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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0649
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VII 1 Kirchenordnung 1543

len alhier keine andere prediger und capeüan auf-
genomen und bestetiget werden denn die, so der
augspurgischen confession verwand und anhengig
sind und also irer lere und lebens halben gut zeug-
nus haben und auch zuvor drauf verhöret und exa-
minirt sein worden und zuvor an andern orten, des
göttlichen ampts treulich und fleißig gepflegt, da-
mit man nicht zweifele an irer lere.
Wie die prediger und capellan sich in die lere und
predigampt schicken sollen, ist on not ein neu be-
sondere ordnung zu steflen, weil hiervon in der ord-
nung des churfürstentumbs zu Sachsen40 und der-
gleichen uberaus mit großem fleis in der Nürenber-
ger ordnung41 gehandelt ist und gewiß gelerte pre-
diger on dise unser unterrichtung den sachen mit
Gottes hilf wol raten werden.
Es sollen aber die capellan auch gelerte, fromme,
züchtige männer sein und sich zu der arbeit christ-
lich und brüderlich vereinigen und keiner für sich
ein besonders machen oder anfahen und sollen im
ampt, reichung der sacrament und in der kinder-
predig halten die ordnung und ceremonien der kir-
chen zu Nürnberg also, das sie im catechismo keine
andere wort füren, sonder lassen es bleiben, wie zu-
vor das gefasset ist, auf das die kinder nicht irre
werden, sonder bei einerlei wort immerzu bleiben.
Es ligt nichts daran, obgleich etliche spotten wol-
ten und fürgeben, die cappellan künnen nichts dann
aus dem buche lesen, item: sie wöllen auch wol aus
dem buch lesen, etc.; denn man muß allhier nicht
auf die spötter sehen, sonder bedenken die liebe ju-
gent, die do bei uns als zur schule gehet und mit
großem vleis angefürt sol werden. So können sonst
in andern predigen die capellan irer kunst, wo es er-
forderet die not, wol brauchen. Doch sollen sie einen
methodum wissen und halten und nicht von der für-

40 Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kur-
fürstentum Sachsen 1528 (Sehling 1, 149-174).
41 Wahrscheinlich die Kirchenordnung von 1533 fun-
sereNr. III 4a) und nicht das Agendbüchlein (unsere
Nr. V 1).
42 Psalm 70, 2. - So beginnt - außer der Matutin -
jedes Tageszeitengebet.
43 Vgl. Anm. 9!
44 des jeweiligen Tages.
45 Gremeint ist eine in Schweinfurt einzuführende Ord-
nung im Sinn einer lectio continua.
46 Vgl. S. 336 Anm. 8!

genomen materi, wie etlich unwissende pflegen, wei-
chen, welchs je weder dem lerer noch dem zuhörer
nutz ist.
Wie man es auf den samstag zur vesper,
auf den sontag und durch die ganzen
wochen in der kirchen halten solle.
Auf den sambstag sol zu gewonlicher zeit wie für
alters, die vesper gehalten werden, das der capelan
anfahen sol: Deus in adiutorium etc.42, desgleichen
die antiphon43, drei lateinisch psalmen drauf folgen.
So soll auch der hymnus44, so ferne er rein ist, nicht
nachbleiben. Nach dem hymno sol der knaben einer
aus dem alten testament ein lection45 lesen. Doch,
so das capitel lang ist, mögen etwan zwen oder drei
knaben vom schulmeister verordenet werden. So-
fort sie nun die lateinisch lection gelesen haben, soll
der capellan dieselbige lection oder capitel teutsch
zum volk lesen mit der nürnbergischen summarien,
von Vito Theodoro beschrieben46, oder, wo man es
nach gelegenheit des volks für gut ansehe, brauchen
und nemen möchten47 die annotation uber das alte
testament von doctor Link48 ausgangen. Nach diser
lection fahet der schulmeister an das responsorium
und folgendes das Magnificat. Auf das Magnificat
folget die antiphon, lateinisch colecten und Bene-
dicamus.
Sontag zu morgens sol abermals zu gewonlicher
zeit die metten gehalten werden, das der capellan
anfahe49. Man mag zuweilen auf die sontage das
Venite50 singen, doch soll das auf die heilige feier-
tage nicht nachbleiben. Folgen die antiphon, drei
lateinisch psalmen, zwei responsoria oder drei lec-
tiones aus dem neuen testament, als das evangelion
von der dominica51, die epistel von der dominica und
47 Hier ist der Text nicht in Ordnung.
48 Das erst Teil des Alten Testaments, Annotationes
in die 5 Bücher Mosis; Das ander Teil ... in die
bücher Josua bis Hiob; Das dritt Teil ... in alle
propheten. Straßburg 1543. - Über W. Linck vgl.
S. 16 Anm. 12!
49 Nämlich mit dem Deus, in adiutorium . . . wie bei
der Vesper.
50 Psalm 95, 6. — Das sogenannte Invitatorium.
51 Nämlich die damals in der mittelalterlichen Kirche
gebräuchliche, im allgemeinen unsere heutigen alt-
kirchhchen Perikopen entsprechende Perikope.

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