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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0683
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[VIII 2.] Ungefärlicher begriff des kirchenregiments ordnung
und bestellung, auf verbesserung gestellet.

[Vom pfarrherrn.]
Nachdeme sich ein erhar rat bei beställung des
kirchenambts erinnert, daß, obwol das pfarrlehen
dem closter oder stift Wülzburg, gleichwohl mit maß,
zuständig1, daß doch nach anleitung und hailsamer
verordnung des im heil[igen] röm[ischen] reich teut-
scher nation beschlossenen und hochverpaenten reli-
gionfridens2 die vocation und bestellung der kirchen-
und schuelämbter, der kirchenordnungen, ceremo-
nien und gebreuchen und in summa das jus ordinarii
besagtem einem erb[arem] rat als einem unmittel-
baren stand und demnach als ordinario zuestehet,
aignet und gebürt und aber etzlich jar hero solch jus
und gerechtigkeit in mißverständ gezogen werden
wollen3, solchem aber inskünftig zu fürkommen4, so
hat ein erb[arer] rat sich verglichen, daß so oft eines
pfarrherrn oder eines andern kirchendieners und dia-
coni oder caplans stelle inskünftig durch zeitlichen
tod oder in anderer weg erledigt würdet, daß ein er-
b[arer] rat desselben abgegangenen oder abgestan-
denen stelle mit einer andern tauglichen, gelerten
und zum kirchenampt qualificirten person ersetzen
und bestehen solle5.
Und damit ein jeder künftiger pfarrherr, diacon
und caplan wissen möge, wessen er sich bei und nach
solcher bestellung sowol in verrichtung des kirchen-
ambts, ceremonien, gebreuchen und andern dem-

Druckvorlage: Abschrift des 17. Jahrhunderts
(Papier, folio, 8 Blätter. — Weißenburg Stadtarchiv A
3085).
1 Vgl. die Einleitung.
2 Von 1555. - Dort wird diese Frage zwar nicht eigens
behandelt, die hier geschilderte Rechtsauffassung
aber stillschweigend zugrunde gelegt (M. Simon,
Der Augsburger Religionsfriede. Augsburg 1955.
54f. 71. 84).
3 Von eigentlichen Streitigkeiten zwischen Branden-
burg-Ansbach als Nachfolger des Stiftes Wülzburg-
Weißenburg ist aber nichts bekannt. Sie bezogen sich
auch mehr auf die Besoldung des Pfarrer (NLA
Markgräfliches Dekanat Wülzburg 309).
4 = zuvorzukommen, solches zu verhindern (Schmel-
ler 1, 1248).

selben angehörig, insonderheit aber in empfahung
des pfarrlehens bei den inhabern des stifts Wülzburg
in allem verhalten solle,
so ist anfänglich zue wissen: dieweil mehr besagter
ein erb[arer] rat für sich, ihre kirchen und gemeind
zu den heiligen prophetischen und apostolischen
schriften alten und neuen testaments als Gottes heil-
samen unverwandelbaren worts und willens und
dann zu den dreien symbolis oder glaubenbekent-
nussen, nemblich der apostel, Nicaenischen und
Athanasii6, item zu der reinen unverfälschten augs-
burgischen confession7, derselben darüber gestellten
apologia8 und Schmalkaldischen articuln9 und cate-
chismi Lutheri10, als solchen schriften und bekant-
nussen, die aus grund Gottes wort gezogen, mit den
schriften alten und neuen testaments gleichstümmig,
sowol und nit wenig[er] als alle christliche churfür-
sten und stände augsburgischer confession im rech-
tem eigentlichen verstand derselben zugetan, sich
sambt iren kirchen und schulen einhelliglich und
christlich bekennen und unterschriben haben, mit
faust und mund bekennet und unterschriben hat [!]11
und bei dieser irer religion bekentnus bis ins ende
zu beharren gemeint, so soll und wird sich er, pfarr-
her, aus Gottes wort zu berichten wissen, inmaßen
er auch dessen bei der ordentlichen, würklichen in-
vestitur durch einen erb[aren] rat in gegenwart der
andern kürchendiener ermanet werden soll, daß, ob
5 Das wichtigste Stück wird hier nicht gesagt, daß
nämlich der Pfarrer praktisch doch durch Ansbacb
ernannt wurde, wasWeißenburg als Präsentation an-
sah und gelten ließ. Anderseits gewährte Branden-
burg der Reichsstadt auch ein Benennungsrecht, das
praktisch auf eine Präsentation hinauslief (NLA
Markgräfliches Dekanat Wülzburg 309).
6 Bekenntnisschriften 21—30.
7 Bekenntnisschriften 31-138.
8 Bekenntnisschriften 139—404.
9 Bekenntnisschriften 405—468.
10 Bekenntnisschriften 499—733.
11 Schon um den 15. Juli 1530 (vgl. die Einleitung).

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