Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0207
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zuchtordnung von 1533

zwaier batzen, so die wurt und ander burger jeder
deshalb verfallen. Doch soll hierin ausgenomen sein,
ob ainer wegfertig wäre.
Vom spil.37
Item burger und frembd, wer die sind, sollen in
diser statt und derselben oberkait und gepieten kain
bockspil, listlis38 oder ainich ander inschlachende
spil, wie die namen haben mogen, mit wirfel, karten
noch anderm weder umb wenig noch umb vil tun.
Desgleichen söllen sie auch kain gewet neben
keglen noch andern spilen tun.
Aber sonst andere kurzweilige spil nmagn man
von gesellschaft und kurzweil wegen wol tun, doch
oumb ain pfennig und nit teuero.
Und namblich sollen alle wurfelspil meniglichen
gar verpoten sein ausgeschlossen im prett, kessel
und gramaschiß39, jedoch das dieselben pnit hocher
dann umb ain pfennigp beschehen qsollenq.
Und ob jemands die verpotnen, desgleichen die
unverpotnen spil anderer gestalt, dann, wie oben
vermelt, auch hinderm spil gewett täte und in sol-
chem spil oder gewett nit uber ain guldin gewönn
oder verlur, der jeder soll ain guldin straf verfallen
sein. Wer über ain guldin gewint oder verleurt, soll
der gewinner allen gewinn und noch sovil seins gelts
darzu, desgleichen der, so verlorn, so vil er verlorn,
von dem seinen in der statt seckel zu straf geben.
Es soll auch under den predigen, zu welicher zeit
im tag die gehalten, desgleichs nachts nach neun
uren in diser statt und derselben oberkait gar kain
spil mer beschehen; dann wer zu derselben zeit un-
der den predigen die spil, so sonst unverpoten sind,
tät, der sollte umb 2 batzen, so oft das geschach, ge-
straft werden. Wa aber die spil, so sonst, wie oben

n-n 1554 + : mögen die, denen es noch irem weib und
kindern an irer leibsnarung nit abbrüchlich ist.
o-o 1554: doch das es beschaidenlich zugang.
p-p 1554: das dieselben auch beschaidenlich.
q-q 1554: Doch soll all denen, so das spil inen und
37 Durchaus nach dem Memminger Vorschlag (Jäger
459-462) und Konstanz (Hauß 83ff.).
38 Ein Spiel mit besonderen Listen (Kniffen, Tricken)
(Fischer 4, 1259).
39 Mit ,,im brett“ ist wohl Puff (Tricktrack) gemeint
(Fischer 1, 1409). „Kessel“ ist eine Bezeichnung
für verschiedene Spiele mit Würfeln, Bohnen oder

stat, verpoten sind, under der predig beschachen.
die sollen zu hie oben gesetzten strafen noch hörtig-
licher gestraft werden je nach gestalt der überfarnus.
Item: Solich satzungen und gepot sollen alle bur-
ger, undertanen und zugehörigen diser statt hie und
in unsern oberkaiten, auch an der frembde ahent-
halben zu halten schuldig und verpunden sein.
Alle wurt, stubenknecht und andere burger und
zugehörigen diser statt sollen kain solich verpotens
spil in iren heusern furgan lassen; dann bei wölichen
sölichs erfaren, die sollen gleichermaß wie die spiler
selbs diser ordnung gemäß gestraft werden. Es were
dann, das sie für sich selbs unerfordert dieselben
spiler und diejenen, so uber das gepot gehandelt,
rden acht zunftmaisterr anzaigen.
Und nachdem den jungen knaben, so noch nit
under den burgermaister geschworn haben, allain
kindliche kurzweil, welche sie nit zu bösem raizen
mögend, erlaupt, sol inen daneben ah ander spil mit
wurfeln, karten, kegeln, wetten und dergleichen
umb gelt und geltswert verpoten sein, es wäre dann,
das solichs mit iren eltern oder in deren bisein be-
schech, doch also, das sie nit geursacht wurden, be-
gird zu dem spil zu gewinnen. Wa aber die eltern hie-
rin farlässig und verweislich handeln und sdie zunft-
maisters das erfarn, so wurden und tsollen sie tgegen
solchen eltern der gebur nach mit straf handeln.
So aber ein solcher knab umb bleie batzen40 oder
dergleichen ding in seines vaters haus, uf der gassen
oder andern orten spilende erfarn wurd, der soll umb
ain schilling gestraft werden. Doch so vater und
muter denselben knaben vor uden acht zunft-
maistern oder iren ainemu mit der ruten schwin-
gen41, sol er dann der geltstraf ledig sein.
Welcher knab auch umb gelt spilt, der soll funf
iren weib und kindern zu abbruch und schmele-
rung irer leibsnarung raicht, desgleichen, so das
almusen einnemen, alle spil gar verpoten sein.
r-r 1554: uns. s-s 1554: wir.
t-t 1554: wolten wir. u-u 1554: uns.
Murmeln (Fischer 4, 352). „Gramaschiß“ ist sonst
ein Kartenspiel (Fischer 3, 786), muß hier aber
auch ein Würfelspiel meinen.
40 Aus Blei gemachte Batzen (vgl. Anm. 36!), also
bloße Spielpfennige.
41 =schlagen, prügeln (Schmeller 2, 638f. - Fischer
5, 1292. - Grimrn 9, 2691).

191
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften