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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0261
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III 4b Kinderpredigten 1533

Und merkt zum ersten, was Christus sei; dann
er ist der einig oder eingeporn son Gottis, Got selbs,
von Got dem Vater geporn von ewigkeit. Dann er
ist Gottis wort und weisheit, dardurch Got der Vater
alles erschaffen hat. Und wiewol euch kindlein das
noch zu hoch und zu schwer ist, so werd ihrs doch
mit der zeit fein lernen und begreifen. Allein merket
jetzo, das Christus Gottis Son und selb swarer Got
ist, von Gott dem Vater von ewigkeit geporn.
Auch ist er ein warer mensch, nemlich der ein-
geporn son der hochgelobten und rainen jungfrau
Maria, empfangen von dem Heiligen Gaist. Das kan
man nun nicht kürzer und leichter sagen dann also:
Christus unser lieber Herr ist warer Got und warer
mensch.
Zum andern. So merket auch fein, wie uns Chri-
stus erlöset hat. Dann es ist also zugangen. Was uns
Gott gepoten hat zu tun, das wir nicht vermochten,
darumb, das wir sunder sein, das hat Christus alles
für uns geton und, was wir mit unsern sunden ver-
schuldet hetten, da wirs solten leiden und kontens
doch nicht ertragen; dann wir hetten darunter müs-
sen verzweifeln und verderben, das hat Christus alles
für uns gelitten und getragen.
Da kont ihr nun fein erkennen, meine liebe kind-
lein, warumb Christus hat sollen und müssen warer
Gott und warer mensch sein und von einer jung-
frauen geporn werden. Dann solt Christus für unser
sund genug tun, und uns erlösen, so tauget es nicht,
das er auch ein sunder were. Dann wann er ein sunder
gewest wer wie wir, so het er ihm selbs auch nicht
heffen können, sonder es het ihm ein ander müssen
helfen gleich als wol als uns. Dann was er geton und
gelitten het, das het er für sein aigne sund müssen
tun und leiden und wer dannoch nicht genug gewest.
Darumb het er für kein andern nichts weder tun
noch leiden können. Nun habt ihr vor gehört, das
wir alle sunder sein von der gepurt her, dieweil unser
vater und muter auch sunder sein. Darumb dorft
Christus nicht geporn werden wie wir, sonder must
aus einer rainen junkfrauen geporn werden von dem
Heiligen Gaist, auf das er ein heilige, raine gepurt
het, die ihn nicht zu einem sunder machet, wie uns
unser gepurt zu sundern machet, auf das uns unser
unraine, sundliche gepurt durch sein heilige und
raine gepurt vergeben und auch gerainigt wurd. Dar-

umb sprechen wir im glauben also: Ich glaub in
Jesum Christum, seinen einigen Son, unsern Herrn,
der empfangen ist vom Heiligen Gaist, geporn aus
Maria der junkfrauen etc.
So nun Christus kein sunder ist, so kan er für die
sund genug tun und die sunder erlösen. So er aber
für uns sol tun alles das, das wir zu tun schuldig
warn, so mußt er ein rechter mensch sein; er könt
sonst nicht tun, was ein mensch zu tun schuldig wer.
Sol ers aber recht tun, also, das er darin nichts sun-
dige, sonder das es Gott dem Vater ganz und gar wol
gefal, so mus er auch warer Got sein; dann niemand
kan Gottis willen volkomenlich erfüllen dann Got
selbs. Darumb mus er Gott und mensch sein.
Weiter! Solt er für uns leiden, was wir verschuldet
hetten, so must er warer mensch sein. Er het sonst
nicht können leiden, was wir sundige menschen ver-
schuldet hetten; dann wir hetten verschuldet, das
wir solten sterben und in die helle faren. Darumb
must Christus ein warer mensch sein und für uns
sterben und in die helle faren. Solt ers aber auch
uberwinden und sein ein end machen, so must er
warer Got sein; dann wann er nit warer Got wer
gewest, so het er nit wider aus der helle mögen
komen. Er het auch nicht vom tod wider können auf-
erstehn. Darumb must er in alweg warer Gott und
mensch sein. Und das ist, das wir im glauben spre-
chen: Der geliten hat unter Pontio Pilato, gecreu-
ziget, gestorben und begraben, ist nidergefarn zu
helle, am dritten tag wider auferstanden von den
toten etc.
Also höret ihr, meine liebe kindlein, das unser lie-
ber Herr Jesus Christus warer Gott und warer
mensch ist und ist nicht in sunden geporn wie wir,
sonder er ist vom heiligen Geist empfangen und von
der rainen junkfrau Maria geporn und hat als ein
mensch den tod für uns gelitten und ist gen helle
für uns gefarn. Aber als ein warer Got ist er wider
aus der helle gangen und vom tod wider auferstan-
den und hat also unser sund gepüst und bezalt oder
genug darfür geton. Darumb, wann wir in Christum
glauben und vertrauen, das dem gewißlich also sei,
so zürnet Got nicht mer mit uns umb der sunden
willen, sonder vergibt uns die sund umb Christus
leiden und sterben willen und gibt uns seinen Hei-
ligen Gaist, durch des hilf wir der sund widerstand

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