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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0270
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Memmingen

licher schrift27 und auch durch die christenlichen
kaiser28 genuegsam eroffnet hat [....]), das dem-
selbigen hinfurt gelebt werde.
Damit aber, was in der eheversprechung unbillichs
furgangen oder sunst der ehevolziehung von rechts-
wegen hinderlich sein soll, dester bas vurkommen
werd, so sollen die diener des worts niemand den
kirchengang oder ehebestattigung vor der gmain
zulassen, es sei dann solhe ehe zum wenigisten ain-
mal auf ain sonntag vor aller gemaind ausgerueft. So
die sach so erlich und gotselig ist und jedes begeren
soll, das Gott fur in gebeten werd, sein ehe zu bene-
deien, mag je solh ausruefen wider dhainen fromen
christen beschwern.
In der ehebestätigung, nachdem die neuen ehleut
dem diener des worts anstat der gemain ire zue-
gesagte ehe verjehen29 haben, soll der diener inen
vor der gemain den eestand, das ampt und, was im
anhangt, aus götlicher schrift ercleren und si zu sol-
hem mit ernst ermanen und darauf gebet fur si tuen
lassen, auf das in Got geb, solhem irem ambt getreu-
lich nachzukomen, si auch segnen. wie er seinen ge-
liebten verheißen und mit der tat gelaist hat. Dis
gebet soll der diener dann beschließen mit verma-
nung, das si ir hochzeitliche freud mit zuchten und
treulicher hilf der armen lassen abgeen.
Wo sich aber etwas irrung der eheversprechung
halb oder hernacher zutrieg, soll die sach fur unsere
eherichter, die wir verordnen wellen, gebracht und
dern entschaids gelebt werden.
Wir wellen auch niemand der sip-30 und mag-
schaft31 halb an der ehe weiter verhindert haben,
dann das gottlich und die mitstimenden kaiserlichen
recht ausweisen32.33.
So wellen wir gedachten chorrichtern aus den
rechten, so hailiger schrift gemeß, ain auszug und
gnuegsamen bericht begreifen lassen, daraus si ge-
mainlich erlernen mugen, welche zuezelassen oder
abzuerkennen sei, und, so weiters einfiel, das uber
ir der chorrichter verstand wer, so sollen sie auf der

27 3. Mos. 18, 6-18.
28 z.B. Corpus iuris civilis, Codex Justinianus Lib. V
tit. 5, 5 und Digestorum liber 23 tit 2 (vgl. unten
S. 345 bei Anm. 7!).
29 verjahen = sagen, zu erkennen geben (Schmeller
2, 1206. - Lexer 3, 137. - Grimm 12 I 607f.).

parteien costen bei gelereten gottlicher geschrift und
solher ding erfarnen leuten rats pflegen.
Auch sullen und mugen si ainen oder mer predi-
canten zu inn beschicken und irs rats pflegen in ehe-
handelen oder andern sachen, darzue in die predi-
canten gehorsam und willig sein sollen.
Von ordnung der zucht- und sittenstraf.
Uf das die lastern abgeschafft, den in zukunft be-
gegnet oder, sobald si wurzlen wellen, fürkomen
werden und vorab die arm jugend nit so jamerlichen
in schand und laster verderbe, auch den auswendi-
gen nit schwer ergernus geben werde, bevelhen und
gebieten wir gedachten zuchtherrn bei den pflich-
ten, die si rats- oder burgersrecht halb getan, das si
ob allen und jeden ergernussen, lastern und hand-
lungen, die wider Got, den gemainen nutz oder wider
den nechsten beschehen, nach irem pesten vermugen
halten und dieselbigen mit allem fleiß erkundigen
und erfahren sollend.
[Wie schon in den letzten Zeilen schließt sich die
rein weltliche Zuchtordnung mit ganz geringen ge-
legentlichen Änderungen wörtlich der Konstanzer
Ordnung an, mit der weithin die Lindauer überein-
stimmt. (Hauß 78-97). Sie wird daher nur in ihren
Abschnittsüberschriften abgedruckt.]
Vom schweren.
... [Vgl. auch oben S. 188]
Vom zutrinken und fullen.
... [Vgl. auch oben S. 189 ff]
Von nachirten und nachzecken.
... [Vgl. auch oben S. 190]
Von dem spil.
... [Vgl. auch oben S. 191]
Von widerteufer, wuecher, furkeuf.
zauberei und dergleichen.
... [Vgl. auch oben S. 192]
Von zerhauner klaidung.
30 = Blutsverwandtschaft.
31 = Schwägerschaft.
32 Vgl. oben Amn. 27 und 28!
33 Hier endet die bei Anm. 22 begonnene Übernahme
aus der Ulmer Ordnung.

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