Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0268
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Memmingen

Zu gleicher weis, ob etwar in den ringen lastern
gar unverschambt und gewon sich halten und un-
achtig der im auferlegten strafen fur und fur in sei-
nem wesen beharren wurd, so sollen die verordneten
gwalthaber der kirchen darumb ratschlagen und,
ob sies fur guet ansehen, die ausschließung auch
gegen im tun und handlen.
[Aufsicht über prediger und kirchenpfleger.]
Es sollen auch die kirchenpfleger all predicanten
in unser stat und gerichten sambt und sonders, wie
es füglich ist, an ir leer und leben rechtfertigen,
strafen und underweisen, so oft sie fel an inen fin-
den, welchs die predicanten von in zu dank annemen
und irem bevelh treulich nachkomen sollen; den si
anstat und im namen der kirchen und nit in selbs
handl[en] und welcher die diener des worts als mit-
genossen sein under ainem haupt Christo Jesu
gleichwie ander von der gmaind, sintemal si nit her-
schen, sondern der herd ain guet furbild sein sollen.
Wo ain oder mer predicanten gegen andern leuten,
es sei gegen sein mitpredicanten oder sunst gemai-
nen personen der kirchen, baide oberkaiten oder
undertanen, etwas fäl und deshalb an sein gegentail
anvorderung zu tun gedechte, das soll er den kir-
chenpflegern zu tun macht haben, welche darin er-
kennen und furter handlung nach gelegenhait der
sachen pflegen solln. Wo si aber befinden, das die
clag bürgerlichen ist und ains zeitlichen gerichts
zwang ervordert, alsdann so sollen sie die parteien
unentschaiden sambt der sachen fur ain ersamen
rat weisen.
Wo jemand von der gmaind die predicanten sambt
oder sonders irs diensts und leben halb gern welte
beclagen, das soll er tun mogen vor disen kirchen-
pflegern, welche nach verhör der parteien die sach
nach gebur vertragen18 oder durch ire spruch ent-
scheiden sollen.
Si sollen auch macht und bevelh haben, so ainer
oder mer kirchenpfleger wurden strafwürdig befun-
den, denselben gleichermaßen wie ander ze strafen.

= vertraglich regeln (Schmeller 1, 657. - Grimm
11 1 1, 234f.).

[Beschluß]
Auch wellen wir den kirchenpflegern auf ir beger,
so die parteien sich widersetzen und nit irs christen-
lichen bevelhs geleben wellten, rat und hilf getreu-
lich mittailen und ob in halten, auf das von bös-
willigen der kirchen gewalt nit geringert und ver-
spotet werde.
Alle sonntag sollen si auf aine gewisse stund zu-
samenkomen und sich ainandern irs ampts erinnern,
auch gelegenhait der kirchen vor augen setzen und
bedenken, was jederzeit zur pesserung sei fürzune-
men; dann vleiß, sorg und bestendig ernst zu solcher
kirchenregierung gehört.
So wellen wir auch, das alle jar zum neuen rat die
halben kirchenpfleger irs ampts absteen sollen, an
welcher stat wir ander ordnen wellen. Wo aber ainer
oder mer aus inen besonders geschickt zu solchem
bevelhe erkent, so mag er oder dieselbigen wider-
erkorn und von neuen zu kirchenpflegern gesetzt
werden. Doch soll alle jar zum neuen rat neue wal
gehalten und nit ain ewiger bevelh sein, auf das
dester vleißiger jederzeit gehandlet werd.
Von den zuchthern und irem ampt,
das si als unser von diser
stat zeitlicher oberkait haben.
Dieweil der glaub nit jedermans ding ist und bos
und guet allwegen bei ainanderen sein, solang wir im
fleisch wonen, und das19 wort Gottes sambt den
schlusseln der kirchen gegen allen gottlosen nichts
vermugen, dann dieselbigen auszuschließen, auch
dieweil wir den gewalt von Gott haben zur straf und
forcht der pösen werk und schutz und schirm der
gueten, so haben wir furgenomen andere fromen,
geflissen männer, denen Gotz eer und wolstand der
kirchen, so zur gettlichen ehr hochfurderlich und
von noten, angelegen, zu erwelen aus uns, den täg-
lichen raten, den ailfen und der gmaind, welche
chorrichter und zuchtherrn seien und zwischen par-
teien, so in ehesachen spenig seien, sprechen und

19 In der Vorlage wird irrtümlich ,,das“ wiederholt.

252
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften