Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0251
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VII. 1 Kirchenordnung von 1528.

a
Wiewol aus dem wort Gotes und hailiger schrift,
so jetzt in disen zeiten in diser stat Memingen für-
treffenlich, gnadenreich, rain und lauter gepredigt
wird, gar clar erscheint, was mißfallens der allmech-
tig Got, unser barmherziger Vater, ab dem unver-
schampten laster des eepruchs und offner hurerei hat,
noch dann verfacht dasselbig bei etlichen gar wenig,
die dannocht des cristlichen namen sich dörfent be-
römen. Darumb hat ain ersamer burgermaister und
rat mitsampt den ailfen als der gemaind der statt
Memingen zu gehorsamen dem wort und bevelh des
allmechtigen Gotes und zu abstellung solicher un-
verschampten, ergerlichen sindlichen laster mit
ernst angesehen, geordnet und gepoten, gepieten
auch hiemit und wellend, das alle und jede, die mit
disen ergerlichen lastern behaft sind und in der statt
Memingen oberkait iren sitz und wonung haben
wöllend, si seien mit namen gaistlich oder weltlich,
hohen oder nidern stands, gar nimand ausgenomen,
sich fürohin diser offenbaren, ergerlichen laster
mueßigen, abstanden und entschlahen in allweg.
Und fürnemlich sollen auch die eeleut ir eelich
pflicht und treu an iren egemacheln halten und ain
cristenlich, züchtig, ersam leben füeren; die andern
aber, die nit verheiret sind und dannocht zu den
uneeren offenlich sitzen oder hausen, die sollen ire
concubinen oder uneelich beiligerin und arkwenige1
diernen zwischen hie und Unser Frauen Lichtmeß-
tag [2. Febr.] nechstkünftig endlich von inen tun
und verlassen und dergleichen kaine mer annemen
noch zu haus setzen.
Aber der eehch stand, so von Got allen menschen
erlaupt und eingesetzt, soll in der statt Memingen
oberkait allen menschen frei sein. Welche auch die
weren, so den annemen wollten, sollen solche eeliche
verpflichtung offenlich vor der gemain besteten, wie
Druckvorlage: Das Original ist verloren. Verwen-
det werden mußte daher der Abdruck bei Dobel 2,
51 - 56. - Vgl. oben S. 226.
a Der ursprüngliche Eingang des (verlorenen) Originals
fehlt in der Vorlage.
1 = Argwohn erweckend, verdächtig (Schmeller 2,
919. - Grimm 1, 550). 2 Jer. 2, 13.

gewonhait ist, und weliche hierüber in solchen vor-
berürten lastern des eebruchs und offner hurerei,
auch als kupler oder einstoßer in der statt Memin-
gen oberkait offenlich und kundpar ergriffen und
befunden würden, gegen dieselbigen würdend bur-
germaister und rat als ain christenliche oberkait,
die es von gotlichem rechten verpflicht und schul-
dig sind, mit solcher ernstlicher straf handeln, das
zuvorderst bei inen die handhabung von Gotes eere
und ir gemuet, solichen lastern zu begegnen, gespürt
werden soll. Darnach wiß sich meniglich zu richten.
Und nachdem bisher aus den vilfeltigen feirtagen
und müßiggangs mer übels, sinden, spielen, zutrin-
ken, gotslesterung und nachreden dan auf andere
täg, wie laider offenbar, gepraucht, entstanden und
komen ist, dardurch dann Got der Herr enteert und
über uns mer dann andere zeit, so wir der arbeit ob-
gelegen weren, erzornet worden, welches on zweifel
auch us dem kompt, das wir uns für das wort Gottes
aigen zistern graben2 und sovil vest- und feirtag
aus menschlichem gutbedünken aufgesetzt und
höher dann die von Got gepoten feirtag gehalten
haben: darumb solichs zu fürkomen3 und füro, weil
Got gnad gibt, nach seinem gepot und bevelch zu
leben und nachzugeen, so ist geordnet und gesatzt,
das nun hinfüro alle feirtag, sovil der bisher gehalten
worden sind, ganz aufgehept und abgetan sein, also
das allain dise hie nach bestimpten feirtag und vest
gehalten und gefeirt werden sollen, namlichb.
alle sontag durch das ganz jar aus;
item das vest Unsers Herren Gepurt, das ist der
weihenechttag [25. Dez.], und
den nächsten tag darnach [26. Dez.];
auch die Beschneidung, das ist das Neujar
[1. Jan.];
item den Ostertag und
b Am Rand: Nota! Ob man allain den sontag halten
well, dieweil all ander feirtag außerhalb der schrift?

3 = solchem zuvorzukommen, es zu verhindern
(Schmeller 1, 1248. - Grimm 4 1 1, 758ff.).

235
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften