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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0298
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1557 eine Eheordnung und bald darauf eine neue Schulordnung. Seine Befugnisse sowohl dem Stadtregi-
ment gegenüber als vor allen Dingen gegenüber seinen Kaplänen und dem Spitalpfarrer wollte er durch
eine Superintendenzordnung festgelegt wissen. Das erreichte er im Laufe des Jahres 1564. Aus den wie-
derholten Verhandlungen, die Runtzler dabei vor allem mit dem Stadtschreiber Stadtmann führte12, er-
gibt sich, daß der Superintendent auch mit Ordination und Installation der Geistlichen betraut sein wollte.
Beides lehnte der Rat aber ab. Daß die gleichfalls gewünschten Ehe- und Beerdigungsbücher schließlich
nicht genannt wurden, hat aberwohl keine besonderen Hintergründe. Am 5. Dezember 1564 wurde sie end-
lich vom Rat verabschiedet. Obwohl sich die Kapläne sogleich in einer Protestschrift gegen verschiedene
Bestimmungen wandten, blieb sie doch in Kraft13.
Sie ist nicht recht organisch aufgebaut, bringt zuerst Visitationsfragen und bespricht danach erst
das Superintendentenamt als solches, mischt dann aber auch Bestimmungen herein, die, wie das „Anzei-
gen“ vor dem Abendmahlsgang und die Behandlung seiner Unterlassung, jeden Pfarrer gleichmäßig
betreffen und eher in eine Kirchenordnung gehören, und bestimmt in diesem Zusammenhang, daß ein
schließlich notwendiger Ausschluß vom Heiligen Abendmahl beim Rat zu beantragen sei.
Schließlich genügte auch die Kirchenordnung den Geistlichen nicht mehr. Ihr Vater Runtzler selbst
unterzeichnete am 23. November 1567 die Bitte um „eine ganze Kirchenordnung“. Die bisherige scheint
ihnen also nicht vollständig und umfassend genug gewesen zu sein. Der Rat lehnte aber am 12. Dezember
1567 ab14.

Die Kirchenordnung von 1579.
Nach beinahe weiteren 10 Jahren scheint der Rat den Anstoß zu einer neuen Erwägung gegeben zu ha-
ben. Er holte sich bei Jakob Andreä1, dem von allen möglichen Kirchen angerufenen Sachkenner in Kir-
chenverfassungs- und Bekenntnisfragen, Rat. Er scheint dazu eine Kommission bestellt zu haben, die An-
dreä geradezu als die ,,Consistorialn“ bezeichnet, wie er in seinen Notizen über eine Verhandlung mit die-
sen vom 13. März 1576 auch schon von einem Konsistorium redet. Dabei gab er dann Richtlinien für eine
Konsistorial-, eine Kirchen- und eine Eheordnung2 . Für das Konsistorium gab er dann selbst noch einen
ausführlichen Entwurf. Ihm entsprechend bestellte die Stadt dann auch noch 1578 ein Konsistorium.
Ihm gehörten drei Ratsherren und drei Geistliche an3. Die Ordnung selbst ist nicht erhalten, war aber
kaum von Andreäs Entwurf verschieden.
In Zusammenhang damit sollte nun auch eine volle Kirchenordnung geschaffen werden, wenn auch
erst die Ratsbeschlüsse vom 29. April und 20. Mai 1579 - also nach dem am 22. September 1578 erfolg-
ten Tode Runtzlers - davon sprechen, daß die Kirchen- und Superintendenzordnung ,,endlich ins Werk ge-
setzt“ werden sollten.
Es lag ja sowohl im Interesse des neuen Superintendenten als in dem der Gemeinde, daß Runtzlers
Nachfolger eine feste Kirchenordnung schon vorgelegt bekommen konnte. Ganz gelang das freilich nicht
12 Nördlingen Stadtarchiv.
13 Unsere Nr. VIII 6. - Erhalten ist nur der dem Pfarrer am 22. Oktober zugestellte Entwurf (Geyer, Kirchen-
ordnungen 61 mißversteht die Bemerkung, löst eine Abkürzung irrig als ,,7. Dez.“ auf und spricht dann gegen die
klare Handschrift vom „22. Dez.“), so daß der endgültige Wortlaut nicht feststeht.
14 Geyer, Kirchenordnungen 62.
1 Geb. 1528 Waiblingen. — 1546 Stuttgart Geistlicher, 1548 durch das Interim vertrieben, 1553 Göppingen Pfarrer,
Superintendent, bald auch Generalsuperintendent, 1561 Tübingen Propst und Professor — † 1590. — Von ent-
scheidender Bedeutung für die lehrmäßige und verfassungsmäßige Gestaltung des Luthertums. (ADB 1, 436-441. -
RE 1, 501—505. — NDB 1, 277. — Rosemarie Müller-Streisand, Theologie und Kirchenpolitik bei Jakob
Andreäe bis zum Jahre 1568, in: BlwKG 60.161. [1961] 224-349).
2 Schorndorf, Evang. Dekanatamt, Archivalienbund 56.
3 Geyer, Kirchenordnungen 63f.

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