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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0345
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IV 4 Auctuarium 1548

allweg die anzugigen geseng11, so besser vermitten,
ausgeschlossen sein. Item es sollen auch die epistel
und evangelia uber dem altar lateinisch gesungen
und volgends gegen dem volk deutsch gelesen, aber
die wort der einsatzung Christi, auch die collecten
und das Pater noster mögen lateinisch oder teutsch
und fur das Ite missa das Benedicamus gesungen
werden.
Wo aber nicht schuelen oder leut vorhanden, die
lateinisch singen konten, so soll es mit den gesengen
ungeverlich voriger kirchenordnung gemeß, wie man
sich des vergleichen wurdet, zwispalt der ordnung
zu verhueten, gehalten werden (R: Nota B).
Desgleichen mogen auch uf den dörfern, do nit
kirchendiener sind, so dem pfarhern oder priester,
der die meß helt und predigen soll, im ampt helfen,
die epistel und evangelia dem volk allein teutsch fur-
gelesen werden.
Dieweil dann die herrn theologi, pfarher und pre-
diger des minoris und maioris canonis12 bedenken
haben, sollen sie an derselben stad psalmen oder
andere christliche gebet tun fur alle gaistliche und
weltliche christenliche, ordenliche obrigkait und alle
stende der ganzen christenheit, auch fur unglaubige,
rotten und secten und in gemain fur alles anligen der
heiligen christenlichen kirchen, auch eines jeden in-
sonderhait notturft der seelen und leibs mit an-
gehengter danksagung umb und fur das bitter leiden
Jesu Christi und desselben erlösung durch sein hei-
ligs opfer, am creuz fur uns geschehen, welches ge-
dechtnus alhie celebrirt und gehalten wurd, auch
umb alle andere gottliche erzaigte woltat, wie sie
sich des eines christenlichen gebets wol vergleichen
konnen und sollen (R: Nota C).
Item es sollen auch die priester nach gewönlichem
alten gebrauch die beede gestalt des heiligen sacra-
ments aufheben und darzu leuten oder klingen las-
sen.
Die priester sollen auch zu vollbringung dieses

11 Gedacht ist vor allem an ,,des Papsts und Türken
Mord“ in Luthers Lied „Erhalt uns, Herr“ (Kulp
142. — Th. Kolde, Erhalt uns, Herr..., in: Neue
kirchliche Zeitschrift 19 [1908] 751-777).
12 Vgl. S. 47 Anm. 14!
13 Ein zum Meßgewand gehöriges (nicht mit dem zu
anderen Handlungen getragenen superpelliceum zu

gottlichen ampts die gewönlichen kirchenclaider von
alben13 und meßgewendern14, wie von alters herkom-
men, gebrauchen. Desgleichen sollen uf den altarn
die kerzen alsbald anfangs der meß und vesper auf-
gezundet und bis zu ganzem ende nit abgeleschet
werden.
So und wann dann auch die priester in der kirchen
andere ire actus ecclesiasticos uben, es sei mit pre-
digen, taufen, vesper und metten halten, soll dero
ein jeder, er sei ein pfarher oder caplon, ein gewön-
lichen chorrock15 antragen, damit sie ires ampts hal-
ben von andern zu erkennen und zu unterschaiden
sein.
Die vesper sollen allwegen im beisein der pfarr-
priester nach dem alten kirchengebrauch mit dem
anfang Deus in adiutorium16, volgends den gewon-
lichen psalmen, antiphon, responsorien, Magnificat17,
collecten und Benedicamus gehalten werden.
Zu der beicht der sunden sollen die christen ge-
treulich vermanet werden, dieweil dieses von wegen
der absolution, auch sonsten ein treffenlich kirchen-
stuck ist, daraus vil guts ervolgen und arges ver-
huetet werden mag.
Und achten auch sonderlich regenten und rete aus
guten christenlichen ursachen hoch von nöten sein,
wollen es auch also gehalten haben, das hinfuro alle
personen, so das hochwirdig sacrament des leibs und
bluts unsers lieben Herrn und Seligmachers Jesu
Christi zu entpfahen begeren, zuvor und eh sie hin-
zugehen, schuldig sein sollen, sich morgens frue oder
am abend davor bei den geordenten kirchendienern
sonderbar anzuzeigen, denselben iren glauben und
verstand zu eroffnen, auch ire sunden, anligen und
beschwernus, die sie in irem gewissen trucken, zu
entdecken, daraus trost und unterricht aus dem wort
Gottes, auch letzlich die absolution zu entpfahen.
Der catechismus soll nach der kirchenordnung zu
vesperzeiten wie bishero gehalten werden.
Es sollen auch die metten in den pfarn zu den
verwechselndes) hemdartiges, weißes Kleidungsstück
stück (Braun 10. - Hartmann 821).
14 Vor allem die Casula (vgl. S. 199 Anm. 16).
15 Das Superpelliceum (vgl. S. 44 Anm. 1
16 = Psalm 70, 2, dem Anfang aller am Tag gebeteten
Tageszeitengehete.
17 = Lobgesang der Maria (Luk. 2, 46-55).

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