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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0286
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

auch tail an allem dem, das im evangelio verkün-
digt wird. Dann ein solchs gedunken ist kein rechter
glaub, kan auch in den großen, schweren anfech-
tungen nicht bestehn. Sonder er muß gewisse wort
und werk Gottis haben, daran er glaub und wisse,
das er ein christ worden sei, das ist: er mus getauft
sein. Dann wer getauft ist, der mag wol sprechen:
Ich laß michs nicht bedunken, sonder ich waiß für-
war, das ich ein Christ worden bin; dann ich waiß,
das ich getauft bin. Nun ist die tauf von Got ein-
gesetzt und der mich getauft hat, der hat sein be-
velh von Gott gehabt. Dazu bezeuget der Heilig
Gaist, wer getauft sei, der hab Christum angezogen.
Das ist dann ein rechter glaub, der wider alle porten
der helle bestehn kan, dieweil er allenthalben Gottis
wort und werk für sich hat und darf gar nichts auf
sein eigen gedunken bauen. Und eben dise gestalt
hat es auch mit den schlüsseln und mit dem abend-
mal des Herrn, wie ihr hernach hören wert.
Weiter solt ihr nun auch fleißig lernen verstehn,
meine liebe kindlein, warumb wir getauft sein. Nun
jabt ihr aber vor gehöret, das wir in der taufe neu
geporn werden. Das geschicht nun darumb, das wir
in der ersten gepurt, da wir von vater und von muter
geporn sein, alle mit einander in sunden geporn sein
und haben die sund mit uns aus muterleib gepracht,
wie ihr vor in den zehen gepoten, sonderlich im let-
sten gepot, fein gelernet habt. Dann wie der Adam
gesundigt hat und durch die sund verderbt worden
ist, das er von ihm selbs nicht mer from und gerecht
werden kont, also sein auch seine kinder alle sunder
geporn und konnen von ihn selbs nicht from wer-
den, sonder sein zum bösen genaigt zu aller zeit
(Gen. 6 [5]). Darumb spricht der heilig Paulus
(Eph. 2 [3]): Wir warn alle kinder des zorns von
natur, das ist: Got zürnt mit uns von unser sunden
wegen, die uns von natur angeporn ist. Dieweil wir
aber getauft sein und durch die tauf neu geporn, so
ist uns die sund vergeben und der Heilig Gaist ein-
gegossen, der uns wider from macht und zum guten
hilft und treibt.
Darumb, meine liebe kindlein, ist es nichts anders,
wann sich ein mensch taufen lest, dann das er be-
kennet, er sei ein sunder geporn und die sund sei sein
herr, also das er von ihm selbs nicht from werden
könn, sonder Gott mus ihm darzu helfen. Darumb

kompt er zu der tauf und sucht hilf und rat, bittet
zum ersten, das ihm Gott die sund wöll vergeben,
darnach, das er ihm der sund auch wöll abhelfen,
wie ein arzt einem kranken seiner krankhaist ab-
hilft. Dargegen mus er dann bewilligen und zusagen,
das er der sunde mit all seinen kreften widerstand
tun und gern leiden wöll alles das, das ihm Gott zu
leiden auflegt, ja das er zuletst auch gar sterben wöll,
auf das ihm nur geholfen werde, das er der sund ab-
kom. Dann Gott vergibt uns die sund durch den
glauben. Aber durch leiden und sterben nimpt er sie
hinweg und tilget sie aus, wie Petrus zeuget und
spricht (1. Petr. 4 [1]) :Wer am flaisch leidet, der hört
auf von sunden. Und Paulus (Roma. 6 [7]): Wer ge-
storben ist, der ist gerechtfertigt von sunden.
Solche gedanken und ein solchen sin, meine liebe
kindlein, müssen alle die haben, denen die empfangen
tauf zu nutz kommen sol. Darumb, weil ihr alle ge-
tauft seid, so gedenkt auch, das ihr in solchem be-
kantnus und fürsatz bleibt, undbe kennet Got, das
ihr arme sunder seit! Last euch dasselbig laid sein
und bit ihn, das er euch der sunde wöll abhelfen,
und werd nicht wider bös, das ihr euch die sund wol
gefallen lest und mutwilliglich sundiget, sonder seit
from und leidet gern, was euch Got zu leiden zu-
schickt! Dann wann ihr das tut, so wirt euch die
tauf nutz sein und wird Gott alles an euch vollenden,
was er in der tauf mit euch angefangen hat.
Dargegen merkt nun auch mit fleis, meine liebe
kindlein, was Got mit uns durch die tauf handel;
dann die tauf ist nicht allein ein schlechtes wasser,
sonder sie ist ein wasser, in Gottis gepot gefaßt und
mit Gottis wort verpunden. Darumb würkt sie auch
an uns alles das, darzu sie Got hat eingesetzt. Dann
unser Herr Christus spricht: Geht hin und leret alle
völker und tauft sie im namen des Vaters und des
Sons und des heiligen Gaists, wie ihr vor gehört
habt, und umb dises bevelhs willen würkt die tauf
kreftiglich an uns als ein werk Gottis. Dan wir wer-
den in Gottis namen getauft. Das ist dann eben als
vil, als taufet uns Got selbs. Darumb sollen wir nicht
aufs wasser sehen, sonder auf Got, der die wasser-
tauf eingesetzt und in seinem namen zu tun bevolhen
hat. Dan er ist allmechtig und kan wol durch die
tauf ausrichten und in uns würken alles das, darzu
ers hat eingeseszt, obs gleich unser vernunft nicht

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