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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0685
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VIII 2 Kirchenregimentsordnung um 1590

Er solle sich auch schließhch gegen dem ministe-
rio, einen erb[arn] rat, kirche und gemaind fein be-
scheiden, glimpflich und freundlich verhalten, da-
mit er nit unnötigen unwillen auf sich lade oder sich
verhaßt mache.
Dagegen, da er solch sein ampt in lehr und pre-
digt obgesetzter maßen aus und nach Gottes wort
mit christlicher beschaidenheit anstehet und ver-
richtet, soll er durch einen erb[arn] rat daran nit
allein nit gehindert, sondern vil mehr dobei und dor-
über nach eines erb[arn] rats vermögen geschützt
und beschirmt werden.
[Von den andern prädikanten17.]
Die andern prädicanten sollen gleichfalls durch
einen erb[arn] rat bestöllet18 und in solcher bestal-
lung fürnemblich mit allen vleiß dahin getrachtet
und gearbeitet werden, damit solche qualificirte leut,
so in gottesfurcht, in christlicher lehr, rain, lehrhaft,
unäergerlich, gelärt und mächtig seien, nach der lehr
Pauli, zu vermanen durch die heilsame lehr und zu
strafen die widersprecher [Tit. 1,9].
Und diese sollen gleicher gestalt dem predigtampt,
wie hieoben verordnet, abwarten, was ir jeder in den
wochenpredigten für sondere materien will fürneh-
men, zuvor mit dem pfarrherrn und dem andern ver-
gleichen, nit zue lang in einer materie und text zu
verdruß der kirchen verharren und sich der kürz zu
befleißen, die zuhörer desto lustiger zu behalten, da-
mit die christliche gemaind so viel desto mehr an-
geraizet werde, die predigten Gottes worts unnach-
leßlich an den werktagen sowol als an den feiertägen
zu besuechen.
Sie sollen auch alle zu der catechismipredigt ver-

17 Unter den Prädikanten ist, wie sich schon aus dem
Wortlaut ergibt, kein eigentlicher Prediger verstan-
den, sondern sind die beiden Diakone gemeint.
18 Und zwar unmittelbar ohne ein brandenburgisches
, ,Präsentations‘ ‘recht.

bunden sein und dieselben, wie sie verordnet, nach-
einander verrichten, einer den andern...19 woe nit,
willig und gern vertreten.
Woe sie zu dem consistorio, schulen oder derglei-
chen verordnet, sich willig dazue gebrauchen lassen,
die examina zu gewöhnlicher zeit fürnehmen, actus
der schuelen neben den von rat wegen darzu ver-
ordenten inspectorn um mehreres ansehens willen
bei der jugend besuchen, einen feinen, nüechternen,
unsträflichen wandel allenthalben füren.
Sie sollen auch einer umb den andern nach an-
gestellter ordnung das ampt mit lesen, beichthören,
absolution, raichung des sacraments, kindtaufen,
einlaitung der hochzeiten, leichpredigten und an-
dern, was dem diaconat anhängig, füren. Der kin-
der sollen sie nit zwei oder drei lassen zusammen-
kommen, sondern wie eins nach dem andern zur kir-
chen gebracht fein verständiglich, andächtig und be-
scheiden taufen und niemands darinnen aufziehen20.
Und schließlich sollen sie untereinander fein, frid-
lich, ainig und brüderlich leben, einen unsträflichen
wandel füren, ihr ganz ambt ehrerbietig in gottes-
furcht und mit andacht handeln, der gemaind mit
eilen und anderer unbescheidenheit, daß sie auch die
ersten aus der kirchen sein, nit ärgernus geben, was
inen bedänkliches bei der absolution, communion
oder andern fürfällt, an den pfarrherrn oder an einen
erb[arn] rat umb gebürliche resolution gelangen las-
sen und also diese ordnung in allem getreulichen flei-
ßes geleben.
Doch behelt ime ein erbarer rat bedinglich bevor,
diese ordnung in ainem oder mehr puncten nach
christlicher besserer erinnerung zu mehren oder gar
aufzuheben und von neuem fürzunemen.
Zu urkund.

19 Die Vorlage hat hier offensichtlich eine oder mehrere
Zeilen ausgelassen, soferne nicht ,,nit“ ein Ab-
schreiberversehen für ,,not“ sein sollte.
20 = hinhalten, zu lange warten lassen.

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