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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0611
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VI 1 Kirchenordnung 1559

Ordnung der kirchenämpter in der stat
an werktagen.
In der capel45 lest es ein erbarer rat auch bei getaner
verordnung bleiben, nemlich: das alle morgen in der-
selbigen zu winters zeiten nach dem ausschlagen46,
im sommer umb ein uhr uf den tag sich dahin die
caplän verfügen und mit dem Deus in adiutorium
anfangen etc. Darauf ein caplan die antiphon Veni,
Sancte Spiritus intoniren und einen lateinischen
psalmen beide chör gegen einander versikelsweis sin-
gen, darauf bede chör das Veni, Sancte aussingen.
Darnach tret ein caplan auf und lese erstlich das
gemein gebet für allerlei anliegen der christenheit
nach gewönlicher form47, welche er mit dem Vater
unser beschleust. Uf solchs soll er ein capitel oder
einen paragraphum, zwen oder drei lesen, wie sichs
nach der summaria schicket, aus den geschichten
oder episteln der heiligen apostel, darauf die sum-
mari Viti Dieterichs48 folget.
Nach der lection soll der chor einen teutschen psal-
men singen, darauf ein caplan wider ein capitel oder
etlich paragraphos aus einem der vier evangelisten
sampt dem summario Veit Ditherichs lese. Nach
disem folget ein teutscher psalm, darauf ein collect,
nach welcher das gewönlich gesang Erhalt uns, Herr
etc. gesungen werden soll. Und beschließe mit dem
gewonlichen versikel, teutscher collecten und segen
Gottes den ganzen actum.

45 Vgl. Anm. 44! 46 Vgl. Anm. 37!
47 Siehe oben S. 586f.! 48 Vgl. S. 336 Anm. 31.
49 Schilderung der Sterbestunde Jesu mit Worten aus
Matth. 27, 45-51 (Handschriftlich z. B. in einem
Antiphonar von Nürnberg St. Lorenz (NLA Lo-
renz 457f. 247). - Gredruckt: Canoniearum horarum
liber secundum ordinem nove rubrice ... ecclesiae
Bambergensis. Bamberg 1484 (NLA Pfarrei Bruck38)
nach lectio VI der Karfreitagsmatutin, in der es ver-
kürzt auch heute noch im Brevier, wenn auch an
anderer Stelle verwendet wird (Responsorium nach
lectio V der 2. Nokturn). - Officium sacrum, quod
in aede D. Sebaldi ... exhiberi solet (Nürnberg 1664)
23 (NLA BKG 1946).
50 Psalm 103, 10. Dieser Vers zusammen mit Ps. 79,8f.
wurde und wird in der Passionszeit am Montag,
Mittwoch und Freitag als Tractus an Stelle des Alle-
luja nach dem Graduale zwischen Epistel- und Evan-
geliumslesung in der Messe gesungen (Braun 352.
- Eisenhofer 197 f.). Er wurde als Graduale auch

Am freitag aber soll allwegen anstat des teutschen
psalmen das Tenebrae49 sampt dem vers Herr, han-
del50 nicht etc. gesungen werden. Darauf soll folgen
ein collect de passione Domini61, wie auch in der
pfarrkirchen bis anher breuchlich gewesen.
Gleichförmiger weis soll es auch gehalten werden
in der pfarrkirchen alle tag ungefärlich zu der zeit,
als man im bapstumb das hochampt gehalten, da-
hin sich dann beids zum gebet und wort Gottes das
volk pflegt zu verfügen.
Uf den abent sollen alle tag in der pfarrkirchen
vesper mit iren gewönlichen lateinischen psalmen,
respons, antiphon, hymnis und teutschen lection
und gesang wie bis anher gehalten werden.
Ordnung der predig am werktagen.
Nachdem ein erbarer rat bis anher in der wochen
gewonliche predig in der pfarrkirchen, parfusser52-
und frauencloster53 gehalten, darmit das gemein
volk immer gelert, vermanet und in der forcht Got-
tes gehalten werde, sollen auch hinfuro wie bis an-
her zu gewonlicher zeit und ort die predig nach christ-
flcher ordnung und teutschen gesang verrichtet wer-
den.
Dieweil aber das volk auch seinen gescheften nach-
gehen und auswarten müssen, darmit sie nicht eint-
weder gar ausbleiben oder unwillig gemacht wür-
den, mit wenigerm fleiß sich darzu zu verfügen, sol-
in den Sonntagsgottesdiensten Nürnbergs weiter ver-
wendet (Officium [vgl. Anm. 49] 76. 78. 82. 86.
90.94). 51 Vgl. oben S. 192!
52 = Franziskanerkirche. — Das Franziskanerkloster
wurde nach dem Tod des letzten Mönches 1548 von
der Stadt übernommen und 1559 zum Gymnasium
gemacht (Schattenmann 130f. — Schütz 5f.). -
Die Kirche blieb in kirchlichem Gebrauch - mit Un-
terbrechung im 19. Jahrhundert - als Nebenkirche
von St. Jakob (H. Weißhecker, Geschichte des
Franziskanerklosters und seiner Kirche zu Rothen-
burg. Rothenburg [1882]. - KDB Rothenburg
233-292).
53 = Dominikanerinnenkloster. Nach dem Tod der letz-
ten Nonne 1554 von der Stadt übernommen, heute
Museum. — Die Kirche wurde Nebenkirche von
St. Jakob und 1808 abgebrochen (Schattenmann
131 ff. - Schütz 2-5. - Das Nonnenkloster zu
Rothenburg. Rothenburg 1939.- KDB Rothen-
burg 454-504).

38 Sehling. Bd. XI, Franken

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