaffen kanst) soltu nicht geben dem grau-
samen (das ist: dem unbarnherzigen, der dir nit lont,
sonder in der not oder im alter petteln lest), das sich
nicht frembde von deinem vermügen settigen und
dein arbait sei in eines andern haus (das ist: das
nicht ander leut den nutz von deiner arbait haben
und du zu einem petler darbei werst und müssest
darnach seufzen, wann du dein leib und gut verzeret
hast). Darumb spricht auch der heilig Paulus (1. Tim.
4 [8]): Welcher seinem aigen haus nicht wol vorsteht,
der ist erger dann ein unglaubiger.
Auf das ir nun, meine liebe kindlein, das sibend
gepot auch recht versteht, so müst ihr wissen, das
uns darin verpoten ist, das wir nicht sollen stelen,
rauben oder schaden tun weder mit den werken noch
mit den worten noch mit den gedanken, wie ihr in
den vorigen gepoten gehört und gelernt habt. Mit
dem werk sollen wir nicht schaden tun in keinen
weg, wie vor angezeigt ist. Mit den worten sollen wir
nicht stelen, das wir niemand das sein abliegen, ab-
schwetzen oder absprechen, niemand sein arbait oder
sein wesen schenden noch sonst etwas reden, dar-
durch dem nechsten schaden geschehe. Mit den ge-
danken sollen wir nicht stelen, das wir nicht durch
geiz frembdes guts begern und durch list und unrecht
zu uberkommen trachten, sonder sollen jedermann
geben, was sein ist, jedermann dienen und tun, was
wir schuldig sein, jedermans schaden wern, vor scha-
den warnen8 und alles reden, dardurch des nechsten
gut und narung gefurdert und gemeret werd, jeder-
man guts gonnen von herzen und niemand neiden.
Ja wir sollen auch von unserm aigen gut mild und
barmherzig sein und den armen helfen und mittai-
len, wie uns Christus gepeut, und spricht (Luce 11

= abwehren, verhüten (Schmeller 2,1002).

[41]): Gebt almusen von den, das euch ubrig ist, so
wirts euch alles rain sein. Und abermals (Luce 6 [30]):
Gib einem jeden, der dich pit; dann Christus spricht
(Mat. 25 [40]): Was man dem allergeringsten chri-
sten umb seinen willen zu gut tu, das hab man ihm
selber ton.
Dann das ist die mainung und der recht verstand
dises sibenden gepots, das man Got den Herrn uber
alle ding sol förchten und lieben, das wir umb seinen
willen unsers nechsten gelt oder gut nicht nemen
noch mit falscher war oder bösen handel an uns brin-
gen, sonder ihm sein gut und narung helfen bessern
und behüten.
Darumb, meine liebe kindlein, merkts mit fleis
und wann man euch fraget:
Wie verstestu das sibend gepot ?
so solt ihr also antworten:
Wir sollen Gott den Herrn uber alle ding förchten
und lieben, das wir umb seinet willen unsers nech-
sten gelt noch gut nicht nemen noch mit falscher war
oder bösem handel an uns bringen, sonder im sein
gut und narung helfen bessern und behüten.
Die acht predig.
Auslegung des achten gepots.
Nun habt ihr am nechsten gehört, wie ihr das
sibend gepot verstehn solt, darin wir lernen, das wir
unsers nechsten gut in keinerlei wege oder weis mit
unrecht zu uns ziehen sollen, auch wann er uns aus
gutem willen oder aus not darüber vertraut, das wir
nit anderst, dan wie uns bevolhen, darmit handeln
sollen, sonder sollen allen müglichen fleis ankeren,
das ihm sein gut bewaret, erhalten, gepessert und
gemert werde.
Nun aber der menschen sein zeitlichen narung
nicht alweg am gut allein gelegen, sonder ligt ihm
oft der maiste teil oder aber gar an seinen guten
namen oder gutem gerucht und leumut, das ist: am
glauben und trauen, und wann ihm gleich die narung
nicht daran lege, so wil doch Got sonst, das wir wol
leben und ein gut gerucht behalten, auf das wir nie-
mand ergern oder kein bös exempel geben. Darumb
volget jetzo hernach das acht gepot. Das lautet also:

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