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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0048
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Ein bedeutsames Mittel zur Stärkung der katholischen Bevölkerung war das Schulwesen der Je-
suiten. Es erhielt 1580 durch eine Stiftung des Hauses Fugger ein vorzüglich ausgestattetes Kolleg -
Schule und Internat. Deshalb schufen nun auch die evangelischen Bürger, obwohl sie in ihrem Gymna-
sium bereits eine gutgeleitete Schule besaßen, zur Förderung minderbemittelter Schüler ein Kollegium
bei St. Anna - ein Internat mit zunächst 32 Plätzen20. Die Stiftung erhielt unter dem 16. März 1581 die
obrigkeitliche Genehmigung. Am 3. Dezember 1582 erfolgte die Einweihung. Das Hauptverdienst am Zu-
standekommen dieses Werkes, das bis heute seine wertvollen Dienste tut, hatte der Superintendent Müller.
Ein Landgebiet besaß die Reichsstadt nicht. Auf verschiedene Kirchen in Schwaben besaßen
Augsburger evangelische Patrizier oder auch in die Verwaltung der Stadt gekommene geistliche Körper-
schaften (Kloster, Spital) das Patronatsrecht. Daraufhin unternommene Reformationsversuche brachen
aber fast überall bald wieder zusammen. Nur Burtenbach blieb stets evangelisch. Bis 1582 konnte Leeder
und bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts hinein Lützelburg und Pfersee (heute Augsburg-Pfersee)
evangelisch bleiben.
Das weitere Schicksal des evangelischcn Wesens in Augsburg.
So peinlich genau in dem Vertrag und den Formularen das Unterordnungsverhältnis des Geist-
lichen Ministeriums unter die Kirchenpflege und dieser unter den überwiegend katholischen Rat fest-
gelegt wurde, so wenig war aber der Bestand des evangelischen Kirchenwesens ais solcher sichergestellt.
Das zeigte sich beim weiteren Wiedererstarken des Katholizismus in Deutschland. Nachdem zuerst
schon einmal kein Evangelischer mehr ein städtisches Ratsamt bekommen hatte, wurden am 8. August
1629 (neueren Stils) sämtliche evangelische Geistliche entlassen und alle Kirchen geschlossen. Bald dar-
auf wurden die Georgskirche und die Kreuzkirche überhaupt abgebrochen. Wer nicht katholisch werden
wollte, wurde aus jedem städtischen Dienst entlassen. Auch Elias Holl, der geniale Baumeister, dessen
Werk noch heute in Augsburg auf Schritt und Tritt mit berechtigtem Stolz gezeigt wird, durfte, weil er
sich nicht ,,akkommodieren“ wollte, nur noch Mörtel auf den Bau tragen, dessen Plan zu entwerfen nur
sein Kopf im Stande gewesen war.
So hatte kaum eine andere evangelische Gemeinde gleicher Größe und gleicher Geschichte solchen
Anlaß, Gustav Adolf von Schweden als Retter der Glaubensfreiheit zu begrüßen wie Augsburg, als er am
7./17. April 1632 einrückte. Die Wiederherstellung des evangelischen Lebens war freilich nicht von Dauer.
Nach der Nördlinger Schlacht geriet 1635 auch Augsburg wieder in kaiserliche Hand. Doch erreichten
die Schweden beim Abzug, daß wenigstens evangelischer Gottesdienst gehalten werden durfte - freilich
nur in Sonnenglut und Winterfrost im Hof des Annakollegiums, der dadurch zu einem heiligen Land
für die Augsburger evangelische Gemeinde geworden ist. Der Westfälische Friede aber brachte dann für
die Reichsstadt die politische Parität, vor allen Dingen durch das aufopfernde Eintreten Valentin
Heyders, des Vertreters Lindaus und anderer Reichsstädte während der Friedensverhandlungen in Osna-
brück. Kirchlich wurde der Stand von 1624 wieder hergestellt. Damit war die evangelische Gemeinde in
Augsburg endlich nach mehr als 200jährigen Kämpfen sichergestellt.
Der Friede von Preßburg vom 26. Dezember 1805 brachte die alte Reichsstcidt an das wenige Tage
später als solches ins Leben tretende Königreich Bayern. Dabei wurde das Präsentationsrecht der Kir-
chenpfleger suspendiert. Am 21. Oktober 1824 erhielt dann die Stadt samt dem jeweiligen Kirchenvor-
stand ein Präsentationsrecht, das seit 1920 dem Kirchenvorstand allein zukommt.
gleichzeitigen Abschriften: Augsburg, Stadtarchiv, Evang. Wesensarchiv Akten 149, und NLA, Kleinere Kir-
chenwesen (Findbuch 41) II 2.
20 von Seida, Stiftungen 1, 430—456. — Ludw. Bauer, Die Errichtung des Kollegiums bei St. Anna in Augsburg
1580—1582 (= Gymnasialprogramm 1907)08). Augsburg 1908. - Karl Köberlin, Beiträge zur Geschichte der
Kantorei bei St. Anna in Augsburg, in: HVSchw 39 (1913) 71 95.

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