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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0651
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VII 1 Kirchenordnung 1543

ordenet hat die christliche kirche, lieset. So wird
auch die lection nicht nach dem teglichen ge-
brauch und ordenung57 genommen, sondern, was
sich zum fest wol schickt, als da ist, das 7. capitel
aus dem propheten Isaia [11]: Et adiecit Dominus
loqui ad Achas, bis so weit [15]: eit sciat reprobare
malum et eligere bonum. Sol darnach vom capellan
zum volk teutsch mit den summarien gelesen wer-
den.
Morgens zur metten sol das Venite fein langsam
gesungen werden, drei psalmen, drei responsoria,
drei lectiones: die erste aus dem evangelisten Mat-
theo des ersten capitels [1-25]: Jesu vero Christi
nativitas sic habet bis zu end des capitels; die ander
beschrieben vom heiligen Luca am andern capitel
[1]: Factum est autem in diebus illis, exiit decretum,
ende [14]: hominibus bona voluntas; die dritte lec-
tion Joan. cap. 1 [1]: In principio erat verbum, ende
[14]: plenum gratia ac veritate. Der capellan soll die
erste lection aus dem Mattheo zur früpredig nemen
und predigen dem volk de usu et fructu nativita-
tis. Wie denn der engel auch ursach anzeigt und
spricht: Is enim salvum faciet populum suum a pec-
catis suis [Math. 1, 21]. Nach der predig soll man
singen: Te deum laudamus und das Benedictus
[Lulv. 1, 68-79], collecten, Benedicamus. Mit einem
deutschen gesang, so zum fest gehöret, soll man be-
schließen.
Es sollen auch die evangelia, aufs fest verordnet,
nit verruckt oder enthinder geschoben werden, wie
bisher aus sonderlicher neuerung etliche fürgenom-
men haben58, sondern nach ordnung des fests dem
volk mit besonderm großem vleis fürgetragen und
eingebildet werden. Es sollen auch die feinen, schö-
nen gesang, lateinisch und teutsch, so auf dis fest
vorzeiten gemacht, bleiben.
Zu mittag soll der prediger einen sermon tun, so
sich aller ding zum fest wol reimet, aus dem prophet
Isaia oder aus der epistel S. Pauli59.
Zur vesper am heiligen christag sollen die knaben
eine lateinisch lection lesen aus dem propheten Isaia
als nemlich aus dem 11. capitel [1]: Et egredietur
virga de radice Jesse, ende [10]: Ipsum gentes depre-
57 Nämlich die fortlaufende Lesung nach S. 632.
58 Wie es eben bei einer folgerichtigen Durchführung
der lectio continua geschah. - Es ist aber weder für

cabuntur. Der capellan soll darnach dise lection zum
volk teutsch lesen mit den summarien oder, wo er
lust hat, weiter erkleren.
Auf S. Stephanstag [26. Dez.].
Morgens zur metten das Venite, drei psalmen, drei
responsoria, drei lection. Die ersten zwo soll man
nemen aus dem 6. capitel und zu ende des sibenden
capitels der heiligen apostel Geschichte [Apg. 6,1-7,
59]. Die dritt lection aus dem 23. capitel Matthei
[34-39]: Ecce ego mitto ad vos prophetas bis zu
ende. Die früpredig soll der capeUan nemen aus dem
andern capitel des evangelii Luce [15]. Et pastores
loquebantur inter sese: Transeamus etc.
Zu mittag sol die schöne historia von S. Stephan
gepredigt und ausgelegt werden, wie sie vom hei-
ligen Lucas beschrieben ist [Apg. 6, 1-7, 59].
Zur vesper sol man zur lection nemen das siebend
capitel aus dem andern buch Samuehs [12]: Cum
dormieris cum patribus tuis etc. und darnach teutsch
dem volk fürgelesen werden mit den summarien.
Auf S. Johanstag [27. Dez.].
Morgens frü zur metten das Venite, antiphon, drei
psalmen, drei responsoria, drei lectiones. Die erste
aus der epistel an die Hebreer. cap. 1 [1-12]: Deus
olim multiphariam multisque modis locutus patri-
bus per prophetas. Ende: Et anni tui non deficient.
Die ander aus dem andern capitel ad Titum [11-14]:
Apparuit gratia Dei, ende: sectatorem bonorum
operum. Die dritte Joan. ultimo [21,19]: Et cum hoc
dixisset, dicit ei, sequere me. Zur frü predig soll der
capelan das evangelion Johanis für sich nemen [1,14]:
In principio erat verbum etc. Und etliche lere hier-
aus aufs aller kurzest ziehen, domit das volk auch
etwas davon bringe.
Zu mittage mag man einen text nemen aus dem
propheten Isaia, so sich zum fest wol schicket, oder
das erste capitel zu den Hebreer oder aus dem vier-
ten capitel Matthei vom beruf Johannis [21].
Zur vesper sol man lesen die lection, aus dem
49. capitel des ersten buchs Mose [10]: Non aufe-
Nürnberg noch für Brandenburg wahrscheinlich, daß
man dort so weit ging. Sutel muß also etwa an Zürich
denken. 59 Wie etwa Gal. 4,4 ff.

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