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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0511
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

hat Christus mit eim einigen opfer ausgerichtet. Item
im selben capitel wurd der b40.b [7ff.] psalm ein-
gefürt, da Christus spricht: Gott, ich komme zu tun
deinen willen. In solchem willen (spricht die epi-
stel [10,10]) sind wir geheiliget und ist solchs EIN-
MAL geschehen durch das opfer des leibes Jesu Chri-
sti. Item am 9.cap.[28]: Christus ist EINMAL ge-
opfert, weg zu nemen viler sünde. Zum andern mal
aber würd er one sünde erscheinen denen, die auf
in warten zur seligkeit.
Solche sprüch aber sind on zweifel genommen aus
dem wort Christi, da er am creuz spricht: Consum-
matum est. Es ist vollendet [Joh. 19,30]. cDenn da
redet er eigentlichc von dem werk, das er am creuz
fürhette, das er für der welt sünde alda hat zalen
wöllen mit seinem tod. Solchs, spricht der Herr, ist
jetzt volendet mit disem opfer, das ICH, ICH mei-
nen leib und mein leben aufgeopfert hab.
Dise sprüch fassen zwei stück (R: Es ist nur ein
einigs opfer und ein einiger priester, der für unsere
sünde opfern kan.). dDas erst,d das nur ein einiges
opfer für die sünde sei, nemlich das opfer unsers lie-
ben Herrn Christi. eDas ander,e das nur ein einiger
priester zu solchem opfer für die sünde gehör, nem-
lich der Sun Gottes und unser lieber Herr Jesus Chri-
stus. Was predigt aber der babst von seinem meß-
opfer ? Erstlich das solches meßopfer diene zur ver-
gebung der sünden. Zum andern, das es nit das opfer
Christi sei, sonder ein sonders opfer, welchs der pfaff
opfer, uber jenes, das Christus am creuz geopfert hat,
wie es denn im werk sich auch findet. Denn Christus
hat sein leib und sein blut geopfert, so opfert der
pfaff ob dem altar brod und wein oder, wie sie reden,
die gestalt brots und weins. Das hat je Christus nit
getan, wie die papisten selb bekennen müssen.
Das ist nun der höchste greul und die höchste
goteslesterung, weil Christus von solchem meßopfer
nichts befolhen hat, das dennoch solches meßopfer
dafür gerhümet wird, das es vergebung der sünden

b—b 1545 irrig: 4.
c—c 1543 I, II und 1544: Was meint der Herr hier oder
wovon redet er? Nemlich
d-d 1543 I, II und 1544: Nemlich
e-e 1543 I, II und 1544: und
f-f Fehlt 1543 I, II und 1544.
g-g 1543 I. II. 1544 : Daher ist es auch kommen,
h-h Fehlt 1543 I. II. 1544.

verdienen sol. Wo bleibt denn die schrift, die solchen
verdienst allein dem opfer Christi am creuz zumisset
und sonst keinem menschen werk ? Sagt auch, solchs
opfer sei nur einmal geschehen. So messen faberf
und opfern die pfaffen immer eine uber das ander,
und hat mit solchem meßopfer kein aufhören.
Was folget aber draus,wenn wirs wöllen recht beim
licht besehen ? Anderst nichts denn dises: Weil der
babst solches meßopfer von nöten achtet, so muß
folgen, das der Herr Christus durch sein opfer nit
volle vergebung der sünden erworben hab; denn hat
er damit volle vergebung der sünden erworben, was
darf es des meßopfers ? gDamit ist aus solchem meß-
opfer ins babsttum gefolgetg (R: Gotteslesterung,
die aus der papisten meß folgen.), das man des opfers
unsers lieben Herren Christi vergessen, desselben
sich nit getröstet und hjedermanh zu der pfaffen-
meß geloffen, dieselben kauft, gestiftet und als ein
bessern, gewisern trost gesucht hat. Das ist nun der
jammer uber allen jammer und greuel uber alle
greuel, das man an dem opfer Christi sich nicht hat
genügen lassen, sonder pfaffen gemacht, die Chri-
stum on seinen befelh und wider alle schrift wider
opfern sollen, und als denn auf solches opfer die leut
vertröstet. Das heist nun opfer und priester geendert
und für das opfer Christi ein menschenwerk und für
den hohenpriester, den Sun Gottes, einen bebstischen
pfaffen nemen, der durch sein meßlesen von sünden
uns helfen und uns zu gnaden bringen sol.
Solchs ist den papisten unmüglich, das sie es kön-
nen laugnen; denn da uberweiset sie nit allein alle
welt, die solche messen darumb für sich, für ire
freund, bede, so noch im leben oder tot sind, be-
stellet und große reichliche stiftung aufgerichtet
haben, da sie sonst langsam so milt gewest, wo sol-
ches vertrauen auf das meßopfer sie nit getriben het,
sonder sie selb, die meßpfaffen, bekennen es erstlich
mit dem werke, weil sie die hostien in drei teil bre-
chen3, eben wie sie das opfer auf drei haufen teilen4,
3 Die konsekrierte Hostie wird bei der Messe zunächst
in der Mitte auseinandergebrochen. Dann wird von
der in der linken Hand befindlichen Hostie noch ein
Stück abgebrochen. Dieses wird in den Kelch ge-
worfen und nach den beiden andern Stücken mit
dem Wein sumiert (Hartmann 357. 395-399. -
Jungmann 2, 383ff.). - Braun 218)
4 Woran dabei gedacht ist, ist nicht klar. Es gab zwar

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