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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0728
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Grafschaft Wertheim

III. Das gebet,
welches Christus seine jünger gelehret hat:
Vater unser, der du bist im himmel. Geheiliget
werde dein name! Zukomme dein reich! Dein
wille geschehe auf erden wie im himmel! Unser täg-
lich brot gib uns heut und vergib uns unser schuld,
als wir vergeben unsern schuldigern, und führe uns
nicht in versuchung, sondern erlös uns von dem übel;
dann dein ist das reich und die kraft und die herr-
hchkeit in ewigkeit. Amen.
IV. Von der einsetzung der tauf:
Als der Herr Jesus wolte gen himmel fahren, sagt
er zu seinen jüngern: Gehet hin in alle welt und pre-
digt das evangelium allen völkern und lehret sie
halten alles, was ich euch befohlen habe, und taufet
sie in dem namen des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes! Wer da glaubt und getauft
wird, der wird selig. Wer aber nicht glaubt, der wird
verdammt.
e
V. Von dem nachtmahl des Herrn.
Unser Herr Jesus Christus in der nacht, da er ver-
raten ward, nahm er das brot, danket und brachs
und gabs seinen jüngern und sprach: Nehmet hin
und esset! Das ist mein leib, der für euch gegeben
wird. Solches tut zu meinem gedächtnus!
Desselbigengleichen nahm er auch den kelch nach
dem abendmahl und sprach: Nehmet hin und trin-
ket alle daraus! Das ist der kelch des neuen testa-
ments in meinem blut, das für euch und für viel ver-
gossen wird zur vergebung der sünden. Solches tut,
so oft ihrs trinket, zu meinem gedächtnus!

e Hasloch und Kobe, Agende 16 haben hier - wohl
unter Einfluß von V. Dietrichs Agendbüchlein -
auch noch das Wort vom Amt der Schlüssel (oben
S. 501).
2 Die Annahme (Kobe, Kirchenordnung 11), daß es
sich im vorstehenden um einen selbständigen, vor
dem eigentlichen Sonntagsgottesdienst abgehaltenen
Katechismusgottesdienst handle, erscheint unbe-

Hierauf verkündiget man die brautleuth drei son-
tag nach einander.
Item: Wo etwan ein feiertag in der wochen gefält,
den verkündigt man auch nach verlesung der summa
christlicher lehr2.
Ordnung der taufe.
Lieben freunde Christi! So wir allhier versamlet
seind im namen des Herrn zu diesem göttlichen werk
der tauf, so sollen wir wissen, was wir tun,
nemlich: daß wir dis kindlein bringen zu Christo
nach seinem befehl Marci am 10. [14f.]: Lasset die
kindlein zu mir kommen und wehrets ihnen nicht;
dann solcher ist das reich Gottes. Wahrlich ich sage
euch, wer nit das reich Gottes empfäht als ein
kindlein, der wird nicht hinein kommen:
Auf diese seine wort sollen wir bauen und hoffen,
er werde dis kind erlösen vom reich des Satans,
welchem es verbunden ist der erbsünde halber, er
werd auch dis kind zu sich nehmen in sein reich,
mit dem Heiligen Geist und christlichem glauben be-
gaben. Und so uns Christus so hochwürdiget, daß er
uns hierinnen gebraucht zu seinem werkzeug, so sol-
len wir ernstlich und fleißig darzu sein und uns die-
ses kindleins erbarmen und ihm mitteilen drei ding,
nemblich: lehr, gebet und tauf.
Es stehet aber unser lehr in zweien stücken: im ge-
setz und evangelio.
Das gesetz ist in den zehen geboten verfasset.
Das erste: Du solt keine andere götter neben mir
haben.
Das andre [wie vor S. 709, daher nicht abgedruckt].
Aus diesem Gesetz erkennen wir unsere sünde und
böse art, daß wir dem gesetz so ungleich sein und
so bös, daß wir auch nit vermögen, das gesetz zu
erfüllen, darumb wir als übertreter zur verdamnus
verurteilet sind.
Das evangelium zeigt uns Gotts gnade, aus wel-
gründet, zumal dann ja die näheren Angaben über
den Hauptgottesdienst fehlen würden. Vielmehr liegt
hier einfach die Gottesdienstordnung vor, wie sie
aus dem mittelalterlichen Predigtgottesdienst er-
wachsen ist und etwa auch in Veit Dietrichs Agend-
büchlein auf dem Lande, wo nicht Schüler sind (oben
S. 500 ff.), eingerichtet wurde. Die Verlesung dieser
Hauptstücke im sonntägigen Hauptgottesdienst
wurde erst um 1675 abgestellt (Kobe, Agende 17).

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