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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0563
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

let [Matth.20,16; 22,14] ? Das vil berufen sind, ist
anders nichts denn, das das evangelion jederman
wirt fürtragen und Gottes gnad wirt jederman an-
geboten. Aber da finden sich leut, die das wort nit
annemen. Sie verfolgens wie die papisten oder ver-
achtens wie die bösen christen, welchen mer am gelt
und gut ldenn an Gotes wortl gelegen ist, leben der-
halb in sünden und begern sich nit zu bessern, man
vermane, sage, predige, was man wölle. Solche leut
sind nit erwelet, das ist: Got hat kein gefallen an
inen. Denn sein will und meinung ist dise, das man
nicht gotlos sein, sonder Got förchten, an Christum
glauben und die bösen lüste und sünde drucken und
töten soll. (R: Qui non sint electi.) Darumb, bege-
restu, das du auserwelet mögest sein, so höre das
evangelion! Bit Gott umb seinen Heiligen Geist!
Übe dich in guten werken und meide das böse! Bistu
gefallen, stehe wider auf, bit umb gnad und hoffe
durch Christum gnad und zweifel ja nit, du mseistm
erwelet, das ist: Got hab einen gefallen an dir und
wölle dich, wie du glaubest, umb Christi seines Suns,
willen ewig selig machen! Amen.
nNu wöllen wir auch einen bericht von guten wer-
kentunn.g
Da muß man erstlich wissen: gute werk (R:10
Bona opera.) sind nur dise, die Gott in seinem wort
fordert und haben will und nit jene, so die menschen
on Gottes wort aus eigener andacht fürnemen als,
das ein munch in ein kloster lauft oder ein pfaff meß
helt; denn solches hat Got nirgent befolhen.
Solcher gehorsam nun, welchen durch hilf des Hei-
ligen Geistes die leisten, so durch den glauben an
Christum sind gerechtfertiget (R: Bona opera etiam
in sanctis imperfecta propter reliquias peccati),ist
noch nit gar rein und volkummen. Ursach: Es bleibt
noch in den heiligen fleisch und blut. Das ist noch
nit gar tot und reget sich immer dar und will ein
andern weg, denn Gottes gesetz heißet, wie Paulus
sagt [Röm.7,23]: Ich sihe ein ander gesetz in mei-
nen glidern, das da widerstreitet dem gesetz in mei-
nem gemüt und nimbt mich gefangen in der sünden
gesetz, welchs ist in meinen glidern. Derhalb haben
auch die heiligen immerdar mit zu tun, das sie dem
l-l Fehlt 1544. m-m 1544; bist
Fehlt 1544.
g-g Fehlt 1543 I und II (Anfang auf S. 542).

fleisch wehren und es töten, das ist: im nit nach-
hengen, sonder die bösen lüste brechen und dempfen
und, wie der Herr im Vater unser lehret, stetigs
beten: Vergibe uns unser schulde! und: Nit einfüre
uns in versuchung! [Matth.6,12 f.].
Solches macht nun, das der gehorsam auch in den
heiligen nit gar rein und volkommen kan sein, und
dennoch will Gott denselben unvolkummenen gehor-
sam im gefallen lassen umb des glaubens willen an
Christum (R: 12. Etiam imperfecta obedientia pla-
cet in credentibus); Denn durch denselben wird das
vergeben und nachgelassen, welchs uns noch man-
gelt und den gehorsam hindert, das er nit gar rein
und volkommen kan sein. Und solches ist das für-
nemeste stuck, das einen christen zu guten werken
oder ernstem gehorsam gegen Gottes wort soll trei-
ben. Sintemal wir wissen, das Gott solches nit allein
fordert und haben will, sonder er will es ihm auch
gefallen lassen und für ein gottesdienst annemen
und oentlicho in jenem leben belonen, wie Matth.25
[31-40] stehet, das Christus am jüngsten tag solchen
gehorsam oder gute werk rümen wölle fur seinem
Vater, für allen engeln und allen christen.
Wie kommen aber unser arme werk und elender,
betlischer gehorsam zu der ehre, das Gott denselben
ihm will so hoch lassen gefallen ? Allein darumb, das
wir in Christum glauben und Got umb seines Suns
willen das unreine, so fleisch und bluts halb noch an
uns ist, nit sehen, sonder mit seinen gnaden zudecken
will, wie Paulus uberaus tröstlich sagt, Rom.8 [1]:
Es ist nichts verdammhchs an denen, die in Christo
Jesu sind, die nit nach dem fleisch, sonder nach dem
Geist wandeln. Nach dem fleisch wandeln heist der
sünde folgen und nachhengen. Solches, sagt er, soll
nicht sein, sonder man soll nach dem Geist wandeln,
das ist: die sünde töten und ir nit folgen und durch
Christum vergebung solcher unreinigkeit hoffen und
glauben. So soll es kein not mit uns haben, nit un-
sers gehorsams halb, sonder das wir in Christo Jesu
sind und durch in ein gnedigen Gott haben.
Zu solchem vertrauen und zuversicht dienet uns
nit allein das wort, in welchem vergebung der sün-
den, uns angeboten wird, sonder auch die heiligen
o-o 1543: auch wol.
10 Irrig fehlt hier 11.

35 Sehling, Bd. XI. Franken

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