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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0022
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liche Vereinigung so lange hin, bis er angreifen konnte. Nun schlugen auch die Bauern, die sich verraten
fühlten, los. Es war von vornherein aussichtslos. Am 4. April mußte sich Leipheim dem Bund ergeben.
Der Prediger Jakob Wehe wurde sofort hingerichtet. In Kaufbeuren wurde ein altgläubiger Bürgermei-
ster gewählt, der die evangelischen Geistlichen vertreiben ließ und einen starken Rückschlag für ihre
Kreise heraufbeschwor. Kaum geringer war er in Memmingen. Dort wurden alle evangelischen Geist-
lichen ausgeschaltet. In Augsburg und Dinkelsbühl wurden gleichfalls die Vertreter der alten Richtung
gestärkt und die der neuen geschwächt. Lediglich in Kempten kam es zu einer Stärkung der evangelischen
Bewegung: der in die Stadt geflüchtete Abt verkaufte dieser seine Patronatsrechte auf die Pfarrei. Frei-
lich mußte Kemptens Prediger Matthias Weibel den Märtyrertod sterben.
Diese Schwierigkeiten, wie sie aus der tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindung der reforma-
torischen Bewegung mit sozialen Unruhen erwuchsen, waren in Schwaben um so bedrohlicher als ein
überragender Führer überhaupt fehlte und darüber hinaus noch sehr ernste innerkirchliche und theolo-
gische Auseinandersetzungen entstanden waren. Die rege Verbindung mit der Schweiz ließ in den
meisten Städten zwinglische Regungen aufkommen. Sie wirkten sich in Augsburg, Lindau, Memmingen,
Kempten und Nördlingen in Bilderstürmen aus, brachten aber vor allem Predigtfehden zwischen den
Geistlichen der verschiedenen Richtungen. Im Volke warben die Täufer für ihre Gedanken. Pfingsten
1526 wurde durch Hubmaier, Denck, Hut und Hätzer eine Täuferkirche gegründet. 1527 hielt sie hier
ihre große Synode, die weitgehende, aber rasch im Blut erstickt Missionspläne faßte.
Die Lage der Gemeinden erhellt recht anschaulich aus einem Bericht, den 1531 der Pfarrer im
ulmischen Leipheim erstattete:
,,Er find viererlei glauben daselbst; die pepstler leben weder dem iren noch dem neuen wesen nach.
Er find ain lauterischen [ = lutherischen] glauben, namblich die loderer7; so vil das sacrament belangt,
wöllen [sie] flaisch und plut haben und gangen nit an die predig; in iren heusern predigen si under
der predig. Er befind ain glauben, die den wiedertauften hold sein; das si sich aber taufen lassen und ir
sect halten, das wiß er nit..., si gangen selten in die predig und halten auch predig in iren heusern. Die
viert secte seien die rechten evangelischen [=Zwinglianer], der eine kleine anzal und namblich 50 seien“. 8
Trotzdem ging die Entwicklung auch im organisatorischen Ausbau weiter, jetzt freilich weniger
unter dem Einfluß von Wittenberg als unter dem von Zürich - vor allem auf dem Umweg über Straßburg,
von wo aus Martin Bucer9, der - ein Lutheraner eigener Prägung- wie kein anderer damals um die Ein-
heit der reformatorischen Bewegung rang, besonderen Einfluß übte, und über Konstanz, das immer wie-
der Ambrosius Blarer10 und Johann Wanner11 zur Verfügung stellte. Das galt sogar von Augsburg, wo
7 = Lodenweber. 8 W. Dietlen, Beiträge zur Geschichte der Reformation in Schwaben, in: BbKG 4 (1898) 263.
9 * 1491 Schlettstadt, 1506 Schlettstadt Dominikaner, 1517 Heidelberg Dominikaner und Universitätsdozent, 1518
Anhänger Luthers, 1521 als Weltpriester Sickingens Kaplan auf der Ebernburg, 1522 Landstuhl Pfarrer, 1523
Straßburg Helfer im Münster, 1524 St. Aurelien Pfarrer, 1529 St. Thomä Pfarrer, 1541 Superintendent, 1549 in-
folge des Interims entlassen, Mitarbeiter Thomas Cranmers in Canterbury, 1550 Cambridge Professor — † 1551.
Unter Maria der Blutigen von England die Leiche ausgegraben und öffentlich verbrannt. — Weit über Straßburg,
ja Deutschland hinaus tätiger Führer der Reformation (Grünberg, in RE 3, 603-612. - Gv. Aurich, M. Bucer.
Straßburg 1914. - H. Bornkamm und R. Stupperich, Martin Bucers Bedeutung für die europäische Refor-
mationsgeschichte. Bibliographia Bucerana (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 169). Gütersloh
1952. — ND B 2, 695f. - Schottenloher 2230—2292. — Bopp Nr. 677 und Nachtrag.
10 * Konstanz 1492. - Patrizierssohn. Nach Studium in Tübingen 1514 Benediktinermönch in Alpirsbach. Seit
1520 evangelisch, trat er 1522 aus. 1525 Konstanz Vesperprediger mit ausgedehnter Reformationstätigkeit in Ober-
schwaben, besonders in Memmingen, 1534 Stuttgart Reformator für Südwürttemberg, Schöpfer der Wittenberger
Konkordie (1536), 1538 Konstanz Prediger mit Tätigkeit in Augsburg, Kempten und anderswo, 1548 als Gegner
des Interims vertrieben, Prediger an verschiedenen Orten der Schweiz, besonders in Winterthur - † 1564. - Dichter
verschiedener Kirchenlieder (Bossert, in: RE 2, 251-254; 23, 231f. - Schottenloher 1306-1336. - NDB 2,
28 7f.).
11 (Vannius) Aus Kaufbeuren. — 1520 Kaufbeuren Prediger, 1521 Mindelheim Pfarrer, 1521 Konstanz Münster-
prediger, 1524 als evangelisch entlassen, Konstanz St. Stephan evangelischer Prediger, hilft wiederholt in Kauf-

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