Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0037
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
war, nachdem er wegen seiner evangelischen Predigt aus Wasserburg hatte weichen müssen, in Witten-
berg gewesen, aber weniger bei Luther als bei Karlstadt. Nun war in ihm ein Volksprediger von starker
Anziehungskraft in die Stadt gekommen.
Der Bauernkrieg brachte auch in Augsburg innere Rückschläge. Die Sache des Evangeliums
schien mit Aufruhr und Empörung verbunden zu sein; so wurden die Anhänger des Alten ermutigt und
gestärkt, mindestens mit zugkräftigen Schlagworten bewaffnet und manche von den Evangelischen wurden
bedenklich. Vollends schieden sich nun von der reformatorischen Bewegung die Männer, die in erster
Linie humanistisch, aber nicht religiös interessiert waren. Veit Bild19 und Domprediger Speiser20 zogen
sich zurück. Peutinger wurde wenigstens zurückhaltend. Der Rat aber stellte 1525 zwei weitere Prediger
bei St. Anna an: Johann Frosch, der soeben die Ehe geschlossen hatte, und Stephan Kastenbauer21,
den Rhegius zu Hilfe gerufen hatte. Er gab auch Ende des Jahres dem Ansuchen des Karmeliterprovin-
zials Virginius, ihm die sich evangelisch haltenden bisherigen Karmeliter auszuliefern, nicht statt. Der
Konvent gab nun bei dieser Gelegenheit eine öffentliche Verteidigung seines Schrittes in Druck22.
In den nächsten Jahren überließ der Rat den Evangelischen der anderen Gemeinden die in seiner
Verwaltung stehenden gottesdienstlichen Räume (Predigthäuser) neben Heilig Kreuz, St.Georg und
St. Ulrich. Die dafür nötigen Prediger besoldeten aber die Evangelischen selbst23.
Beide Gestalten des Altarsakraments wurden gewiß schon seit wenigstens 1524 ausgeteilt, wie
auch Taufen deutsch gehalten wurden. Als Tag der 1. allgemeinen öffentlichen Abendmahlsfeier nach
evangelischer Form wird für die Annakirche unter Frosch und Rhegius der Weihnachtstag 1525 ge-
nannt24. Es ist aber nicht anzunehmen, daß der lebhafte Streit über das rechte Verständnis des Abend-
mahls in diesem Jahre geführt worden wäre, ohne daß der Schüler Karlstadts, Michael Keller, in der
Barfüßerkirche schon dazu übergegangen gewesen wäre25.
Während Franken stets in Verbindung mit der sächsischen Reformation blieb, wurde in Augsburg
der anfängliche Einfluß Luthers bald durch den der nicht nur räumlich, sondern auch stammesmäßig
näher stehenden Schweizer übertönt. Sobald im Frühjahr 1525 der Streit um die Abendmahlslehre zum
Ausbruch kam, trat Keller auf Zwinglis Seite. Er eroberte das Volk für seinen Meister; die Pfarrer von
St. Georg und Heilig Kreuz schlossen sich ihm an. Im Herbst gewann Zwingli sogar Kellers bisher
entschiedenen Gegner, Urban Rhegius, dessen Gottesdienste ihre Besucher ganz an Kellers Predigten ab-
gegeben hatten. Haug Marschalk trat in seinen Flugschriften für die Schweizer ein. Eitel Hans Langen-
mantel26 und der Karmeliter Joh. Landsberger27 gesellten sich ihm zu. Der Drucker Ulhart28 stellte
19 Roth 1, 293. 20 Roth 1, 276.
21 *Abensberg 1491. — Um 1514 Wien Augustinereremit, Universitätsdozent und -prediger, 1517 Bologna Universi-
tätsdozent, 1519 Regensburg Klosterlektor, 1520 Rattenberg am Inn im Augustinerkloster, Dezember 1522 wegen
evangelischer Predigt gefangen (zuletzt in Mühldorf), 1524 frei, 1525 Augsburg St. Anna Städtischer Prediger,
1531 als strenger Lutheraner entlassen, 1531 Hof an der Saale Prediger, 1543 Sulzbach Pfarrer, 1545 Eisleben
Prediger - † 1547 (Rein 8.-Franz Datterer, Des Cardinals und Erzbischofs von Salzburg Matthäus Lang Ver-
halten zur Reformation [von 1519 bis 1525]. Freising 1890 (Erlanger Phil. Diss.}. 29jf. — Willib. Hauthaler,
Cardinal Matth. Lang und die religiössoziale Bewegung seiner Zeit, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger
Landeskunde 36 [1896] 322-329. 337-349. - Franz Schmid, Des Cardinals und Erzbischofs von Salzburg Matthäus
Lang Verhalten zur Reformation, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Geschichte des Protestantismus in Österreich 20
[ 1899] 166—184. — Matth. Simon, Wann war der erste evangelische Gottesdienst in Sulzbach?, in: ZbKG 27 [ 1958]
1—6; Zur Lebensgeschichte des St. K. und der Person des Agricola Boius, in: ZbKG 30 [ 1961 ] 168-174.
22 Grund und ursach aus göttlichen rechten, warumb prior und convent in St. Annen closter zu Augsburg ihren
stand verändert haben 1526. - Schott 9 (1882) 260f.
23 Roth 1, 296.
24 Schott 9, 260. 25 Was auch Sender 154 berichtet.
26 ADB 17, 670f. —Friedr. Westermayer, Eitelhans Langenmantel, in: Lebensbilder aus dem bayerischen Schwa-
ben 5 (1956) 140- 154.
27 Max Martin, Joh. Landsperger. Augsburg 1902. 23—110. — Dazu: Zentralblatt f. Bibliothekswesen 38, 69 (= WA
19, 459 Anm.). - LThK2 6, 780. 28 Karl Schottenloher, Phil. Ulhart. München 1921.

21
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften