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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0075
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Kirchenordnung von 1537

dreu fruebet in der stat gehalten werden, ains zu
Unser Frauen, das ander zum Barfußen und das
drit zu Sant Ulrich, und in denselbigen allweg ain
evangelist furgenommen und allemal aine gute lec-
tion ongefarlich auf ain dritten oder zweiten tail
ains capitels nach ordnung gelesen und aus demselbi-
gen ain stuck, zwai oder dreu, so der einfalt der leut-
hn, die da hinkomen, am gemeßesten und immer
zur besserung am fruchtbarsten sein mögen, mit
kurzer erklerung, leer und vermanung furgehalten
werden, also das es alles nicht uber ein vollige vier-
telstund verzogen werde. Auf das solle man das volk,
so da ist, zum gepet vermanen, inen ain gute weile
zu beten geben, das dann mit ainer collect, die sich
auf die lection zeucht, das gepet beschließen und das
volk lassen mit segen hingeen.
Von dem tagpredigen in der wochen.
Weiter solle täglich zur tagzeit im summer zu
sechse, im winter zu sibne ain predig gehalten wer-
den umb ainander, ain tag zu Unser Frauen, den
andern zu Sant Moritzen, also das den montag zu
Sant Mauritzen angefangen werde, damit die predig
uf den freitag zu Sant Moritzen seie. Zu disen pre-
digen solle man allerlei buecher der bibel furnemen,
die ler und vermanung aber allweg uf das furnem-
lich richten, das des volk jederzeit besonders zu
underrichten und zu vermanen ist, davon dan in den
conventen ahweg getreulich frag, rat und bedacht
gehabt werden solle. Dise predig soll allain drei
viertel ainer stund weren und ain psalmen vor und
nach gesungen werden, sampt dem gepet fur alle
notdurft der kirchen.
Von der vesperlection und -gepet
durch die wochen.
Zu vesperzeit den montag, mitwoch und freitag
solle man zu Sant Mauritzen ain viertel der stund
vor dreien leuten, das die prediger, helfer, schueler
und, wer sunst das latein verstet und erscheinen
welle, zusamenkomen im chor dieser kirchen und,
wen es drei geschlagen, solle der, an dem die lection
zu halten sein wurdet, erstlich umb gnad bitten,
darauf ain jungen lassen mit guter verstendlicher
weis im latein lesen den text, den er dieselbige lec-
36 = Dienstag (Schmeller 1, 46; 2, 1071. - Grimm
1, 187).

tion erklären welle. Und wan der verlesen, solle er
solhen text auch zu latein getreulich erkleren und,
sovil zum besserm verstand der orts dienen mag,
auch, wa es in ebreischer oder kriechischer sprachen
steet, anzaigen. Und so also in der auslegung ein
viertel der stund verlaufen, solle man wider ain
zaichen leuten auch auf ain viertel der stund,
in dem diejenigen, so das latein nit verstanden, zu-
samen komen möchten. Wan dann dis ander zeichen
auch verleutet und die lateinische lection und aus-
legung auf ain völlige halbe stund gehalten ist, als-
dann solle der ausleger, was er zu latein gehandelt,
in ainer kurzen, leichten summen zum teutschen
auch furtragen und erkleren, auch dasselbig auf ain
viertel ainer stund und, so das auch verrichtet, soll
das gepet darauf und das gesang nach dem gepet her-
nacher geen nach gewonlichen brauch und also das
volk mit dem segen Gottes hingelassen werden. Und
sollen diser zeit, die vier buecher gelesen und ver-
hendlet werden: Jehosua, der psalter, die evangelion
und epistoln Pauli.
Auf den aftermontag36 und donerstag solle man
abermal zu Sant Mauritzen, so es drei geschlagen,
ein zeichen auf ain viertel ainer stund leuten. Und
wan das verleutet im predig haus von der canzel das
buch der Geschichten der apostel verlesen - allweg
ein dritten oder zwaiten tail ains capitels - und das
ufs einfeltigest erkleren und dann auch gepet halten
wie in andern tagen, so man die lection haltet.
In disen abentgepeten, solle das maist uf die
schlechte, helle erklerung der schriften gesehen wer-
den und das gepet zu furdern und darumb auch mer
weil zu beten lassen dann in andern predigen; dann
die ler und vermanung der furfallenden sachen sollen
in den morgenpredig, underricht und vermanungen
geschehen.
Auf die sambstag solle man in allen pfaren zu der
zeit, die jedem pfarrvolk am gelegnesten ist, auch
ain abentgepet halten und allemal ain psalmen fur-
nemen und daraus aufs kurzest zum glauben und
gepet vermanen und darauf die schuler lassen die
teutsch letenei37 singen und demnach das volk in
der stille tun beten, das gebet dann mit ainer cllec-
ten und dem segen beschließen.
37 = Libanei. - Von Martin Luther 1529 (WA 30 III
29-36). - Siehe unten S. 36S f.!

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