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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0587
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VI I Kirchenordnung 1559

8 [4-14]), der ein pfand unsers heils ist, und mit dem
wir bis uf den tag des Herrn versiegelt seind (R:
Eph. 1 [13f.]).
Uf dises hauptstuck der lehr laiten sich fast alle
andere artikel, von welchem in der kirchen Gottes
allwegen ein guter, klarer, satter und in heiliger
schrift wolgegründer bericht geschehen solle. Dann
wo dises hauptstuck nicht recht gelert, erkennt und
geglaubt wird, ist nicht wol müglich, das von den
andern artikel, so an disem hauptartikel hangen,
recht geleret oder geglaubt werden möge.
Wo aber diser artikel recht gründlich und wol er-
kleret würd, so finden sich auch die andern in irem
rechten verstand, wie kürzlich hie angezeigt werden
soll. Als nemlich, von Gott, der einig in seinem gött-
lichen wesen, aber drei underschiedliche personen,
Vater, Son und Heiliger Geist (R: Joan. 3 [5f.];
7 [38f.]; Roma. 8 [9ff.]). Der Vater aus lauter liebe
ohn allen unsern verdienst schickt und gibt uns sei-
nen Sohn zu einem erlöser und mittler zwischen ime
und uns (R: 1. Tim. 2 [5f.]). Der Sohn als ein mitt-
ler handelt zwischen dem Vater und uns, stirbt für
die armen sünder und erlöset sie mit seiner heiligen
Menschwerdung, bitter leiden und sterben und helle-
fart von sünd, tod, Teufel, hell und verdammnus
und erwirbt inen on allen iren verdienst vergebung
der sünden, gerechtigkeit und das ewige leben (R:
Esa. 53 [4f.]; 9 [5f.]). Der Heilig Geist würkt durch
die predig und das gehör Gottes worts einen recht-
geschaffenen, lebendigen glauben (R: Ro. 10 [10.
17]; 2. Tes. 2 [13f.]; Mar. 16 [15f.]; Ro. 3 [22]; Gal. 2
[20]), dadurch die menschen das leiden und sterben
Christi inen zueignen, in dem sie haben vergebung
der sünden, gerechtigkeit und ewigs leben.
Von diser rechten, warhaftigen erkantnus Gottes
redet Christus, da er spricht: Wann ir mich kennet,
so kennet ir auch meinen Vater [Joh. 14, 7]. Von den
Jüden aber sagt er: Das werden sie euch tun; dann
sie kennen weder den Vater noch mich (R: Jo. 16
[3]. Darumb: es sagen Türken, Jüden oder heiden
von Gott, was sie wöllen, so ist es doch weder glaub
noch recht erkantnus Gottes. Dann Gott kan nicht
anderst erkennet werden, denn wie er sich selbst
offenbart (R: 1. Ti. 6 [16]). Er offenbart sich aber
durch seinen Sohn, der warer Gott (R: Jo. 1 [14];
Mat. 17 [5]; 3 [17]; Joa. 6 [45ff.]; Math. 16 [16f.])

und mensch von Maria geborn, nicht allein des Vaters
willen gewist, sonder für uns und für unserer er-
ledigung dem Vater gehorsam gelaistet hat, welchs
wir aber nicht glauben noch fassen künten, der Vater
ziehe dann uns durch seinen Heiligen Geist und
wirke solchs erkantnus und vertrauen in unsern her-
zen.
Wer in Christo gerechtfertiget würd, der verstehet
recht, was sünd ist und wie sie in unserm fleisch
klebe und all unsere werke, die wir auch nach dem
willen Gottes tun, unvolkommen mache (R: Ro. 7
[14]; Gal. 5 [17]; dann er erkennet und bekennet mit
dem heiligen Paulo: Ich weis, das in mir, das ist:
in meinem fleisch, nichts guts wonet (R: Rom. 7
[18]), erkennet also nicht allein für sünd die eußer-
lichen, groben werk, wider die gebot Gottes ge-
schehen, sonder auch die innerliche, verderbte art
und natur im fleisch (R: Mat. 5. 6. 7), darinnen er
auch an im selber verzagt und all sein heil und selig-
keit in Christo Jesu suchet (R: Ro. 7 [24f.]; Gal. 5
[4f.]). Ein solcher mensch erkennet auch recht, was
das gesetz Gottes sei, das uns Gottes willen offen-
baret und nicht allein von uns erfordert die eußer-
lichen werk, sonder auch die innerlichen gedanken,
das herz und den ganzen menschen in allen seinen
creften (R: Exo. 20 [2-17]; Mat. 5 [17-48]; Rom. 7
[14]; Mat. 22 [37-40]; Deut. 6 [5]. Dieweil wir aber
solchen volkomenen gehorsam bei uns nicht befin-
den, der aus ganzem herzen, ganzer seel, ganzem ge-
müt und aus allen unsern kreften gieng, beides ge-
gen Gott und unserm nechsten umb Gottes willen,
so offenbaret das gesetz die sünd, klagt uns an, würft
uns unter den fluch, verdammt und tötet uns (R:
Ro. 4 [15]; 7 [10]; Gal. 4 [1-3]; und endlich, also
angesehen und betrachtet, würd es uns ein zucht-
meister auf Christum [Gal. 3 [24]), der das end und
erfüllung des gesetzes ist (R: Ro. 10 [4]) zur gerech-
tigkeit allen denen, die an in warhaftig glauben.
Dises hauptstuck recht erkannt, lehret auch recht
erkennen, was gnad sei, von deren S. Paulus redet
(R: Eph. 2 [8f.]), nemlich nicht dis, das uns Gott
durch das gesetze seinen willen geoffenbaret hat,
das wir wissen, was wir ton oder lassen sollen und
warmit ime Gott will lassen gedient sein, wiewol es
auch ein gnad ist, sonder die gnad, von welcher
S. Paulus redet (R: Ro. 3 [23f. 28]; 4 [5]), ist die

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