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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0523
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

An den orten aber, da man vor kein vesper die
feiertage gehalten, sollen die pfarrherrn das volk
fleißig vermanen, das sie ir söne und töchter in die
kirch auf ein gewise stund schicken wöllen, auf das
man sie da im glauben und mit dem beten fein unter-
richten können, wie ungeferlich der kleine catechis-
mus D.Luthers6 ausweiset. (R: Die pfarrherrn sol-
len das junge volk den catechismum lerenh.) Denn
so wir wöllen hinder uns solche leut lassen, die ein
rechten, reinen verstand christliches glaubens haben
und derhalb nit in die alte bepstische abgötterei sol-
len gefüret und verfüret werden, so müssen wir es
mit der jugent anfahen. Wie denn Christus allent-
halb uns die jugent fleißig befilhet, das man sie recht
im glauben unterrichten und wol ziehen sol und ja
mit höchstem fleiß verhüten, das sie nit geergert wer-
den.
Derhalb sollen die kirchendiener solcher arbeit
sich nit beschweren; denn wir on das dahin sehen,
das sie mit zuvil arbeit nicht beladen werden. Wol-
len derhalb an disem gesettigt sein, das sie es in der
wochen bei disen dreien actibus lassen bleiben: am
sontag und feiertagen predigen, nach essens den
catechismum der jugent fürhalten und am bestimb-
ten werktag die litanei singen und den großen cate-
chismum7 lesen. Zu solcher geringer arbeit solt ein
jeder kirchendiener von herzen willig sein, sintemal
solches alles dienet zur unterricht denen, für welche
unser Herr Christus sein blut vergossen und sie also
erlöset hat und nichts mer mangelt denn, daß man
solche leer der kirchen fleißig furtrage und sich da
keiner mühe, lesens noch studirn laß verdrießen.
VIII.
Wie man taufen soll.
Erstlichen sol der priester fragen, wes das kind sei,
wie es heißen soll und ob es nicht jachtauft sei.
Wenn nun das kind nicht jachtauft ist, so sol der
diener nachfolgende vermanung sprechen und keines
h Fehlt 1543 I.
a-a 1543 I, II und 1544: mag er nach gelegenheit sich
halten, wie oben genugsamlich zu versteen ge-
geben ist. b-b Fehlt 1543 I.
c-c 1543 I, II und 1544: dises gebets.
d-d Fehlt. vor 1545.
6 Vgl. Amn. 2!

wegs aus nachlessigkeit unterlassen, es were dann
zur zeit der not, so das kind in tods gefar were; denn
in solchem fall awil sich kein verzug leidena.
bVermanung bei der tauf.b
Ir allerliebsten1. Ich vermane und bit euch alle,
die ir alhie zugegen versamlet seit, aus christlicher
liebe und treu, das ihr erstlich zu herzen nemen und
mit fleiß bedenken wöllet dises treffenlich werk Got-
tes und den großen ernst, der darinnen ist und an-
gezeigt würdet. Denn aus den worten cbei disem
werkc höret ir, sehet auch aus dem werk, wie arm-
selig und elend die christlich kirch dises kindlein hie-
her tregt und vor Gott so bestendiglich und offen-
bar bekennet, das dasselb kindlein ein kind des
zorns, der sünden und ungnaden sei, und darumb so
herzlich umb hilf und gnad bittet, das es durch die
tauf ein kind Gotes werden möge. Bedenkt auch mit
fleiß, das es nit ein scherz oder kinderspil ist, dises
christenlich tapfer werk zu handeln, welches dem
Teufel begegent und ihn nit allein von dem kind
treibt, sunder auch das kind, wider in als wider ein
gewisen feinde sein leben lang zu streiten, verpflicht.
Derhalben derstlichd, hoch von nöten ist, mit einem
starken glauben und herzlichen vertrauen zu Got,
andechtiglich zu biten, das Gott der allmechtig das
kindlein nicht allein von des Teufels gewalt erledi-
gen, sunder auch also sterken wölle, das es dem
feinde im leben und sterben statlichen widerstand
tun und erhalten werden mög. Darumb wöllet mit
fleiß auf euch selbs achtung haben, in einem rechten
glauben allhie zu stehen, Gottes wort zu hören und
andechtiglich zu Got zu rufen und zu bitten; dann
wir je allhie zum gebet nit vergebenlich, sonder aus
not vermanet werden, auf das Gott unsern ernst und
ein recht vertreulich herz erkennen mög, auch dis
hochwirdig sacrament durch uns dem Teufel nicht
zum spot gesetzt und Got der allmechtig geeunehrt
werde, der darinnen so uberschwenklichen reich-
7 Damit ist nicht Luthers Großer Katechismus (WA
30 I 125-238. — Bekenntnisschriften 545-723)
gemeint, sondern der Katechismus, der in der Forrn
der Kinderpredigten zur KO von 1533 gehörte (vgl.
unsere Nr. III 4, S. 206-279!).
1 Alles folgende aus KO 1533 (S. 178ff.).

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