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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0063
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Bestallung eines Predigers 1535

handlungen, die sich in ainich weis oder weg wider
ainen erbarn rat und gemaind dieser stat Augspurg zu
unfrid oder unrue ziehen möchten, gegenwertig sein
noch solhem hulf, rat, beistand oder gehel2 geben,
sonder, wo ich solhs gewar wurd, das jederzeit mei-
nen herrn, den burgermaistern, on allen verzug mit
allen notwendigen umbstenden (wie dann ein jeder
frommer, getreuer undertan oder diener das seiner
ordenlichen oberkait oder herrschaft zu tun schuldig
ist), demselbigen ubl der gepur nach zu begegnen
und das abzustellen wissen, getreulich und warhaf-
tig anzaigen, eröfnen und daran gar nichts verhalten
soll noch will.
Zu dem ich auch gedachten meinen herren auf ir
anfrag und begern jederzeit mit grund der schrüft
nach meinem bösten verstand antwurten, mit höch-
stem vleiß raten und zum treulichsten handlen, auch
in alle und jede andere weeg ains erbarn rats und
gemeiner stat nutz und fromen, wie andere under-
tanen, burger und diener zu tun verpflichtigt sein,
furdern und schaden, als vil an mir immer gesein
mag, verhueten oder warnen3, darzue alle und jede
meine gegenwürtige und künftige ligende gueter, so
vil deren jeder zeit in der stat Augspurg etter4 und
steur gelegen sein, allweg wie ire burger versteurn,
auch von allem wein, bier und met, so ich fur mich
selbs und zu meinem gewonlichen haushalten alhie
an mich pringen, welicherlai gestalt sich das gefue-
gen wurde, wie jeder zeit der stat Augspurg ge-
prauch ist, das ungelt ausrichten, auch wie die
burger und ander diener sampt allen und jeden,
gegenwertigen und kunftigen meinen dienstleuten
2 = Zustimmung ( Schmeller 1, 1081. - Grimm 414,
1372).
3 = abwehren (Schmeller 2, 1002. - Grimm 13,
2081).
4 = ursprünglich der geflochtene Zaun um Hof oder
Ort als Gerichtbarkeitsgrenze, dann der Bereich
der Gerichtsbarkeit (Schmeller 1, 174f. - Grimm
3, 1180).
5 = strafbare Handlungen betreffend.
6 = die bürgerlichen Verhältnisse betreffend.
7 = quatuor tempora, nach dem Beginn der sog. Qua-
temberfasten (Mittwoch mit Samstag) an den Mitt-
wochen nach Invocavit (1. Fastensonntag = 6.
Sonntag vor Ostern), nach Pfingsten, nach Kreuz-
erhöhung (14. Sept.) und nach Luciä (13. Dez.)
(H. Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mit-
telalters und der Neuzeit. 1 [Hannover 1891] 160f.).
8 Von freier Wohnung ist nicht die Bede. - Zum Ver-

umb alle sachen, die seien peinlich5 oder burgerlich6,
kaine ausgenomen, umb die peinlichen vor ainen er-
barn rat, so mich derhalben vermöge habender frei-
haiten, wie andere zu urteilen und zu strafen haben,
und der burgerlichen sachen halben vor dem stat-
gericht recht geben und nemen, auch ainen erbarn
rat als meiner von Got und kaiserlicher m[ajestä]t
gesetzten oberkait in allen iren gepoten und verpo-
ten gehorsamen oder umb die ubertretung dersel-
bigen der verschuldten straf wie die burger gewertig
sein und sonst gemeinlich alles und jedes anders tun
und lassen soll und will, das ainem christenlichen,
fridlichen predicanten und frommen, erbarn diener
gepurt und zuestat.
Umb und fur solche meine mue, dienst und ver-
pflichtung ain erbarer rat, meine gunstige herren,
mir alle und jede quotember7 zu rechter angedingter
belohnung, besoldung und dienstgelt dreißigsiben
und ain halben guldin rheinisch, trift der jarsold
anderhalbhundert gulden8, bezalen. Daneben mich
nit weniger dan ire burger schutzen und schirmen,
auch bei frid und recht handhaben sollen.
Ob aber uber kurz oder lange zeit ich inen zu
ainem predicanten, leerer und diener nicht mer gefal-
len und sie mich deshalben oder aus ainer andern be-
wögnus urlauben, von und ab dem predigampt, leer
der kirchen und irem dienst abschaffen wurden, das
si allweg vollen gewalt und gut macht haben, das ich
jeder zeit dasselbig urlauben on alles widersprechen
guetlich und willig annemen und alsdann ganz tu-
gentlich abschaiden soll und will9.
Dergleichen ich zu jeder zeit urlaub zu pitten auch
gleich sei erwähnt, daß in Nürnberg die Kapläne
ohne Haus 1532 jährlich 90 fl., seit 1536 jährlich
100 fl. erhielten (die Wohnung wurde zu 10 fl. ange-
setzt) (Franz von Soden, Beiträge zur Geschichte
der Reformation. 1 [Nürnberg 1855] 358. 422) und
daß der vorderste Prediger Nürnbergs, der von St.
Sebald, damals neben freier Wohnung 200 fl. erhielt.
(von Soden 1, 413. - Vgl. auch die Besoldung des
Predigers in Dinkelsbühl 1542, unsere Nr. II 2
S. 129!).
9 Forster nimmt diese Bestallung in seinen Bericht
auf, um damit zu beweisen, daß „darinnen mit kei-
nem wort meldung geschihet, daß ein erbarer rat,
einen oder viel zu enturlauben, macht habe und
keine ursache dorfe anzeigen, welches doch wieder
alle rechte und billichkeit were“ (Germann 312).
Wie er dabei freilich diesen Absatz verstand, ist
nicht recht ersichthch.

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