Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0287
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
III 4b Kinderpredigten 1533

begreift. Darumb merkts mit fleis, was uns Got der
Herr widerumb in der tauf für große güter und wol-
tat zusaget und mittailt.
Dann zum ersten wirt uns in der tauf die sund
vergeben, wie der neilig Petrus leret in geschichten
am andern capitel [38] und spricht: Laß sich ein
jeder taufen auf vergebung der sunde!
Zum andern wirt uns der Heilig Gaist geben, der
die liebe Gottis in unsere herzen geust, darmit wir
dan Gottis gepot können halten, wie Petrus bezeugt
und spricht in geschichten am andern [38]: Last
euch taufen, so werd ihr empfahen die gab des Hei-
ligen Gaists!
Zum dritten wirt uns die gerechtigkeit Christi ge-
schenkt und ganz und gar zu aigen geben, das wir
uns derselben mögen annemen und uns drein klai-
den, als hetten wirs selbs geton wie Paulus leret zun
Galatern am dritten [27] und spricht: Wievil euer ge-
tauft sein, die haben Christum angezogen.
Zum vierten werden wir durch die tauf mit Christo
zu gleichem tod begraben, auf das, wann wir leiden
und sterben, wie Christus gelitten hat und gestorben
ist, das die sund in uns dardurch vertriben und aus-
gereutet. werde. Dann wer sich taufen lest, der be-
willigt, das er mit Christo sterben wöll, auf das er
von der sund ledig werd und, wen Gott taufen lest,
dem sagt er auch zu, das er des leidens Christi sol
tailhaftig werden, das ist: sein leiden sol heilig und
nutz sein wie das leiden Christi und nicht schedlich
und verdamlich, wie des Judas und anderer gotlosen
menschen leiden ist.
Aus dem allem könt. ihr nun, meine liebe kind-
lein, fein verstehn und merken, warumb die tauf ein
bad der widergepurt haist und wie wir in der tauf
neu geporn und ganz verendert werden. Dann wer
ein sunder ist, der mus sich vor Gottis zorn und vor
der ewigen verdampnus forchten und hat also weder
frid noch ru in seinem gewissen. Wann ihm aber sein
sund in der tauf vergeben werden und er glaubets,
so wirt er durch den glauben gerecht, hat frid mit
Gott und ist frölich und sicher, das Gott nicht mehr
mit im zürnt und er umb der sunden willen nicht
mer verdampt mus werden. Das ist aber ja ein große
verenderung und verneuerung des inwendigen men-
schen.
Desgleichen wer ein sunder ist, der ist auch der

sunde knecht (Joh. 8 [34]) und unter die sund ver-
kauft, tut nicht das gut, das er will, sonder das bös,
das er nicht will, das tut er, wie Paulus sagt (Rom. 7
[19]), und kan ihm selbs nicht helfen noch sich der
sund erweren. Wann im aber der Heilig Gaist in der
tauf geben wird, so geust er die Heb in sein herz, dar-
mit er Gottis gepot erfült, macht ihn frei von der
sünden gewalt und hilft ihm, das er wider die sund
streiten und ihr widerstand tun kan. Das ist dann
auch ein ser große verenderung und verneuerung des
inwendigen menschen.
Dann das solt ihr, meine liebe kindlein, gewißlich
wissen und festiglich glauben, das keins juden oder
türken kind, das nicht getauft wirt, den Heiligen
Gaist hat, können auch Gottis wort nicht verstehn
noch from sein. Darumb solt ihr Got von herzen
danken, das er euch durch euere eltern zur tauf hat
lassen bringen. Dann wann ihr an Christum glaubt
und sein wort gern hört, so ist es gewiß, das ihr
durch die tauf den Heiligen Gaist habt empfangen.
Weiter, wer ein sunder ist, ob er schon den Hei-
ligen Gaist hat, der im wider die sund hilft streiten
so wirt. er dannoch je zu zeiten uberwunden und felt
wider in sunde und, wann er gleich alweg den sieg
behielte, so ist doch das ein großer mangel, das er
ungern from ist. und im so saur wirt. Darumb muß
er immerdar förchten, er werd sich der sunde nicht
können erweren oder, wann er sich schon erwere, so
sei doch sein fromkeit zu schmal und zu unvolkom-
men, das er darmit vor Gottis gericht nicht bestehn
kan, wie dann in der warheit vor Gottis gericht nie-
mand mit seiner aignen gerechtigkeit besteht.Wann
im aber in der tauf die gerechtigkeit Christi zuge-
rechnet und geschenkt wirt, so kompt er diser sorge
aller ab; dann er waiß, das er Christum hat an-
gezogen und sein geprechlicheit mit. der gerechtig-
kait Christi zugedeckt. Darumb setzt er fürohin sein
vertrauen nicht auf seine fromkeit, sonder auf Chri-
stum allein. Das ist aber ja auch ein große verende-
rung und verneuerung des inwendigen menschen.
Und zum letsten: Wer ein sunder ist, der forcht
sich und ist ungedultig in allem leiden; dann wann
das leiden daherfelt, so gedenkt er, Gott zürn mit
ihm und wöll ihn umb seiner sund willen strafen hie
zeitlich und darnach dort ewiglich. Darumb kan er
im leiden weder manlich noch gedultig sein. Wann

269
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften