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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0253
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Kirchenordnung von 1528

nomen und were der mainung, das er nach unsern
baiden pfarrern schicken wolt und inen als unsern
pfarrern solich unser cristenlich und begierlich, Got
dem Herren loblich und unsern seelen trestlich und
selig furnemen fürzuhalten und anfangs zu begeren,
das si als unser pfarrer uns selbs das rain lauter gots-
wort verkünden und predigen. Wo si aber solchs
selbs nit vermochten, wellen wir inen zugeben, das si
uns dann mit zwaien ersamen priestern, die sich
priesterlichs wesen unergerlich halten und aim rat
darzu gevellig, annemlich und ainer erbern gemaind
nützlich seien, versehen, die als helfer und diener
uns und unser gemaind mit ler und verkündung des
pauren9, lautern, gottlichen worts und nachvolgen-
der ordnung warten und dienen, wie si dann zu ton
schuldig sein:
Des ersten, das si mitsampt andern, so wir in10
jeder zeit zu ordnen mügen, unser kirchen, namlich
unser gemaind, alle jar zum minsten viermal11 mit
den christenlichen sacramenten baiderlai gestalt
speisen und drenken und also das nachtmal und die
gedechtnus des neuen testaments des leiden und
sterben Jesu Christi halten helfen wehen12.
Zum andern, das ir als unser pfarer oder euere
helfer fürohin alle die, so sich eelich zusamen ver-
binden, vor unser cristenlichen gemain offenlich zu-
samengeben und besteetigen, auch inen danzumal
auf ain soliche oder bessere weis dann beiligt, wie
Got jederzeit gnad gipt, nach seim hailigen gott-
lichen wort ermanen und fürhalten, wie sich gepürt
und namlich also13:
Zum dritten, so wellen ir oder euere helfer hinfüro
alle kind in der kirchen taufen, welche anderst

9 = puren. 10 = ihnen.
11 Wie in Zürich (CR 91 [= Zwingli 4] 6).
12 Das scheint also seit dem Bauernkrieg nicht wieder
geschehen zu sein.
13 Die Beilage fehlt. Sie dürfte sich mehr oder weniger
eng an die Züricher Form ,,Ordnung der christen-
lichen kirchen zuo Zürich, kinder ze toufen, die ee zu
bestäten, die predig anzefahen und zuo enden...“
(1525?) (Richter 1, 134f. - CR 91 [= Zwingli 4]
683-686) angeschlossen haben.
14 = sofern sie nicht dazu zu schwach sind.
15 Man kann vermuten, daß das bis dahin nicht ge-
schah, daß also auch zunächst die evangelischen
Prediger keine Taufen vornahmen. Erst am 15. Okt.
1529 beschloß der Rat in St. Martin wie in Unser

schwachait halb14 dahin pracht werden mügen, in
teutsch15 und auf mainung wie nachvolgt und der
vergriff, hie beileit16, inhelt.
So ir nun solichs, wie jetz erzelt, tun werden, ver-
hoffen wir, Got der allmechtig werd ab solichem ain
gut gefallen haben, ime eerlich und unsern seelen
zu ewiger seligkait fürderlich auch bei meniglichem
loblich sein. Zudem das es auch kain neuerung, son-
der das recht ampt und bevelch ains hirten und
pfarrers ist, wie dann die apostel selbst irer kirchen
auch also gepflegen und gedient haben und auf heu-
tigen tag in gleichen meren und mindern des reichs
und loblichen punds17 stetten gehalten würt, und
uns nit zweifelt, ir als unsere pfarrer werden zu
solchem unserm cristenlichen begeren begierig und
genaigt sein; dann ir darumb auch den zehenden
und ander nit klain gefell und einkomen von unser
gmaind aufheben haben.
Wo ir aber, als doch gar unverhoft, dis unser
cristenlich und billich begeren waigern und nit volg
tun, so wurden wir als ain cristenliche oberkait diser
kaiserlichen majestat und des hailigen reichs statt
Memingen, die wir und sonst imand andern für un-
sern herren erkennen noch jemand andern ainich
oberkait in unser stat nit gesteen und auch allain
Got dem Herren und seinem ainigen geliepten Son
Jesu Crist die jurisdiction über die seelen allain zu-
gehört, geursacht von dem zehenden und anderm
einkomen der pfarr unser noturft nach selbst helfer
und hirten zu bestellen und mit gepürender noturft
davon zu underhalten und fürsehen, und was dann
von demselbigen überig und bevor steen würd, euch
zuzustellen, als uns dann das der speurisch reichs-
Frauen je einen evangelischen Geistlichen mit der
Vornahme evangelischer Taufen und Trauungen
(unter Fortbestand der katholischen Handlung) zu
beauftragen (Dobel 3, 32f.).
16 Vgl. Anm. 13 (CR 91, 680-683).
17 Der Schwäbische Bund, an den sich die Gegner der
Reformation in Memmingen immer wieder wandten
und mit dem die Stadt daher stets in Auseinander-
setzungen lag, war 1488 geschlossen worden und
löste sich 1534 auf. Von seinen Mitgliedern waren
vor allem Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und
Nürnberg entschieden evangelisch, aber stark in der
Minderheit (Hellm. Rößler und Günth. Franz,
Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte. Mün-
chen 1958. 1141f.).

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