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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0630
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Rothenburg

Es soll aber alsdann denselbigen auch bei iren
pflichten uferlegt werden, was sie in solchem rat an-
hören und helfen beratschlagen, in geheimen bei inen
zu behalten und der ordenlichen publicierung erwar-
ten, die allein durch einen erbern rat beschehen soll.
Welcher gestalt die gemaine und grobe
haubtlaster möchten abgeschaffen
werden.
Darmit dem zukünftigen zorn Gottes begegnet und
den öffenlichen laster geweret und gesteuert, würt
hoch von nöten sein, das ein erbarer rat iren der-
halben ausgegangen ernstlichen edict47 und bevelch
wiederumb erneuren, in welchem auch möchte inse-
riert werden, was nach gehaltner inquisition, so vil
den gottesdienst, sonderlich aber die besuechung der
predigt gottesworts und des catechismi belangt, ein
erbarer rat von iren undertanen gehalten haben wöl-
len, als nemblich
das am son- und feiertagen zuvorderst Gottes wort
mit allem vleiß und ernst besucht und sonderlich die
jugent zu dem catechismo gehalten werden,
und das under der predig baids, des evangelii mor-
gens und nach essens des catechismi, nicht gestattet
werden offentliche zech, spilen, danzen oder uf offent-
lichen platz mit ergernus und anstoß anderer leu-
ten, sonderlich der armen jugend zu spacieren, son-
der, so einer je nicht wollt zum catechismo gen, doch
in seinem haus daheimen plibe,
das auch den jungen gesindlin nicht gestattet, son-
derlich zu sommerszeiten und unter dem catechismo
in das feld zu laufen, sonder zuvor auch ir predig
hören und ein stücklin des catechismi lernen.
Darmit aber obgesetzter laster halben ein schrek-
ken ins volk gemacht, möchte auch ein ernstliche
straf im gebot oder verbot vermeldet werden, und
sonderlichen den amptleuten ernstlich eingebunden,
daruber zu halten bei vermeidung eines erberen rats
schwere ungunst und strafen, die sie irer farlessig-
keit nach zu gewarten hetten.
Wo nun auf solich ernstlich gebot auch die könftig
47 = Anm. 45.
48 Über einen unmittelbaren Anlaß zur Einfügung die-
ser Gruppen ist zwar für diese Zeit nichts bekannt,
doch vgl. über die Wiedertäufer in Rothenburg
K. Schornbaum, Quellen zur Geschichte der

ernstlich visitation volgen und darüber gehalten, ist
kein zweifel, der Almechtig würde auch sein gnad
und gedeihen darzu geben, darmit widerumb neben
der gottesforcht auch christliche, eußerliche zucht
und erbarkeit gepflanzet würde. Demnach ein er-
barer weiser rat undertenig und ufs vleißigest um
Gottes willen gebeten sein soll, in dem fal an irem
vleis, ernst und christlichen eifer nichts erwinden zu
lassen, so sollen, ob Gott will, auch künftiglichen die
kirchendiener iren dienst mit mer vleis und ernst,
auch größern nutz der kirchen verrichten, dan bis
anher mochte geschehen sein.
Welcher gestalt mit den personen zu
handeln, so eintweder mit falscher lehr
und opinionibus, zaubereien etc. und
dergleichen greuln behaft oder anderer
ursachen halben sich vom heiligen
nachtmal oder predig gottesworts
abziehen.
So in einem flecken uf dem lande sich ein person
ungebüerlicher weis und uber der zeit der predig oder
des heiligen abentmals enthalten, soll zum ersten
mal der pfarrer solche person für sich güetlich er-
fordern lassen und so vil imer muglich uf das aller-
freundlichst ime zusprechen und von ime erkundigen
die ursachen, darumb er sich von der predig und
empfahung des heiligen abentmals abgezogen, und
so er befinden würde, das es aus keiner verfüerung
oder irriger opinion, sonder allein aus nachlessigkeit
oder feindschaft, so sich pflegen zu[zu]tragen, ge-
schehn, soll er soliche person solcher nachlessigkeit
ufs freundlichst underrichten, wie ein große sünd es
sei, das wort Gottes und sein bevelch in wind zu
schlagen, und wie gefahrlich es umb ein soliche per-
son stehe, wo sie in disen unvleis oder verachtung
solte unversehens absterben.
Wo aber die person mit einichigem irrtumb der
widerteufer48, schwenckfeldraern49 und sacramen-
Täufer 5 (Bayern II) (= Quellen und Forschungen
zur Reformationsgeschichte 23 V) Gütersloh 1951.
163 bis 238.
49 Anhänger des schlesischen Spiritualisten Kaspar
Schwenckfeld, der seit 1529 in Südwestdeutschland

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