VII 1 Kirchenordnung 1543
treulich warnen für den neuen Arianer71 und für iren
gottslesterigen, giftigen büchern.
Zur vesper wird eine lection aus dem alten testa-
ment, wie es die ordnung72 bringt, gelesen. Man sol
aber gleichwol das symbolum Athanasii noch ein-
mal dem volk fürlesen und ernstlich vermanen, bei
disem glauben und bekentnus fest zu bleiben.
Auf der apostel und ander heiligen tag
sol es gleich mit singen, lesen und predigen nach der
ordnung gehalten werden, wie droben vom sontage
verzeichnet ist. Zur metten singe man das Venite,
drei antiphon, drei psalmen de apostolis, wie man
sie im gesangbuch73 verzeichnet hat, drei respon-
soria. Doch sollen sie mit fleis ubersehen werden, das
sie rein seien, und, wo mangel were, neme man res-
ponsoria von der dominica74. Man halte auch drei
lectiones, die epistel des heiligen tages, darnach das
evangelion, auch vom selbigen tage. Die dritte lec-
tion neme man aus dem evangelio oder aus der epi-
stel, so der capellan nach der ordnung pflegt des
morgens zu predigen.
Die früpredig soll der capellan nemen aus dem
evangelio oder epistel, so er bereit auf die sontag
und werkentage pflegt zu predigen.
Zur vesper bleibt auch die lection des alten testa-
ments, so man bereit nach der ordenung in henden
hat, mit den summarien Viti Theodori.
71 Die antitrinitarischen Gedanken des Arius (um 310
in Alexandrien, gegen die sich damals vor allem
Athanasius, dann auch das Nicänische Glaubens-
bekenntnis[Bekenntnisschriften26f.] gewandthatte),
wurden in der Reformationszeit zuerst wieder 1527
in den Täufern nahestehenden Kreisen in Augsburg
geäußert (Fr. Koth, Augsburgs Reformationsge-
schichte 1 [München 1901] 265f. - BbKG 2 [1896]
131 [ = ARG 13 <1916) 154f.]. Man darf diese Artikel
aber nicht als die täuferischen Nikolsburger Artikel
bezeichnen: W. Wiswedel, Die Nikolsburger Ar-
tikel, in: ZbKG 13 [1938] 34-46). - Öffentlich und
literarisch wurden sie dann von Michael Servet in
seinen De trinitatis erroribus libri VII (1531) ver-
treten (über diesen Lachenmann in: RE 18, 228
bis 236. - Schottenloher 19 893-19 970).
72 Nämlich die gewählte fortlaufende Lesung.
73 Nämlich in dem handschriftlich dem Chor vorliegen-
den Antiphonar.
Wie man taufen soll.
So manchs land, so manche sitte, und ist on das,
meister klüglin so ein fürwitziger man, das ers mit
niemands halten kan. Das erscheinet auch aus dem,
daß etliche haben eigen besondere taufbüchlein75
und so leichtfertig mit der tauf umbgehen, das man
je sehen, fülen und greifen mus, das bei solchen leu-
ten kein erst, noch gottsforcht ist. Weil wir aber je
so leren und leben sollen, das andere leute auch draus
gebessert werden, so sol die taufe bei uns gar ehr-
lich und mit sonderlicher großer forcht Gottes und
reverenz gehandelt werden und domit wir bei einer-
lei form, weise und wort stetes bleiben, so sollen die
capellan bei der nürnbergischen ordenung76 ge-
richts77 bleiben und daraus, zu verhüten ergernus
und mancherlei unnütze rede, nicht schreiten. Do-
selbst findet man gute christliche vermanung bei der
taufe, das sie auch nicht wol zu besseren sein. Auch
darbei die form, wie man taufen sol. Wie man es
auch mit den kindern, so durch die hebammen oder
sunst von jemand anders in der not jachtaufet sind,
halten solle, wird man im agendbüchlein, so der wür-
dige, wolgelerter herre, Er78 Vitus Dieterich, predi-
ger zu Nürnberg, hat ausgehen lassen, gnugsam be-
richt finden79, darnach sich auch alhier die capellan
wissen zu halten. Es sol auch durch die capellan,
wie im selbigen büchlein beschrieben, den hebam-
men angezeigt werden, wie sie tun sollen mit der
74 Nämlich dem vorhergehenden Sonntag.
75 Gedacht könnte hier sein an die Taufordnung Tho-
mas Münzers von 1524 (Sehling 1, 504), a.n Zwing-
lis Ordnung von 1525 (CR 91 [= Zwingli 4] 680 bis
683) und an die Augsburger Forma von 1537
(J. Hans, Die ältesten evangelischen Agenden
Augsburgs, in: BbKG 1 [1895] 145-171), aber wohl
schon kaum mehr an die Ordnung von Schwäbisch
Hall 1543 (Richter 2, 15). - Zur Entwicklung der
evangelischen Taufordnung: J. W. Höfling, Fr.
Das Sakrament der Taufe. 2 (Erlangen 1859) 50 bis
148. — Rietschel 560-575.
76 Siehe unsere Nr. V 1 S. 505f.!
77 = geradeswegs (Schmeller 2, 34. - Grimm 4 I
3654).
78 Aus ,,Herr“ verkürzt ( Schmeller 1,122. - Grimm
3, 52. 692).
79 Siehe oben Nr. V 1, S. 506ff.!
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treulich warnen für den neuen Arianer71 und für iren
gottslesterigen, giftigen büchern.
Zur vesper wird eine lection aus dem alten testa-
ment, wie es die ordnung72 bringt, gelesen. Man sol
aber gleichwol das symbolum Athanasii noch ein-
mal dem volk fürlesen und ernstlich vermanen, bei
disem glauben und bekentnus fest zu bleiben.
Auf der apostel und ander heiligen tag
sol es gleich mit singen, lesen und predigen nach der
ordnung gehalten werden, wie droben vom sontage
verzeichnet ist. Zur metten singe man das Venite,
drei antiphon, drei psalmen de apostolis, wie man
sie im gesangbuch73 verzeichnet hat, drei respon-
soria. Doch sollen sie mit fleis ubersehen werden, das
sie rein seien, und, wo mangel were, neme man res-
ponsoria von der dominica74. Man halte auch drei
lectiones, die epistel des heiligen tages, darnach das
evangelion, auch vom selbigen tage. Die dritte lec-
tion neme man aus dem evangelio oder aus der epi-
stel, so der capellan nach der ordnung pflegt des
morgens zu predigen.
Die früpredig soll der capellan nemen aus dem
evangelio oder epistel, so er bereit auf die sontag
und werkentage pflegt zu predigen.
Zur vesper bleibt auch die lection des alten testa-
ments, so man bereit nach der ordenung in henden
hat, mit den summarien Viti Theodori.
71 Die antitrinitarischen Gedanken des Arius (um 310
in Alexandrien, gegen die sich damals vor allem
Athanasius, dann auch das Nicänische Glaubens-
bekenntnis[Bekenntnisschriften26f.] gewandthatte),
wurden in der Reformationszeit zuerst wieder 1527
in den Täufern nahestehenden Kreisen in Augsburg
geäußert (Fr. Koth, Augsburgs Reformationsge-
schichte 1 [München 1901] 265f. - BbKG 2 [1896]
131 [ = ARG 13 <1916) 154f.]. Man darf diese Artikel
aber nicht als die täuferischen Nikolsburger Artikel
bezeichnen: W. Wiswedel, Die Nikolsburger Ar-
tikel, in: ZbKG 13 [1938] 34-46). - Öffentlich und
literarisch wurden sie dann von Michael Servet in
seinen De trinitatis erroribus libri VII (1531) ver-
treten (über diesen Lachenmann in: RE 18, 228
bis 236. - Schottenloher 19 893-19 970).
72 Nämlich die gewählte fortlaufende Lesung.
73 Nämlich in dem handschriftlich dem Chor vorliegen-
den Antiphonar.
Wie man taufen soll.
So manchs land, so manche sitte, und ist on das,
meister klüglin so ein fürwitziger man, das ers mit
niemands halten kan. Das erscheinet auch aus dem,
daß etliche haben eigen besondere taufbüchlein75
und so leichtfertig mit der tauf umbgehen, das man
je sehen, fülen und greifen mus, das bei solchen leu-
ten kein erst, noch gottsforcht ist. Weil wir aber je
so leren und leben sollen, das andere leute auch draus
gebessert werden, so sol die taufe bei uns gar ehr-
lich und mit sonderlicher großer forcht Gottes und
reverenz gehandelt werden und domit wir bei einer-
lei form, weise und wort stetes bleiben, so sollen die
capellan bei der nürnbergischen ordenung76 ge-
richts77 bleiben und daraus, zu verhüten ergernus
und mancherlei unnütze rede, nicht schreiten. Do-
selbst findet man gute christliche vermanung bei der
taufe, das sie auch nicht wol zu besseren sein. Auch
darbei die form, wie man taufen sol. Wie man es
auch mit den kindern, so durch die hebammen oder
sunst von jemand anders in der not jachtaufet sind,
halten solle, wird man im agendbüchlein, so der wür-
dige, wolgelerter herre, Er78 Vitus Dieterich, predi-
ger zu Nürnberg, hat ausgehen lassen, gnugsam be-
richt finden79, darnach sich auch alhier die capellan
wissen zu halten. Es sol auch durch die capellan,
wie im selbigen büchlein beschrieben, den hebam-
men angezeigt werden, wie sie tun sollen mit der
74 Nämlich dem vorhergehenden Sonntag.
75 Gedacht könnte hier sein an die Taufordnung Tho-
mas Münzers von 1524 (Sehling 1, 504), a.n Zwing-
lis Ordnung von 1525 (CR 91 [= Zwingli 4] 680 bis
683) und an die Augsburger Forma von 1537
(J. Hans, Die ältesten evangelischen Agenden
Augsburgs, in: BbKG 1 [1895] 145-171), aber wohl
schon kaum mehr an die Ordnung von Schwäbisch
Hall 1543 (Richter 2, 15). - Zur Entwicklung der
evangelischen Taufordnung: J. W. Höfling, Fr.
Das Sakrament der Taufe. 2 (Erlangen 1859) 50 bis
148. — Rietschel 560-575.
76 Siehe unsere Nr. V 1 S. 505f.!
77 = geradeswegs (Schmeller 2, 34. - Grimm 4 I
3654).
78 Aus ,,Herr“ verkürzt ( Schmeller 1,122. - Grimm
3, 52. 692).
79 Siehe oben Nr. V 1, S. 506ff.!
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