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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0375
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IV 9. Kapitelsordnung 1565/78

ratum temporis genannt, abprechen und die beide
sich zur not den dechant und seniorn entschaiden
lassen.
6.
Mit der claidung soll sich ein jedlicher kirchen-
diener von der fueßsohlen an bis auf die schaitel prie-
sterlich halten und in derselben sich keiner leicht-
fertigkeit weder daheimen noch draußen geprauchen,
also, das er auch an fremden orten seinen rock nit
schlecht an hals hangen und gleich den weltlichen
darinnen herfladdern, sondern denselben anziehen
und zu sich halten soll.
7.
Es soll kein kirchendiener, wenn ers ubrig sein kan,
in wirtshäusern zechen.
8.
Es soll kein priester zum andern auf die kirch-
weihe gehen, weder an der rechten noch an der nach-
kirchweihe.
9.
Es soll bauchb kein kirchendiener ohne sonder-
bare verwantnus zur kindschenk26 oder hochzeit
geen; denn es gerät nicht alle zeit wohl, wenn die
kirchendiener allzu gesellich sind und sich zechens
und weltlicher kurzweil, sonderlich unter den paurn
und vollen bruedern bevleißen. Im fall aber an et-
lichen orten gepreuchlich, das den kirchendiener,
wenn kinder getaufet oder ehleut eingesegnet, eine
mahlzeit gegeben, sollen sie dafür ein ziemliches an
geld nemen, damit auch diesfalls übrige gesellschaft
vermiten werde.
10.
Was andere unchristliche laster und unpriester-
lich leben mit gotslestern, voldrinken, spielen, ha-
dern und dergleichen und sonderlich auch malefiz-
händel, als todschlag, ehepruch, hurerei, diepstal
etc.betrift, das ist alles an ime selbst und jedes in
seinem unwert, als von Gott selbst in seinem gött-
lichen gesetz verboten, hochsträflich und soll mit
nichten an kirchendienern gedultet noch durch die
finger zugesehen werden.
b-b Fehlt 1578. cc 1578: den d-d Fehlt 1578.
26 = Taufschmaus (Schmeller 2,432).
27 Das Generalkonsistorium wurde nie errichtet. 1580
wurde in Ansbach ein Konsistorium gebildet (vgl.
die Einleitung).

11.
Welcher kirchendiener etwas unrechtes von dem
andern waiß oder erfehret, der soll es, so es offen-
bar ist, jedesmals dem dechant zu wissen machen.
12.
Und nachdeme die dechant kein eußerliche, welt-
liche jurisdiction und gewalt haben, auch, do sie sich
eins solchen mit zutun und hilf der amtleute gleich
underfangen wollten, nicht vil gehorsambs haben
oder nutz schaffen, sondern mehr verderben und
allerlei zerrüttung anrichten möchten und derohal-
ben alle mengel und fehl oder geprechen an unsern
gnedigen herrn oder an das generalconsistorium27
als ordinarium28 müssen pflicht halben gelangen las-
sen, wo und so oft nun einer sie, die dechant und
ire mitgehülfen, die senioren, oder jemand anders
darumb und deshalben verdenken und verräterei be-
schuldigen wurde, der soll als ein verleumbder und
lästerer nicht weniger denn ein ander verprecher an-
clagt und ernstlich gestraft werden.
13.
Welcher das capitel ohne ehaft29 und wichtige er-
hebliche ursachen aus verachtung und ungehorsamb
nicht besucht, der soll wie ein ander verbrecher der
hohen obrigkeit als dem ordinario zur straf uberant-
wortet und furgestellt werden.
14.
Die priester sollen ein iglicher mit seiner ehrlichen
kleidung, wie ers in seiner kirchen zu tragen pfleget,
dem capitel beiwohnen, aber doch keiner keinen
chorrock anlegen noch andern ornat prauchen, ohn
allein, die zur selbigen zeit c einc actum in der kir-
chen verrichten, als der do predigt oder capitel liset
oder des Herrn abendmahl reichet etc. Es sollen auch
keine leviten bapstischem prauch nach dargestellet
werden30.
15.
Der camerarius soll den dechant und dbeedend
senioren von seinem einnemen und ausgeben jehr-
lich umb Martini31 rechnung tun und den vorrat treu-
lich zusamenhalten. Damit sie aber der rechnung
28 = episcopum ordinarium = zuständigen Bischof.
29 = rechtlich stichhaltig (Schmeller 1, 6; siehe
S. 293 Anm. 9).
30 = weitere Geistliche, die beim Gottesdienst in unter-
geordneter Weise mitwirken, wie es z. B. auch in
Nürnberg der Fall war. 31 =11. Nov.

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