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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0152
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Dinkelsbühl

fürgelegt und au ch abzuschreiben zugestellet wer-
den) übergangen mit schenden, schmehen und le-
stern etc., er sich genugsam purgiren und vertreten
künne und durch unnötige sachen nicht seiner selbst
person unruh und allerlei gefar und unglück (dar-
für wir ihm nit sein künten) zuziehe und verur-
sache.
Ferner so hat er in abhandlung der artikel unsers
christlichen glaubens und der uberigen haubtstücken
des catechismi seine gewisse anleitungen aus der
regel Pauli14, darinnen er zu trösten und ermanen
allerlei gelegenheit hat, welche er dan verstendig-
lich und fruchtbarlich zu handeln allen vleiß an-
wenden sol.
Und dieweil sich in beweisung und bekreftigung
solcher hauptstuck christlicher lehr mit etlichen der
heiligen schrift sprüchen zutragen möcht, das si sich
in der ersten als weren si wider einander, ansehen
lassen wurden, sol er dieselben sprüch durch klärere
und also ein heilige schrift durch die andern erleutern
und den gewissen verstand eines jeglichen spruchs
kurz und einfeltigelich in seinen predigten fürtragen
und anzeigen, damit er alles richte zu lehren, strafen
ermanen, trösten und erbauen.
Demnach auch die kirchenordnung in sich hat
die actus der täuf, beicht hören, hochzeit einsegnen,
kranken besuchen undwas dessen mehr ist, und aber
einen pfarrer, den wir jederzeit haben werden, sol-
ches gebüret, aber alles zu verwalten allein zu vil ist,
soll er in diesem allen seinen vleiß tun und dieselben
actus nach der kirchenordnung und angehenkter
geschriebenen agenda15 vertreten und volziehen.
Doch soll dis von ihm nicht dahin gedeutet oder ver-
standen werden, als hette der pfarrer nicht bevelch
14 Etwa 1. Tim. 4, 6; 2. Tim. 2, 24.
15 Erhalten nur im Bericht, wie man es halten soll (un-
sere Nr. II 9).
16 nämlich in der Kirchenordnung Wolfgangs von
Zweibrücken 1557 f. 141 ff.
17 Gemeint ist wohl der Satz der kaiserlichen Deklara-
tion vom 8. März 1572 (Kirchenpflegerbüchlein
Stück 5), daß die Geistlichen „schendens, schme-
hens und antastens auf der canzel und sonst sich
genzlich enthalten sollen“. - Im übrigen wurde auf
die Leichpredigten solcher Wert gelegt, weil sie dem
katholischen Rat wegen ihrer missionarischen Wir-
kung immer ein Dorn im Auge waren (Bürck-
stümmer 2, 28).
18 Zwar nicht gerade bei den Begräbnisordnungen,

oder macht, dise actus selbst zu halten und sich de-
ren zu underfangen, sonder, da es der pfarrer von
ihm selbst aber aus anlangen anderer personen oder
ursachen tun wölt, sol er sich in diesem sowol als
allem anderm unwidersetzhch verhalten und erzei-
gen.
Es ist auch in der kirchenordnung vermeldet16,
das man leichpredigten tun soll bei der begrebnus
der in Christo entschlafenen. Wiewol nun nit unrat-
sam, das jedesmals ein pfarrer selbst solche predig-
ten auf sich neme und vertrete aus vilerlei bedenk-
lichen ursachen, jedoch, da ihn leichpredigt zu tun
von pfarrer bevolhen wurd, sol er die unwaigerlich
verrichten und abermals der kai. mt. allergnedig-
sten bevelchs17 sich erinnern, auch zeit und ort, was
sich leiden wöl, bedenken und die leut nit ah zulang
aufhalten. Er sol auch zu solchen predigten mit rat,
wissen und willen des pfarrers sprüch oder bücher
aus der bibl erwelen, die darzu tauglich und nichts
für sich selbst drinnen handlen, wie ime das die
kirchenordnung, welche er vleißig zu lesen schuldig,
namhaft bevilhet18 und wir solchs alhie nur er-
innerungsweis haben anregen wöllen.
Als dan auch die höchstgedachte kai. mt. in irer
instruction der im 66. jar ergangenen commission
durch irer mt. obgenannten commissarien19 uns so-
wol als dem pfarrer ernstlich auferlegen und bevelhen
lassen, das wir keine ander religion dan die in der
erstmals zu Augspurg anno [15]30 ubergebenen con-
fession begriffen und unsere kirchendiener sich son-
derlich vor der calvinischen lehr im sacrament des
altars und anhangenden articeln fürsehen und die
weder groben oder subtiler weis diser burgerschaft
furtragen und einbilden sollen, das ire mt. ganz
wohl aber bei den Wochenpredigten heißt es: ,,Es
sollen auch die diaconi mit rat und vorwissen irer
pastoren solche materien [wie sie eben als geeignete
Predigtthemen genannt waren] zu predigen fürne-
men“ (f. 119v).
19 Am 28. Juni 1567 ,,hat der herr kaiserlich commissa-
rius dem pfarrer aus seiner instruction fürgelesen,
das der kaiserlichen majestät will und bevelh, das
die lehr der Augsburgischen confession pure, sincere
et simpliciter soll geführt, auch deren in keinem ar-
tikel zuwider gelehret und sonderlich die calvinische
lehr nicht eingebracht werden; dann ire majestät
wolten dieselben gar nit gedulden“ (Kirchenpfleger-
büchlein B 88 f. 12).

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