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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0558
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Nürnberg II

tiam.) dienet das gesetz dazu, das es gleich wie ein
liecht sol vorleuchten, auf das, die so schon durch
den glauben in Christum gerechtfertiget sind, wissen
mügen, was Gott von ihnen fordert und sie zu tun
schuldig sind, auf das sie Gott den rechten gehor-
sam leisten in dem eußerlichen leben und mit eußer-
lichen werken.
Derhalb haben die prediger allenthalb ursach gnug,
das sie das gesetz in offentlichen predigten wol und
vil treiben, auf das die, so noch ungehorsam sind,
ire sünde erkennen und zum Herren Christo gefüret
oder zum wenigsten von fernern sünden abgehalten,
die christen aber zu dem rechten gehorsam und recht
guten werken, die Gott selb geboten hat, vermanet
werden.
Nach solcher gesetz oder bußpredigt sol folgen die
ander predigt von vergebung der sünden (R: 4. Evan-
gelion.). Die heißet man mit irem eignen und rech-
ten namen: das evangelion. Das ist ein solche lehr,
die der Sun Gottes selb von himel herunterbracht
hat, in welcher umb Christus willen Got aus lauter
gnaden und on alle verdienst allen, so an Christum
glauben, zugesagt vergebung der sünden, gerechtig-
keit, den Heiligen Geist und das ewig leben.
Hie ist es hoch von nöten (R: 5. Sola fides in Chri-
stum iustificat.), daß man gute achtung drauf habe
und sehe, wie das evangelion allenthalb dahin drin-
get, das wir allein durch den glauben an Christum
zu vergebung der sünden kommen, und nit durch
eigne werk oder verdienst. Derhalb sollen solche
sprüch, so zu disem artikel dienen, inen die kirchen-
diener fleißig aufzeichnen; denn dis einig stuck ists,
da man die armen gewissen in todsnöten mit trösten
und erhalten kan, cdas sie schließen, allein Gottes
gnad und nit unser verdienst mache uns selig. Und
ob wir gleich arme sünder sind, das doch Got umb
Christi willen wöll gnedig sein, der darumb auf erden
kommen ist, die sünder zur buße zu rufen und nit
die gerechten, Matth.9.[13]c.
Unser widerteil, die papisten, widerfechten in un-
ser lehr nichts so hart als, das wir sagen, man werde
durch den glauben an Christum allein gerecht und
nit durch eigne werk. Denn da ligt inen im weg, das
sie sehen, wie Got das gesetz haben will und wir den-

c-c Fehlt vor 1545.

selbigen gehorsam schuldig sind, und können sich
nit drauß richten, das man dem gesetz nach soll pre-
digen, wir sollen gute werk tun, und dem evange-
lion nach, das die guten werk uns nit in himel helfen
werden, sonder der glaub an Christum muß es allein
tun. Darumb gehört dis dazu, das man solche lehr
fein unterschide und die leut also unterrichte.
Das gesetz ist darumb geben, das wirs tun sollen
oder wissen, das wir in Gottes ungnaden sind; denn
Gott will es je weder haben noch leiden, das man
eebrechen, todschlagen, fluchen, Gottes wort ver-
achten, zauberei treiben und anders tun sol (R:
6.Discrimen legis et evangelii.). Derhalb soll das ge-
setz, wie oben auch gemeldet, gleich als ein regel
sein, da wir unser leben nach richten und uns vor
Gott nit in tiefere schuld durch den offentlichen un-
gehorsam einstecken.
Aber bei und neben allem, das uns nach Gottes
wort zu tun müglich ist, leret der Herr Christus selb,
das wir sollen sagen: Wir sind unnutze knecht [Luk.
17,10]; denn das ist je war neben dem, das unser
leben und gewissen uns uberzeuget, das wir nit all-
weg Gottes willen tun noch sein wort gehalten haben.
So ist auch der mangel dran, das all unser tun, wo
es am besten ist, noch unvolkommen und unrein ist,
der sünde oder des sündigen fleisches und natur halbe,
die in uns bleibt, dieweil wir leben. Derhalb müssen
wir neben allem heiligen leben, wo es am besten ist,
mit David sprechen Psalm 19 [13]: Wer kan merken,
wie oft er felet ? Verzeihe mir die fele, da ich nichts
von weiß! Und Psalm 143 [2]: Gehe nicht in das ge-
richt mit deinem knecht; denn für dir ist kein leben-
diger gerecht!und im 130. Psalm[3]: So du,Herr, wilt
sünd zu rechen, Herr, wer wird bestehn ?.
Das ist nun unser grund und gewiste ursach,das wir
sagen: kein mensch kan noch mag sich seiner werk
trösten, das er dadurch wölle für Got bestehn. (R:
7. De operibus, quod opera non iustificant, sed requi-
runtur.) Denn ob es gleich gute werk sind, so sinds
doch solche werk, die von uns sündern geschehen,
derhalb Gott keinen gefallen unser person halb dran
kan haben. Vil weniger aber kan er ein gnügen daran
haben für die sünde, deren wir schuldig sind.
Wo will man nun aus ? (R: Opera legisd) Eigne
d Fehlt 1543 I.

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