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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0284
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

In dise ungluck und ubel alle sein wir gefallen,
da wir gesundiget haben, und müssen all augenplick
gewarten, wann sie uber uns daherfallen. Darumb
tut es warlich not, das wir Gott den himelischen
Vater treulich anrufen und bitten, das er uns vor
dem ubel wöll erretten und erlösen.
Dieweil wir uns aber selbs in dise unglück und
ubel alle gesteckt haben, so müssen wirs auch zur
straf ein zeit lang tragen; dann sie werden nicht von
stund an von uns genommen. Darumb bitten wir
auch nicht, das Gott alles ubel alsbald hinwegnemen
und austilgen wöll, sonder allein, das er uns davon
erlöse. Das ist: wann wir lang im ubel gelegen sein
und vil gelitten haben, das er uns erretten wöll, das
wir endlich nicht darin verderben, sonder erledigt
werden. Dan wiewol uns Gott die sund vergibt, so
nimpt ers doch nicht alsbald von uns, sonder lest
sie noch an uns kleben, bis wir sterben, auf das wir
demütig bleiben und darwider streiten, damit wir
probirt werden, ob wir Gott lieb haben und seine
gepot lieber halten, dann unsern bösen begirden
nachvolgen.
Desselben gleichen lest er uns auch die andern
ubel zum tail auf den hals ligen, das wir das creuz
müssen tragen unser leben lang, bis unser aigner will
wider geprochen wirt und wir Christo unserm Herrn
gleich werden.
Darumb sollen wir, meine liebe kindlein, fürsichtig
und gedultig sein. Fürsichtig in dem, das wir der
sund, die uns noch anhangt, nicht volgen. Gedultig
aber in dem, das wir die andern ubel und alles creuz,
das uns Gott auflegt, willig tragen und Got den
Herrn ernstlich und emsiglich anrufen, das er uns
nicht darinnen verderben wöll lassen, sonder gnedig-
lich davon erlösen.
Das geschicht dann gewißlich von tag zu tag je
lenger je mer, sonderlich aber werden wir gar erlöset,
wann wir sterben und wider auferstehen. Darumb
wann wir bitten: Erlös uns vom ubel, so bitten wir
auch umb ein christlichs, seligs end. Das solt ihr
kindlein fleißig merken; dann wan wir sterben sol-
len, so sein wir in der grösten gefarlichait. Darumb
sollen wir Got von jugent auf fleißig und ernstlich
bitten, das er uns ein seligs end verleihe, das ist: das
er uns gnediglich vor allem ubel wöll erlösen.
Und dis gepet sollen wir alweg beschließen mit

dem wörtlein Amen. Das haist zu teutsch als vil als:
es wird gewißlich also geschehen. Es ist aber nicht
genug, das wir mit dem mund sagen: Amen, sonder
wir sollens auch im herzen für ein Amen halten und
ein Amen sein lassen, das ist: wir sollen so verstiglich
glauben, das unser gepet erhört sei und uns Gott, un-
ser himelischer Vater, geben werd, was wir gepeten
haben, als gewiß alles das war ist, das Christus redet,
wann er spricht: Amen, amen; dann wann wir also
glauben, so geschicht uns gewißlich, wie wir glauben.
Das ist nun die mainung und der ainfeltig recht
verstand diser sibenden und letsten bitt, nemlich:
Wir bitten in disem gepet als in der summa, das uns
der Vater im himel von allerlei ubels leibs und seele,
guts und ehre, erlöse und zuletst, wann unser stünd-
lein kompt, ein seligs end beschere und mit gnaden
von disem jamertal zu sich neme in den himel.
Amen.
Das ist, das ich sol gewiß sein, solche bitt sein
dem Vater im himel angenem und erhöret; dann er
selbs hat uns gepoten also zu beten, und verhaißen,
das er uns wöll erhören. Amen, amen, das heißt:
Ja, ja, es sol also geschehen.
Darumb, meine liebe kindlein, merkts mit fleis
und wann man euch fraget:
Wie verstestu die letsten bitt ?
so solt ihr also antworten:
Wir bitten in disem gepet als in der summa, das
uns der Vater im himel von allerlei ubel, leibs und
seele, guts und ehre erlöse und zuletst, wann unser
stündlein kompt, ein seligs end beschere, und mit
gnaden von disem jamertal zu sich neme in den
himel.
Amen.
Das ist, das ich sol gewiß sein, solche bitt sein dem
Vater im himel angenem und erhöret; dann er selbs
hat uns gepoten also zu beten und verhaißen, das
er uns wöll erhören. Amen, amen, das heißt: Ja, ja,
es sol also geschehen.
Von der taufe.
Ein ainige ganze predig.
Meine liebe kindlein, es spricht der Herr Christus
im evangelio (Johan. 3 [5]): Es sei dann, das jemand
neu geporn werd aus dem wasser und Gaist, so kan
er in das reich Gottis nit kommen. Nun sollen wir

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