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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0074
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Augsburg

Von vermanung an das volk, das es bis
zu end bei der gemaind beleibe.
Und sollen die prediger das volk mit allem fleiß
oft ermanen, das es bei ainander bleibe, bis also das
gebet, gesang und die hailige sacrament gar ver-
richtet sein, mit getreuem erinnern, wie uncristen-
lich das seie, nicht in aller andacht mit den andern
cristen und der ganzen kirchen den Herren umb
gemaine notturft anruefen, in loben und sich durch
das gepet und die hailigen lieder zur gotseligkait er-
wecken und fordern.
Also, weil der Her im heiligen abentmal uns die
gemainschaft seins leibs und bluts anbeutet und seine
gedechtnus, das er uns durch hingeben seins leibs
und bluts vom ewigen tod erlöset hat, befilhet alles,
das er in uns sein seligs, ewigs leben sterke, ja imer-
mer in uns lebe und wir in ime, und im hailigen
tauf auch unsern kindern dise seine gemainschaft
mittailet, wie sie dann durch den heiligen tauf von
aller angeporner sund abgeweschen, im eingeleibet,
in seinem tod begraben, mit ime beklaidet werden
und wir in dem dann auch so herlichen erinnert
diser großen, unaussprechenlichen gnaden Gottes,
die auch uns im hailigen tauf mitgetailt worden ist,
aus disem grund und ursachen, solte das volk je mit
allem ernst zum oftermalen vermanet werden, das
es doch dise so merkliche gnaden und gaben Gottes
und unsers Herren Jesu Christi nit so vergeblich auf-
neme, sich gegen denen nicht so verechtlich bewise,
sonder bedechte und erkennete, das es der Herr je
anders nit ufnemen kann den als ain schwere ver-
achtung seines bittern leidens und sterbens und des
ganzen werks, so er - uns von dem ewigen tod in das
ewig leben ze bringen - gewurket hat und noch
wurket, wo man also aus der kirchen und von der ge-
main Gottes hinlaufet, wenn man die so hailige,
g In der Vorlage „conclusium“.
31 Das war etwa geschehen in den Bestimmungen der
sog. Apostolischen Kanones (can. 10), des sog.
4. Konzils von Karthago (cap. 24. - Dazu RE 10,
111), der Synode von Agde 506 (cap. 47) und der
1. Synode von Orléans 511 (cap. 511), die alle in das
Corpus juris canonici übernommen wurden (cap.
62-65 Dist. I de consecr. [= Decretum Gratiani,
Pars tertia, cap. 62-65]).
32 Die ältesten Sonntagsgottesdienste begannen be-
reits am Abend, ganz besonders die Oster- und

gottliche hendel in den hailigen sacramenten ubet.
Die alten haben dises gar vil ernstlicher erwegen und
die verbanet, so von der gemain hingangen send,
ehe denn alles vollendet und der segen gegeben war31.
Hierzu solte dem volk, das auch eingescherpfet wer-
den, was da sei die feirtäg hailigen, und, wie die hei-
ligen kirchenubungen allain das sind, das uf die hei-
ligen feirtag von christen solte geuebt und getriben
werden, und wie die alten, lieben christen ire vigilias
und excubias32, das ist: nächtliche und tägliche ver-
samblungen und ausharren in der gemaind Gottes,
auf die hailig täg gehalten haben.
Es sollen auch dise alle gemaine sontägspredigen
nit uber ain stund weren; dann das gemain volk je
nieht lenger ufmerklich bleiben und, was man da
handlet zur besserung, behalten kan.
Von der mittäglichen predig auf dem sonntag.
Nach mitag auf die sontag sollen die helfer zu ailf
uren fur das gesind ain predig tun zu Unser
Frauen33, zu Sant Moritzen, zu Sant Ulrich und
zum Creuz und allweg das sonntäglich evangeli fur-
nemen, aber dasselbig auf das einfaltigst dargeben
und allweg die vermanung auf die stuck des cate-
chismig furnemlich richten.
Von der sonntäglichen vesperpredig.
Zu vesper uf die sonntäg sollen zwo predigen ge-
halten werden, - aine zu Unser Frauen, die ander zu
Sant Moritzen - mit ainem psalmen vor und nach zu
singen und dem gepet fur die notdurft der kirchen
und were fein, das zu solichen predigen der psalter
oder epistoln Pauli furgenomen wurden. Und wie es
uf die sontag verordnet ist, also solle es auch auf
die andern feirtag gehalten werden, die man hie
feiren soll, die sind etc.
Von den täglichen friegebeten.34
Auf die werktag sollen von helfern alle morgen35
Pfingstgottesdienste und währten die ganze Nacht,
bis sich am Morgen der Hauptgottesdienst anschloß.
In der Osternacht wurde die Taufe vollzogen. Erst
eine spätere Zeit schob zwischen den Abendgottes-
dienst, der nun im besonderen Vigil hieß, und die
Mette eine Pause für die Nachtruhe ein (RE 20,
632. - RGG 5, 1584. - LThK 10, 605ff.).
33 = Der Dom. 54 Vgl. unsere Nr. I 7!
35 und zwar gleich bei Tagesanfang vor den dann fol-
genden Tagpredigten.

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