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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0504
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und Verwaltung der einzelnen geistlichen Stellen. Aus diesem stets sorgfältig und getrennt verwalteten
Kirchengut wurden zur Reichsstadtzeit später Einkünfte und Geldvermögen oft und in ausgedehntem
Maße auch für kirchenfremde Zwecke herangezogen. Es geschah aber lediglich unter dem Titel einer An-
leihe mit der Verpflichtung zur Rückzahlung. Verluste - erheblichsten Ausmaßes! - brachte erst die Ein-
verleibung Nürnbergs in den bayrischen Staat33.
Das größte der der Stadt übergebenen Klöster - das Benediktinerkloster St. Egidien - verwendete
die Stadt nach Luthers 1524 ergangenem Aufruf zu einer höheren Schule. Am 23. Mai 1526 wurde sie
durch Philipp Melanchthon, den man vergeblich zum Rektor zu gewinnen versucht hatte, eröffnet. Die
Hoffnungen, die sie zunächst erweckt hatte, erfüllte sie allerdings nicht. Das lag daran, daß ihr die bei
St.Lorenz, St.Sebald und am Spital bestehenden Schulen kaum nachstanden34 und sie ihnen gegenüber
keine höhere Berechtigung verlieh. Man meinte ihr dadurch aufhelfen zu können, daß man sie 1575
nach Altdorf verlegte. Als dort aber schon 1578 eine Akademie entstand und diese von vornherein da-
nach strebte, zur vollen Universität zu werden, verkümmerte in deren Schatten das Gymnasium, so daß
es 1633 wieder nach Nürnberg zurückkehrte35. Die Akademie aber erreichte, wenn auch erst allmäh-
lich ihr Ziel. In Altdorf konnte von Anfang an das volle Theologiestudium abgeschlossen werden. Seit
1583 wurde den dortigen Professoren der Theologie auch das ausschließliche Prüfungs- und Ordinations-
recht für alle reichsstädtischen Geistlichen übertragen36. 1623 erhielt die Akademie auch das Promo-
tionsrecht für Juristen und Mediziner. Das für Theologen (und damit den Rang einer Volluniversität)
erlangte Altdorf erst 1696. So war Nürnberg neben Straßburg die einzige Reichsstadt, die eine eigene
Universität unterhielt. Sie wurde 1809 nach dem Übergang an Bayern aufgehoben37. Für das Nürn-
berger Schulwesen in den Landstädten soll hier wenigstens auf die für Hersbruck verfaßte Schulordnung
des Rektors Seb. Heyden in Nürnberg vom 11.Februar 1535 hingewiesen sein38.
Was die Bekenntnisentwicklung der Nürnberger Kirche anlangt, so suchte die Reichsstadt bei den
innerprotestantischen Auseinandersetzungen der späteren Reformationszeit zunächst gnesiolutherische
und philippistische Strömungen miteinander zu vereinigen. Dabei lieh ihr Brandenburg mit der Schaf-
fung einer besonderen Norma doctrinae, der Lehrnorm39, seine Unterstützung. Diese Gruppe von Schrif-
ten mußte 1573 hier wie dort von sämtlichen Geistlichen unterschrieben werden. Weiterhin ging dann
aber die Entwicklung auseinander. Nürnberg lehnte, da in führenden Kreisen nicht nur philippistische,
sondern geradezu calvinistische Gedanken lebendig waren, sowohl die Unterschrift des Bergischen Buches
als die der Konkordienformel ab, kam infolgedessen aber bis tief ins 17. Jahrhundert hinein innerkirch-
lich nie zur Ruhe40.

33 Hilpert. - Kübel, Nürnberg.
34 Vgl. z. B. Die Schulordnung der Sebalder Schule von 1575: Heerwagen 1863. 11-17.
35 Steiger 20-79. - Heerwagen.
36 Zu den theologischen Hintergründen: Schornbaum, Nürnberg im Geistesleben 50 und Anm. 156.
37 Simon, EKGB 311. 312. - von Scheurl. - RGG l3 290.
38 Schornbaum, Hersbruck 69-77. — Dazu auch: E.Wiedemann, Das Hersbrucker Schulwesen im 16.Jahr-
hundert, in: Heimat (Beilage zur Hersbrucker Zeitung) 29 (1959) 2f. 6f.
39 S. 300. 108 Anm. I. 109 Anm. 6.
40 Hirsch, Versuch einer Historie der nürnbergischen librorum normalium, in: Acta historico-ecclesiastica 11
(1747) 408-451. - Waldau, Vermischte Beiträge 2, 339-358. 393-412. - Schornbaum, Nürnberg im Geistes-
leben. - Simon, EKGB 330. 332f. 336f.

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