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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0564
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Nürnberg II

sacrament, die anders im grund nichts sind denn
eußerliche, sichtige zeichen und mittel, dadurch uns
Gott seiner gnaden vergwiset, das wir nit zweifeln,
sonder fest dran halten sollen (R: 13. Sacramenta
sunt media gratiae). Denn das ein kind oder alter
mensch getaufet wird, geschicht darumb, das ers
fest glaube, Christus sei für in gestorben und hab
im vergebung der sünden erworben. Denn eben dar-
umb taufet man in in den tod Christi, wie es Paulus
heist [Röm.6,3f.].Item: das wir zum nachtmal des
Herrn gehn, warumb geschichts ? Allein darumb, das
wir nit zweifeln sollen, sein leib und blut sei für uns
geben, sintemal es uns in solchem abentmal zur
speise und zum trank austeilet wird.
Solche sacrament oder gnadenmittel kan niemand
denn Gott selb ordnen und aufsetzen, wie wir von
disen zweien sacramenten und von der absolution
gewissen befelh Christi haben (R: Sacramenta non
possunt institui ab hominibus.). Gleich aber wie das
wort niemand nutzet, denn er glaube es und halt sich
mit festem vertrauen dran, also sind die sacrament
auch nicht nutz, man tröste sich denn derselben und
hoffe durch Christum vergebung der sünden. Der-
halb sollen die kirchendiener und pfarrherrn nicht
allein das volk zum brauch des heiligen sacraments
treiben, wie der bapst tun hat, sonder unterrichten,
wie sie sich des Herren Christi, seines leidens und
sterbens allein trösten sollen und die heiligen sacra-
ment achten als ein pfandschilling oder ein sigill und
versicherung solches trosts oder zusagung. Denn dar-
umb sind nit allein die sacrament als zeichen da, son-
der das wort oder die verheißung ist in und bei sol-
chen zeichen. Darumb muß man auch sonder ach-
tung aufs wort haben und demselben glauben.
pDer (R: 14. De Coena Domini, quae non tantum
sit panis et vinum.) irrtumb, das etliche* 11 leren, es
werde im nachtmal des Herrn nur brot und wein den
christen gereichet, ist leichtlich umbzustoßen; denn
die wort Christi sind hell und klar, das er das brot
nimbt und spricht: Nembt hin und esset! Das ist
mein leib. Und den kelch und spricht: Trinkt alle
daraus! Das ist der kelch des neuen testaments in
p-p Fehlt 1543 I.
11 Wie die Männer der schweizerischen Reformation in
der Nachfolge Ulrich Zwinglis und die Wiedertäufer
(vgl. S. 184 Anm. 10!).

meinem blut [1.Kor. 11,24f.] und Paulus, 1. Cor. 10
[16]: Der gesegnet kelch, welchen wir segnen, ist der
nicht die gemeinschaft des bluts Christi ? Und das
brot, das wir brechen, ist das nicht die gemeinschaft
des leibs Christi ? Das ist: wenn uns im nachtmal
der leib und das blut Christi gereicht wird, da wer-
den wir ein leib mit Christo, sintemal wir seinen leib
und sein blut essen und trinken. Item 1.Corinth. 11
[27]: Wer unwirdig von disem brot ißt, oder von dem
kelch des Herrn trinket, der ist schuldig an dem leib
und blut Christi. Das ist: er versündiget sich an dem
leib und blut Christi und nit an dem brot und wein.
Wie könt aber solches sein, so der leib und das blut
Christi nicht da wer, sonder es allein brot und wein
wer ?
Derhalb (R: Transubstantiatio commentitia et
scandalosa) sol man an dem fest und gewiß halten,
das, wie Christus sagt, sein leib und sein blut ge-
essen und getrunken werd, wenn man das gesegnete
brot und den gesegneten wein isset und trinket. Und
dennoch folget noch nicht, das die papisten streiten,
das brot und wein transsubstancirt12 werde und die
blossen accidentia13 sine substantia14 da bleiben.
Denn wo dem also wer, so würde Paulus 1.Corinth.
11 [10,16] es nit brot nennen, da er spricht: Das
brot, das wir brechen. Darumb, weil aus solchem
irrtumb unzelich abgötterei gefolget, das man das
brot eingesperret, es angebetet, in procession umb-
getragen und mancherlei gottesdienst damit an-
gerichtet hat, so doch Christus solches nachtmal nur
zum essen und trinken eingesetzes, sol man solche
ungegründte und ergerliche meinung fallen lassen
und auf das einfeltigest, wie die wort lauten, glau-
ben, das die, die dieses brot essen und disen kelch
trinken, den leib Christi essen und sein blut trinken;
denn das ist je war, das Christus allein dazumal von
dem brot sagt: Das ist mein leib und vom kelch: Das
ist mein blut, da die jüngern es essen und trinken.
Ist derhalb unnot zu disputirn, was es sei außer sol-
chem brauch15, so es allein zu disem brauch, das
mans essen und trinken soll, eingesetzet ist.
Warumb (R: Usus coenae Domini, ut applicamus
12 Endgültige Kirchenlehre seit dem 4. Laterankonzil
1215.
13 = Eigenschaften. 14 = Wesen.
15 Vgl. S. 49 Anm. 23 und S. 531 Anm. 3!

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