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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0296
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geführt in Gestalt seines Gesangbuches von 154514. Dieses ist nämlich nicht das, was man im allgemei-
nen in einem Gesangbuch sucht - der Abdruck von Liedertexten -, sondern mehr eine Gottesdienstordnung.
Es bietet nämlich eine Zusammenstellung der Lieder - zumeist nur nach ihren Anfängen -, die zu den
einzelnen Ämtern - Abendmahl, Katechismus, Vesper - und bei den Beerdigungen gesungen werden
sollen. Ob dabei auch die Ordnung dieser Ämter wiedergegeben war, läßt sich nach Verlust des Buches
leider nicht mehr feststellen. Vielleicht war einer weiteren Veröffentlichung Zeitmangel oder die allge-
meine Zeitlage hinderlich.
Weder Löner noch die Gemeinde konnten sich nämlich lange dieser Schöpfung freuen. Löner starb,
nachdem er seiner Gemeinde noch einen Katechismus15 geschenkt hatte, am 5. Januar 154616, und am 5.
Juni dieses Jahres begann der Schmalkaldische Krieg. Von Nürnberg treulich beraten, hatte sich Nörd-
lingen zwar dem Schmalkaldischen Bunde nicht angeschlossen17. Doch geriet die Stadt durch den Krieg und
das folgende Interim in umso größere Schwierigkeiten, als es an einem. führenden Geistlichen fehlte. Sie
konnte für Löner keinen Ersatz finden, so daß sie sich gezwungen sah, den schon 1543 emeritierten alten
Pfarrer Johann Übel, der sich eben wieder auswärts um eine Verwendung bemühte18, sich aber bald auch
noch ein Bein abnehmen lassen mußte, erneut zu ihrem Pfarrer zu machen. In dieser Lage also mußte
Nördlingen zum Interim Stellung nehmen. Da verdient es wirklich Beachtung und Anerkennung, daß sich
die noch so wenig kirchlich geformte Gemeinde ohne rechte geistliche Führung zu keinem weiteren Nach-
geben bereit fand als zum Anschluß an das Vorbild von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und Nürn-
berg. Eine unter Benützung dieser Formen19 gebildete Gottesdienstordnung wurde am 30. November
1548 erlassen20.
Wenn auch der Bischof damit nicht ganz zufrieden21 war, so war es doch der Kaiser, der bei einer
Anwesenheit in Nördlingen 1550, bevor er den Rat empfing, zuerst den Gottesdienst prüfen ließ.
Die Wiederbelebung des Klosterlebens gelang nicht, so daß daraus später keine Schwierigkeiten er-
wachsen konnten22. Ebensowenig gewann die auch in Nördlingen durchgeführte Aufhebung des politi-
schen Einfiusses der Zünfte23 Bedeutung.

Die Kirchenordnungen Runtzlers.
Nach dem Passauer Vertrag erlaubte am 15. Mai 1553 der Rat seinen Geistlichen, die Einsetzungs-
worte wieder deutsch zu sprechen. Mit einer völligen Abschaffung der Interimsgottesdienstordnung aber
wollten die Geistlichen gleich die Schaffung einer neuen Ordnung verbinden. Darum baten sie im Januar
1554 den Rat um die Erstellung einer solchen. Dieser stellte die Frage aber einstweilen zurück.

14 Das gesangbüchlin der christlichen kirchen zu Nördlingen. Nördlingen 1545 (Wackernagel 1 S. 422. —Nach
Auskunft der Deutschen Bibliothek in Berlin und der Westdeutschen Bücherei in Marburg muß angenommen wer-
den, daß das einzige bis dahin noch erhaltene Stück im Krieg 1945 zu Verlust gegangen ist. Es steht also nur noch
die Beschreibung bei Wackernagel zur Verfügung).
15 Der klaine catechismus, das ist: ain kurzer underricht der christlichen jugent... (ohne Druckort und -jahr. -Wak-
kernagel 1 S. 42lf.). - Er war noch vor dem Gesangbüchlein erschienen.
16 Turtur 100 Anm. 4.
17 Müller 31. 69. 71-75. —Fabian, Beschlüsse 24 meint allerdings einen im letzten Augenblick doch noch erfolgten
Beitritt wahrscheinlich machen zu können. Doch zwingen die von ihm gemachten Feststellungen nicht zu dieser
Deutung.
18 Joh. Christian Wibel, Hohenlohische Kirchen- und Reformationshistorie 3, Cod. Dipl. 334f. 352—356. 450. —
Dolp Slf.
19 Die Ansbacher Form bei Sehling 11, 325-334.
20 Dolp 86—93. Anh. LVII. —Geyer, Kirchenordnungen 38-45. -Fendt 310f.
21 Dolp, Anh. LV. — Bischöfliches Schreiben vom 13. Mai 1550 (München Hauptstaatsarchiv, Reichsstadt Nörd-
lingen Nr. 17). 22 Steichele 3, 1028f. 23 Kammerer 44-64.

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