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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0562
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Nürnberg II

Gottes willen urteilet, der wird Got für ein gnedigen
Gott müssen halten, der, wie Paulus sagt, will, das
alle menschen sollen selig werden [1.Tim.2,4].
Zum andern bedenke auch das, das nit allein die
verheißung der gnade und des ewigen lebens in ge-
mein geredt und universales sind, die kein menschen
ausschließen (R: Generale mandatum, ut credamus
in Christum.), sonder da steht auch neben der ver-
heißung ein gemeiner unwiderruflicher befelh Gotes,
der alle menschen fasset und heist, das sie an Chri-
stum glauben, durch in vergebung der sünd und
ewigs leben hoffen sollen. Solchem befelh solt du,
ich und alle menschen folgen; denn eben darumb
hat Gott das evangelion in aller welt zu predigen be-
folhen und geheißen, wir alle sollen seinen Sun
hören.
Nun da stehet der befelh Gottes: Du mensch nimb
meinen Sun Christum Jesum an! Glaub, das ich umb
seintwillen dir deine sünde vergeben und dich zum
kind und erben hab angenommen! Denn darumb
bistu getaufet, das du solches glaubens solt gewiß
sein etc. Solcher befelh, sage ich, stehet da. Wie kan
denn der Teufel unsere herzen also begaukeln, das
wir an vergebung der sünden und unser seligkeit
zweifeln, so nit allein Christus solches uns allen er-
worben, sonder auch Gott zu solchem glauben mit
eim ausgedruckten befelh uns verbunden hat ? Dar-
umb wird ers je nit arg mit uns meinen. Er wird uns
die seligkeit gern gönnen, sintemal ers anders nit
haben will denn, das wir sollen glauben.
Ja, sprichstu, ich kan aber nit glauben oder ich
glaube zu gar schwechlich. Wolan, da gehört ein
ander rat zu denn, das du darumb verzweifeln oder
dich dafür halten woltest, als werest nit erwelet.
Beten soltu, wie Christus lehret, Luc.11 [9-13], das
Got durch seinen Heiligen Geist dein herz erleuchten
und den glauben in dir mehren und fester wölle ma-
chen. Und ist gewiß war, bitestu mit herzen, so wil
Got dich umb Christi willen erhören; denn zu sol-
chem werk hilft er herzlich gern, sintemal nit allein
unser seligkeit dadurch gefürdert, sonder auch sein
nam gepreiset wird.
Auf dise weise soll man von Gott und seinem rat
und willen gedenken, das man ja die augen nit lasse

k Fehlt 1544.

von seiner verheißung und befelh, welchen er neben
der verheißung geben hat. So wird Gott ein lieb-
licher, freundlicher Gott, da man nit für fliehen, von
ihm weglaufen, in saur ansehen, ubels von im ge-
denken wird, sonder man wird ihn herzlich lieb ge-
winnen, sich alles gutes zu ihm versehen und in allen
nöten hilf bei ihm suchen, als der zu helfen herzlich
geneigt und durch Christum schon treulich geholfen
hat.
Zum dritten. Wir haben ein spruch, Joh. 14 [6], da
Christus spricht: ,,Ich bin der weg, die warheit und
das leben“. Item, ,,Wer mich sihet, der sihet meinen
Vater“ [14,9]. Dise und andere dergleichen sprüche
lehren uns, wenn wir Gotes willen eigentlich wöllen
wissen, daß wir solchs bei dem Herrn Christo und
seim wort und sonst nirgents sollen suchen. Denn
so du von Got außer Christo wilt gedenken, so wirt
dir alsbald dein herz ein falschen Got fürmalen, der
nur etlichen leuten hold sei; den sündern aber sei
er feind und wölle ir nit. Aber du nim Christum für
dich! Sihe, was er tue, womit er umbgehe, und höre,
was er predige! Er stirbt am creuz. Warumb ? Umb
der welt sünden willen. Er steht wider auf von toten.
Warumb ? Umb unser gerechtigkeit willen, das er
uns auch will gerecht machen. So nu das der Sun
Gottes tut und tuts aus befelh seines Vaters, was
meinst wol, das der Vater für ein herz gegen die sün-
der habe ? Die ganze welt mit all ihrem gut würd dir
nit so lieb sein, das du dein kind woltest würgen las-
sen. Gott aber lest seinen Sun würgen umb der sün-
der willen. Darumb spricht Paulus sehr fein, Roma.
5 [8]: ,,Gott preiset sein lieb gegen uns in dem, das
Christus für uns gestorben ist, da wir noch sünder
waren.“ So werden wir vil mer durch in behalten
für dem zorn, nachdem wir durch sein blut gerecht
worden sind. Also lerne ein jeder christ von Gott ge-
denken, wie er sich selb in Christo Jesu und seinem
wort hat offenbaret, so werden solche fehrliche und
teuflische gedanken ausbleiben, die sonst kommen,
wo man an die fürsehung außer Christo und dem
wort, nach dem uns gedunkt, denken will!
Was (R: Vom spruch: vil berufen, wenig auserwe-
letk.) mag es aber für ein meinung mit dem spruch
Christi haben: Vil sind berufen und wenig auserwe-

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