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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0589
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VI 1 Kirchenordnung 1559

widerum ist von den toten uferstanden (R: Rom. 4
[25]).
Was von belohnung der guten werk hin und wider
in der heiligen schrift geschrieben stehet (R: Phil. 1
[10] 2 [16]), hat der heilig lehrer Augustinus mit kur-
zen worten geleret, wie man es verstehen soll, da er
spricht: Deus coronat sua dona in nobis5. Der Herr
krönet seine gaben in uns. Die werk wirket der Herr
in uns durch seinen Heiligen Geist und will sie auch
krönen an jenem tag (R: 1. Cor. 4 [5]), weil sie aus
glauben und seinen Geist geschehen und sich ein
mensch derselbigen nicht als seiner, sonder des Her-
ren rümen soll und kan (R: Jerem. 9 [23]).
Also würd auch erkleret der underscheid des ge-
setzes und evangeliums, nemlich: wie das gesetz
allein lehret und von uns erfordert, ein volkomme-
nen gehorsam, den wir doch nicht haben laisten kün-
nen (R: Deut. 6 [25]; 27 [26]). Das evangelium aber
tröstet die armen gewissen widerumb, richtet sie auf
durch die predig von Christo, der die erfüllung des
gesetzes ist. Wer an in glaubt, der hab vergebung
aller seiner sünden und das ewig leben (R: Joan. 3
[16]; Rom. 10 [4]).
Durch rechten verstand dises hauptartikels lernet
auch ein mensch, wie er sich in die lehr von der ewi-
gen fürsehung6 Gottes schicken solle, aus welches
artikels mißverstand und unbeschaidenlicher er-
klerung gemeinlich verzweiflung oder ein wüst wild
leben folget; dann eins teils sagen sie: Bin ich er-
welet zum ewigen leben, so würd ich selig, ich tue
gleich was ich wölle, eins teils aber sagen: Bin ich
nicht erwelet zum ewigen leben, so hilft mich nichts,
ich tue und fürneme gleich alles, was Gott geheißen
und bevolhen hat.
Disen beschwerlichen anfechtungen zu begegnen
und irrtumb zu widerlegen, muß man bericht allein
aus dem haubtstuck unserer christlichen lehr er-
holen, die weit uf ein ander weis von diesem hohen
artikel leret, dann die vernunft pfleget darvon zu
reden, nemlich also. Der almechtig ewig Gott hat
5 An den Presbyter Sixtus: Quod est ... meritum
hominis ..., cum ..., cum Deus coronat merita nostra,
nihil aliud coronet quam dona sua? (MSL 33, 880.
- Deutsch: BKV Augustin 10,208).
6 Obwohl M. Luther selbst kaum anders gedacht hatte
(De servo arbitrio 1525 - WA 18, 597-787), wurde
die Lehre von der Prädestination durch Calvins Aus-

einen ewigen rat gehabt und in demselbigen endlich
beschlossen, das alle menschen, so da sollen selig wer-
den, durch kein ander mittel die seligkeit erlangen
können dann allein in Christo Jesu seinem lieben
Sohn, wie S. Paulus sagt zu den Ephesern (R:
Eph. 1.[4]): Er hat uns erwelet durch denselben
Christum, ehe der welt grund gelegt war, das wir
sollen sein heilig und unstreflich für ime in der liebe.
Christus aber der Herr, als er uf erden zu den men-
schen gesandt worden und angefangen zu predigen,
hat alle menschen heißen zu sich kommen und nie-
mand ausgeschlossen, wie gros auch der sünder ist,
Matthei am 11.capitel [28f.]): Kompt zu mir alle,
spricht er, die ir beschweret und beladen seind, ich
will euch erquicken.
Und abermals (R: Joan. 3 [16ff.]): Also hat Gott
die welt geliebet, das er seinen einigen Sohn gabe,
auf das alle, die an in glauben, nicht verlorn wer-
den, sonder das ewig leben haben. Dann Gott hat
seinen Sohn nicht gesand in die welt, das er die welt
richtete, sonder das die welt durch ine selig würde.
Wer an in glaubt, der wird nicht gerichtet.
Mit disen tröstlichen worten rüfet Christus zu sich
alle menschen, darumb sich auch niemandes aus-
schließen soll, er wölle dann des Herren Christi wort
strafen, als ob ime nicht ernst were und sich mit
worten also hören ließe gegen den armen sündern,
aber es hette weit ein andere meinung.
So verheißet er auch den Heiligen Geist allen
denen, die in darumb bitten, da er spricht (R:
Matth. 7 [7-11]; Luc. 11 [9-13]): Und ich sage euch
auch: Bittet, so würd euch gegeben! Suchet, so wer-
det ir finden! Klopfet an, so würd euch aufgetan!
Denn wer da bittet, der nimpt und, wer da suchet,
det findet und, wer da anklopfet, dem wird auf-
getan. Wo bittet unter euch ein sohn den vater umbs
brot, der ime ein stein darfür biete, und so er umb
einen fisch bittet, der ime ein schlange für den fisch
biete ? Oder, so er umb ein ei bittet, der im ein scor-
pion dafür biete ? So denn ir, die ir arg seid, kön-
führungen (Institutio regligionis Christianae III 21
bis 24 [Opera selecta ed. Barth Peter et Niesel
Guil. 4 (1931) 368-432]) zu einem Hauptstreitpunkt
zwischen Lutheranern und Reformierten, mit dem
sich die Konkordienformel in Art. 11 (Bekenntnis-
schriften 816-822. 1063-1091) auseinandersetzte
(Frank 4, 120-344).

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