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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0554
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Nürnberg II

wie du andere durch dein sünd geergert hast, etliche
jetzund durch dein sterben wider bessern würdest,
welche in der gleichen sünd auch fallen mochten,
nun aber sich an deinem exempel stoßen, Gott fürch-
ten, und vom bösen werden ablassen.
Darumb, weil solche stuck alle an deim tod han-
gen: ein christlich erkantnus der sund, bekantnus des
glauben, ein williger gehorsam, ein große frucht, so
aus solchem gehorsam her wechst, so laß dir die
schand nit so nahend zu herzen gehn, bei welcher
schand so ein herrlicher christenschmuck stehet!
Achtet die welt und du solches schmelich und un-
ehrlich, so achtet dagegen Gott und alle seine engel
solchen gehorsam, bekentnus und besserung ehrlich
und löblich. Darumb sei getrost! Die schand sol sich
in eim augenblick wandeln. Wenn der cörper in un-
ehrn da tam galgent hengt. oder uin der erdenu ligt,
werden die engel Gottes dein seel in allen ehr Got
entgegen tragen, wie der Herr Christus sagt von dem
armen Lazaro [Luk. 16,22], Solchen trost halt fest
und gewiß und laß tod, schmach, schand, welt blei-
ben, wie es bleibt! Du aber lobe und danke Gott erst-
lich für solche gnad, das er dich zu solchem glauben
und erkentnus berufen hat! Darnach bleib fest an
solcher hoffnung, welche durch den Herrn Christum
dir und uns allen verdient ist! Dein glaub an Chri-
stum wird dir nicht liegen. Wie du jetzt hie glaubst,
sol dir geschehen dort in jener welt. Befilh dein seel
deinem treuen hirten Christo Jesu und far hin mit
friden! Amen.
Im fall, das der gefangen nit verzeihen wolte,
Wann einer dermaßen wider seinen gegenteil er-
bittert ist, das er nit vergeben noch vergessen will,
und dennoch begert des heiligen sacraments, da muß
man also mit ihm handeln.
Erstlich in erinnern, ob er auch begere, das im
Gott genedig sein und vergeben wölle, was er sein
lebenlang ubels tun hat.
Antwort er auf dise frag, wie freche, wohnsinige
oder behafte1 leut bisweilen tun, es gelte im gleich,
Gott sei gnedig oder ungnedig. Da sol man in mit

t-t Fehlt vor 1545. u-u Fehlt vor 1545.
v-v Fehlt 1543 I. w-w Vor 1545: nachließe

ernst, wie oben auch gemeldet, erinnern, er mög be-
denken, wie es seiner seel in ewigkeit gehen werd.
Aber das sacrament sol man im in keinen weg rei-
chen, weil2 er also gesinnet ist.
Wo er aber antwort, er beger und dörfe, das ihm
Gott gnedig sei, da ist not, das man in erinnere, wie
Gott gnad und vergebung uns hab verheißen, nem-
lich wie in dem Vater unser stehet, das er uns heist
beten: Vergib uns unser schuld und heist uns, von
herzen uns des erbieten, das wir auch vergeben wöl-
len unsern schuldigern.
Da denke du (sprich), wie du betest! Ist dir ernst,
das man dir vergebe, so hörest hie, das du auch ver-
geben solst. Tust du es nicht, so ist nicht allein solch
gebet kein gebet, sonder es ist vergebung der sund
kurzumb abgeschlagen und du tust wissentlich wider
den willen und befelh Christi vkanst derhalben dich
seiner gnad und hilf nicht tröstenv.
Nun bedenk aber, wie ein ungleicher zeug es ist,
wenn du vergibst, das dir Gott auch will vergeben.
Christus gibt ein gleichnus von eim knecht, der seim
herrn zehentausent pfund schuldig war. Und sagt
die schuld, so wir gegen im haben, sei dieselbe sum-
ma, die wir nimmer mer bezalen mögen. Widerumb,
das unser nechster uns schuldig sei, das sind hun-
dert groschen. Das ist ein sehr geringes. Wer wolt
nun nit gern ein heller nachlassen, das man im tau-
sent gulden wschenketew? Nun sagt aber Christus,
wie es dem knecht mit den zehentausent pfunden
gangen hab, der seim mitknecht nit vergeben wolt,
also soll es uns auch gehen, wenn wir nit vergeben
unserm nechsten, nemlich: das uns Got auch nicht
wölle vergeben [Matth. 18,23-35]. Da wirds dann vor
Gottes gericht heißen: Bindet im hend und füß und
werfet in in die außersten finsternus! [Matth. 23,13].
Wilt du nun des urteils gewarten ? Das steht bei dir.
Anderst wirds nit. Christus hats selb gepredigt und
uns zur warnung gesagt. Ja, Matthei am 5. [24]
macht er solche vergebung und versönung so nötig,
das er spricht, Gott wölle ihm kein andacht, kein
gottesdienst, weder beten noch anders gefallen las-
sen, weil wir in solchem widerwillen und unbarm-
herzigkeit stehen.
1 = besessen (Schmeller 1, 1066).
2 = solange.

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