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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0267
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Zuchtordnung von 1532

der kirchen versont wurde und doch nit bis zu
nechstkunftiger haltung des Herren nachtmals von
den christen als ain unversenter der gemaind
Gottes geacht werden wölle, so mugen die prediger
ine (ob er des begert) dem volk anzaigen, das er ver-
sount sei, wiewol nachmals im nachtmal Christi, so
er auch als ain glid Christi bei ist und mitneußte,
sein versonung meniglich genueg kuntbar wird.
Welcher aber auf die ersten, desgleichen auf die
andern straf, die im im teglichen rat von ainicherlai
lasters wegen wirt angelegt, sich vor den verordne-
ten gewalthabern der kirchen seiner begangnen ubel-
tat clagende erkennen und mit herzlichem ernst der
versonung begern wurd, dem soll die gutlich werden
mitgetailt.
Und ob er schon nach der ersten oder andern
straf dheiner versonung begern, besonder villeichter
achten wurd, als ob die empfangen straf sein ver-
sonung sein sölt, so soll er doch zum tisch des Herren
nit geen. Er soll aber nachmals nit offentlich als ain
abgesunderter verkunt werden, er keme dan zum
drittenmal von ainicherlai laster wegen in die straf
nach inhalt der statuten.
So auch etwar der schwern und offnen schand und
ubeltaten durch die kirchenpfleger oder die hernach
gemelten zucht- und eegerichtsherren uns im teg-
lichen rat angeben und doch nach der gebur und in-
halt diser statuten nit gestraft wurd, gegen dem-
selbigen soll mit verkundung und absunderung vom
tisch des Herren wie gegen dem dreimalen gestraften
gehandelt werden.
Nun wellen aber wir zu diser christenlichen ver-
sonung niemans notrungen, besonder jetlichen hie-
rin seins selbs willens und frei lassen, das er nach er-
litner ersten, andern oder dritten straf vor den ge-
walthabern der kirchen, mit der kirchen versont zu
werden, begeren mag oder nit begern, damit nit je-
mands aus falschem gleiß und bösem grund von
forchten oder zeitlichen schadens wegen dis ver-
senung tue, die er doch aus reuigem herzen und mit
warhaftem ernst verhandlen soll.
Alledieweil aber, wer mit der kirchen nit ains ist,
auch an irer geistlichen speis des leibs und pluets
Christi dhain gemainschaft haben mag, so sollen

17 Nicht bekannt.

auch dieselbigen, die oberzeltermaßen durch uns
oder im teghchen rat gestraft sind, aufgezaichnet
und zum tisch des Herren nit gelassen werden, bis
die versonung, wie vorsteet, beschehen ist.
Doch ob sich begeb, das etwar nach erlitner straf
lange zeit die versonunge nit begerte, auch dern als
ain reuloser nit achtete, und aber die christenliche
lieb in allweg vleißig ist und sorgfeltig, jederman
dem Herren zu gewinnen, so sollen die verordneten
und gewalthabere der kirchen denselbigen beschik-
ken, im die verderblichen geverlichait seiner seelen
zum getreulichisten furhalten, ob villeicht der barm-
herzig Got ine mit ainem reuigen gaist begaben und
der von herzen mit der kirchen Gottes versent zu
werden begeren welt, welchs, so er’s tuet, soll man
ine widerumb als ain versentes glid der kirchen an-
nemen.
Beharrte er aber uber solh warnung in seinem
verstockten willen, soll dannocht zu der versonung
nit gezwungen, er soll aber, wie gehort, zum tisch
des Herren nit zuegelassen und sunst als ain haid
oder nitchrist geachtet werden.
Es soll aber dise strenckait der ausschließung von
der christenlichen gemainschaft oder tisch des
Herren uber die obgeschriben minder schweren
laster (nemblich: unverdacht schweren, spilen,
nach- und nachtzechen, zuedrinken und derglei-
chen) nit gebraucht, basonder allain in den schweren
groben und ergerlichen sunden als: eebrechen, junk-
frauschwechen, offne huererei, wuecher, kupplen
und dergleichen gehalten werden.
Doch auch der hurerei halb, zwischen ledigen und
ledigin verloffen der gestalt, das dieselbigen, so nach
erster und anderer, auch dritter straf zum vierten-
mal durch uns im teglichen rat laut gesetzter statu-
ten17 werd gestraft, dannocht nit als ausgeschloßne
offenbar verkundt werden sollen, es haben dann die
verordneten gewalthaber der kirchen mitainander
für notturft angesehen, das das beschehen solle.
Welcher lediger aber zum drittenmal ain junk-
frauschwecher gestraft wurde, gegen demselbigen
soll wie gegen aim pruchigen oder ainem andern
schuldigen der schweren laster der ausrottung halb
gehandelt werden.

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