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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0062
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I 6. Bestallung eines Predigers 1535.

Ich Johann Vorster1 von Augspurg bekenne hie
mit diesem brief und tue kunt allermeniglichem,
das die fursichtigen, ersamen und weisen, meine
gunstigen und gepietenden herren, burgermeister
und rate der stat Augspurg, mich zu einem predi-
canten, leerer, auch der christenlichen kirchen da-
selbst und irem diener berueft, bestelt und aufge-
nomen haben der gestalt, das ich zu zeiten auch
an orten und enden alliie zu Augspurg, wan und wo
jederzeit inen gefellig ist und mir von irentwegen
angezeigt wurd, das hailig evangelion und rain wort
Gottes lauter verkunden, aine hailige schrift durch
die andern auslegen und erkleren, daneben das ubel
der notturft nach anregen, wie ainem getreuen chri-
stenlichen predicanten gezimpt, sanftmuetig und be-
schaidenlich strafen und von der canzel meniglich
in der gemein, aber weder mit benamung noch an-
deutung sonderer personen vor allen falschen gots-
diensten, lastern und sunden zu der eer, auch warem
dienst Gottes und allen loblichen tugenden, wie sich
gepurt, ermanen, und doch die wurklich straf der
ubertretung der untertanen der obrickait on allen
eintrag, irrung und verhindernis frei und gemeßigt
lassen, allein das ich sie mit christenlicher beschai-
denhait alles boses oder args, so offenlich örgert, nach
irem bevelch und, wie sich nach gestalt der sachen
in jeder zeit gepurn mag, abzustellen, hingegen, was
guet und besserlich ist, zu pflanzen und zu furdern
in gemain leeren und auch gepurlicher weis ermanen
soll und will.
Ob sich aber begebe, das die obrigkait in irer re-
gierung (das Got gnediglich verhueten wolle) wider
Got offenlich und geverlich handlen wurd, soll und
will ich das (unrue, ungekorsame oder auch wider-
wertigkait bei der gemeind zu verhueten) an offner
canzel auszufueren nit understeen, sonder, solhs
zu bessern, wie sich der ordnung Christi und sonst
der gelegenhait nach immer gezimen mag, zuvor-
Druckvorlage: Originalhandschrift (Pergament
[71,5 : 37,5 cm]; Schreiberhand. - Augsburg Stadt-
archiv, Evang. Wesensarchiv Urkunde 266). - Dort
auch andere gleichlautende Originalurkunden [vgl.
Helene Burger, Das evangelische Wesensarchiv in
Augsburg (= EAKGB 22). Erlangen 1941. Nr. 2164.

derst den herrn burgermeistern allain furhalten und,
so die in dem kain gepurlich oder pillich einsehen
tun werden, alsdann fur ainen erbarn rat wie ge-
preuchlich begern und daselbst meinen bevelch,
Gottes willen und gebot nach also mein anliegen
ainem erbarn rat selbs der notturft nach anpringen
und verkünden und, was dem entgegen, getreulich
anzaigen.
Weiter soll ich ainiche neue leer, die zu irtumb und
spaltung raichen mochte, nit aufpringen, schrei-
ben, leeren noch predigen, sondern, wo etwas solches
entstuende, das ich mich mit den andern predican-
ten ains erbarn rats und helfern verainbarn wurd
oder nicht, so sol ich doch dasselbig on sonder vor-
wissen, willen und vergunst ains erbarn rats weder
predigen, leeren noch schreiben gleich so wenig, als
das die obrigkait derselbigen gericht oder recht
undertruckt oder das dero nit furorhin wie bisher ge-
pürende gehorsam gelaistet werden soll, sonder soll
und will ich alles, das zu zurstörung und zerrüttung
der erbarkait, gemaines nutz und guter policei oder
zu bewegung des gemainen manns wider die ober-
kait oder die christenmentschen in irrung zu fueren
oder sonst gegen ainander zu verhetzen, dienen oder
ursach geben mocht, auch alle und jede andere er-
wöckung des unfridens oder unrue in meinem pre-
digen vermeiden.
Darzue mich schmehens, stumpfierens und lö-
sterens (anderst dan als vil einem prediger ain zimb-
liche, schuldige und pilliche erinnerung, warnung,
straf und ermanung an das volk gezimpt und zu-
gelassen wurd) enthalten, sonder also predigen, das
die undertanen irer ordenlichen obrigkait gehor-
samen und sich dero nit widersetzen sollen, auch die
ordenliche oberkait, wie es die gegen Got dem all-
mechtigen zu verantworten getraut, regieren und
verwalten lassen. Das ich auch bei keiner conspi-
ration, bösen, ungetreuen, unerbarn anslegen und
265). — Druck: Germann 312ff. (dort 314f. über eine
andere Abschrift. - Eine Abschrift des Formulars mit
unwesentlichen Abweichungen: Nürnberg Staats-
archiv, S I L 82 Nr. 41). - Vgl. oben S. 25!
1 Vgl. oben S. 25!

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