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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0252
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

haben all gesundigt und mangeln des preis Gottis.
Und David spricht auch (Psal. 13 [14, 3]): Sie sein
alle abgewichen und alle sambt untüchtig. Da ist
keiner, der guts tu, auch nicht einer.
Dann das entpfinden und erfarn wir alle, das wir
von natur voller bösen lüst stecken, dann wir haben
lust zu allem dem, das dem flaisch wol tut, und
fliehen alles, das dem leib wee tut; also das man
solche lust auch an den kindlein in der wiegen, ja
auch in muter leib spüret. Dann wann ein kindlein
hart liegt, hungerig und dürstig ist oder ist ihm zu
kalt oder zu haiß, so zappelt es und windt sich hin
und her und wainet darumb. Desgleichen, wann mans
etwas schöns sehen lest und nimpt ihms bald wider
oder wann man ihms nicht gibt, wans dran denkt,
so waint es auch darumb. Das sein aber eitel große
anzaigen, das auch die kindlein in der wiegen und
in muterleib voller böser lüst sein, und sein also
auch sunder als wol als die alten; dann sie tun wider
dise gepot: Du solt dich nicht lassen gelusten.
Und ihr, meine liebe kindlein, solt das fleißig mer-
ken und euer sund auch recht lernen erkennen und
solt euch gar nicht daran keren, das etliche unver-
stendige leut sagen, die jungen kindlein seien noch
on sund, rain und unschuldig; dann es nicht war,
und die solchs sagen, verfüren sich selbs und ander
leut mit ihn. Dann darumb tauft man die kindlein,
das sie vergebung der sund wol bedörfen und durch
die tauf dieselbige uberkommen sollen.
Das ist aber gewißlich war, das solchs wenig leut
verstehn; dann die vernunft begreifts nicht, das die
kindlein von der lust wegen auch sunder sollen sein,
sonder sie maint, dieweil sie noch kein bös werk tun,
so seien sie rain und unschuldig. Wir aber sollen nicht
nach der vernunft urtailen, sonder nach dem wort
Gottis und sollen wissen und bekennen das das ge-
lusten auch sund sei; dann wann wir recht from,
rain und unschuldig wern, so ließen wir uns nichts
gelusten oder wolgefallen, das uns oder unserm leib
lieblich und angenem were, sonder allain, was uns
Gott gebe oder, was ihm wol gefiel, das wurd uns
auch wol gefallen und lieblich sein. Desgleichen wur-
den wir auch nichts hassen oder fliehen, das uns oder
unserm leib wider ist und wee tut, sonder allein, was
Gott mißfelt und uns von ihm verpoten ist, das wur-
den wir hassen und fliehen, und wurden also lieber

mangeln und leiden, wann es Gottis will were, dann
das wir solten frid, rue und alles genug haben wider
seinen willen. Wir tuns aber nicht, sonder lassen uns
eins dings gelusten, eh wir wissen, ob uns Got das-
selbig geben wöl oder nicht, und werden je eim ding
feind, eh wir wissen, ob uns Gott desselbigen uber-
lieben wil oder nicht. Ja, wann wir sein willen schon
wissen, so gelust uns dannoch ein anders. Das ist
dann ein große sund; dann sein will sol geschehen
und nicht der unser, wie wir im Vaterunser bitten.
Und das ist nun ein seer große weishait, das wir
solches versteen; dann es verstehts nicht jederman,
also das auch der heilig Paulus zun Römern sagt
er het dise sund nicht erkant on durchs gesetz. Denn
er spricht (Rom. 7 [7]): Ich wuste nichts von der
lust, das sie sund ist, wann das gesetz nicht het ge-
sagt: Du solt dich nicht lassen gelusten! Darumb,
meine liebe kindlein, merkts mit fleis! So werd ihr
Gottis forcht recht lernen; dann wir sollen Gott den
Herrn nicht allain forchten, wann wir böse wort und
werk treiben, sonder auch, wann sich böse lust in
unserm herzen erregen. Ja, wann sie sich schon ein
zeitlang nicht regen, so sollen wir dannoch wissen,
das sie in unserm herzen verporgen liegen und sund
sein; dann wann sie Gott nicht in uns wüste und er-
kennet, so hett er uns das gelusten nicht dörfen ver-
pieten, wie Paulus bezeuget und spricht (1. Tim.
1 [9]): Dem gerechten ist kain gesetz geben. Und
diese forcht Gottis ist ein anfang aller weisheit, wie
ihr gehört habt. Darumb wann ihr die zehen gepot
fleißig lernt recht und wol verstehn, so werd ihr weise
leut werden; dann David spricht (Psal. 19 [8]): Die
gepot Gottis machen die einfeltigen weis.
Dieweil wir den nun wissen, meine liebe kindlein,
das gelusten sund ist, so sollen wir uns auch dar-
vor hüten, so vil mit Gottis gnad und hilf immer
müglich ist, sonderlich aber sollen wir fleis ankeren,
das wir keinem bösen lust nachvolgen und nicht dar-
nach tun. Darumb, auf das ihrs dester baß meiden
kont, so merkt, wie ihr dise zwei gepot verstehn solt.
Das neunt, gepot laut also: Du solt dich nicht las-
sen gelusten deines nechsten haus! Nun solt ihr aber
durch das wörtlein haus, nicht allain das gepeu ver-
stehn, darin die leut wonen, sonder das ganz haus-
halten und alles, was darzu gehört. Dann im alten
testament bei den Juden hat man die stette und dör-

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